Dumm. dümmer, Antifa – Foto: O24

Die linke Wut — Regen­bögen, Ein­hörner und keine Vernunft

Ange­sichts der chro­ni­schen und oft schäu­menden Empörung von poli­tisch links ein­ge­stellten Men­schen und in Anbe­tracht der häu­figen Anfein­dungen, denen bür­gerlich-rechte Poli­tiker und Par­teien in Europa trotz (oder gerade wegen) ihrer Wahl­er­folge aus­ge­setzt sind, muss man sich die Frage stellen, woher dieser linke Furor eigentlich stammt. Es kann nicht nur die Ent­täu­schung über den eigenen abneh­menden poli­ti­schen Ein­fluss sein, denn eine solche Erklärung greift zu kurz und stimmt nur für die klas­sische Sozi­al­de­mo­kratie — die löst sich zwei­fellos langsam überall auf. Links­ideo­lo­gische Inhalte sind aber in vie­lerlei Hin­sicht auf dem Vor­marsch bzw. sind diese Ideen längst auch in die Pro­gramme von einst kon­ser­va­tiven und libe­ralen Par­teien ein­ge­flossen, und manche linke Frak­tionen eilen sogar von Sieg zu Sieg. Ein gutes Bei­spiel ist Deutschland: Dort erzielten die Grünen im Herbst 2018 ihr bestes Ergebnis und wurden in München sogar stärkste Partei. Woher also kommt die offen­sichtlich ihrem Dasein einen Sinn gebende Ent­rüstung der heu­tigen Linken?
Die Gesin­nungs­ethik ersetzt das Argument
Mit objek­tiven Argu­menten kann man diese dau­ernde Erregung  nicht schlüssig erklären, dafür bewegen sich ihre “Argu­men­ta­tionen” zu oft jen­seits der intel­lek­tu­ellen Red­lichkeit: Allein der unun­ter­bro­chene Gebrauch der Nazi­keule beweist, dass es den gesin­nungs­ethisch agie­renden Wut-Linken nicht um den Abtausch durch­dachter poli­ti­scher Argu­mente geht, sondern vor allem um den per­sön­lichen Angriff auf den Gegner und letzt­endlich um dessen ideelle Ver­nichtung. Man nimmt in unseren zivi­li­sierten Zeiten als Linker zwar nicht mehr das Gewehr zur Hand (wie es weiland die linke Ikone Che Guevara tat), aber man hat keine Scheu, Rufmord zu begehen und man will die Repu­tation der poli­ti­schen Gegner zer­stören. Aus der selbst­ge­rechten und chro­ni­schen linken Wut speist sich ein schier uner­schöpf­licher Drang nach der Dif­fa­mierung des poli­ti­schen Kontrahenten.
Hehre Motive
Wenn man wütende Linke per­sönlich befragt, warum sie so sind, wie sie sind, dann hört man oft als Antwort, dass das “Nie wieder” ihr Haupt­motiv sei: Niemals mehr soll ein faschis­ti­sches und ras­sis­ti­sches Regime an die Macht kommen, nie wieder darf es auch nur annä­hernd so etwas ähn­liches geben wie das Dritte Reich. Anders gesagt, viele der Empörten ent­wi­ckeln ihre poli­tische Ein­stellung als Reaktion auf die Schuld und die mör­de­rische Häss­lichkeit des Nazi-Regimes und recht­fer­tigen damit nahezu alle ihre poli­ti­schen Aktivitäten.
Mit diesem, ihrem Motiv, rennen sie aber offene Türen ein. Der Wille zum “Nie wieder” wird ja ohnehin von fast allen Men­schen geteilt, egal, wo sie poli­tisch stehen. Kein ver­nünf­tiger Bürger Öster­reichs oder Deutsch­lands will jemals wieder ein Nazi-Regime haben und jeder ernst­zu­neh­mende Mensch ver­ur­teilt die Gräu­el­taten der Kriegs­jahre. Die Ablehnung des NS-Gedan­kenguts ist also sowieso ein bedin­gungs­loses Apriori. In Öster­reich ist diese Ablehnung noch dazu in Form des soge­nannten Ver­bots­ge­setzes in der Ver­fassung verankert.
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Linke Ideo­logen scheinen dieses Apriori aber zu igno­rieren und es ist nach­voll­ziehbar, warum sie das tun. Aus der von ihnen immer wieder neu auf­ge­türmten his­to­ri­schen Schuld beziehen sie ja die Selbst­le­gi­ti­mation zur mora­li­schen Absi­cherung ihrer Ansprüche. Und durch die Auf­ladung des eigenen Han­delns mit dem Gestus und der Moral der (aller­dings viel zu spät kom­menden) Wider­stands­kämpfer wollen die Gesin­nungs­ethiker auch eine poli­tische Immu­ni­sierung erreichen, die sie vor jed­weder Kritik schützen soll.
Die andau­ernde Beschäf­tigung mit der Schuld der Nazis ver­schafft den Linken jeden­falls jene fast schon zwanghaft wir­kende Energie, die sie in die Lage ver­setzt, den poli­ti­schen Gegner (also die “Rechten”) ständig als poten­zielle Wie­der­gänger der braunen Vor­väter iden­ti­fi­zieren zu müssen und sämt­liche Nicht-Linke unab­lässig unter NS-Ver­dacht zu stellen. Es läuft daher heute jeder, der rechts der Mitte agiert und einfach nur klare bür­ger­liche und/oder patrio­tische Posi­tionen ver­tritt, per­manent Gefahr, von links mit der Nazi­keule atta­ckiert zu werden. Die Pau­scha­lierung ist an die Stelle der poli­ti­schen Argu­men­tation getreten. Man muss sich daher fragen: Ist das alles noch ernst gemeint oder ist da nicht längst etwas völlig aus dem Ruder gelaufen oder gar zur Kari­katur seiner selbst geworden?
Nur ein Instrument
Der Ver­dacht liegt nahe, dass aus dem lau­teren Motiv des “Nie wieder” ent­weder ein per­se­ve­rie­rendes und red­un­dantes, ja eben fast zwang­haftes “Auf­ar­beiten der Ver­gan­genheit” geworden ist oder — und das wäre die schlimme Variante — das “Nie wieder” ist heute nur noch ein abge­dro­schenes Ver­satz­stück der einstmals starken linken Iden­tität. Damit wäre aber die stolz im Bauch­laden des Hyper­mo­ra­lismus demons­trierte Ent­rüstung nur noch ein bil­liger Thea­ter­donner, der in Wirk­lichkeit das dröh­nende Grund­rau­schen eines per­manent ablau­fenden “Anti­fa­schis­ti­schen Kar­nevals” bildet. Alle linke Betu­lichkeit würde damit schlag­artig zur Alltags-Kas­per­liade ohne poli­ti­schen Nutzen. Das Wissen um diese pein­liche Erkenntnis könnte dann natürlich die linke Wut noch einmal ver­stärken, weil man hinter dem mit Donner und Nebel­gra­naten auf­recht­erhal­tenen Furor die eigene Inhalts­lo­sigkeit ganz gut ver­bergen kann.
Das Gleich­heits­streben als Quelle der Wut
Eine weitere Quelle des linken Zorns ist der Wille zur totalen Gleichheit. Dieser Wille wird nämlich insofern sehr leicht und rasch zur Wut, weil er sich aus ganz banalen Gründen nicht umsetzen lässt: Men­schen sind einfach nicht gleich und man kann sie auch nicht gleich machen. Die wirk­lichen Weisen der Gleich­heits­phi­lo­sophie meinen daher mit “Gleichheit” vor allem die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, weil sie wissen, dass diese Vor­stellung von Gleichheit noch am ehesten umsetzbar und sinnvoll ist. Den links­ideo­lo­gisch ein­ge­engten Aposteln des Ega­li­ta­rismus ist das aber viel zu wenig. Sie agieren nach dem dog­ma­ti­schen Motto, dass die Gleichheit immer und überall lückenlos umge­setzt werden muss.
Mit uner­schüt­ter­lichem mis­sio­na­ri­schen Eifer durch­dringen die Gleich­heits­aposteln daher die Par­teien und die Medien, um ihre tota­li­tären Vor­stel­lungen durch­zu­setzen. Die Ehe für Alle, das Adop­ti­ons­recht für Homo­se­xuelle, die Gleich­be­hand­lungs­kom­mis­sionen, die Anti-Dis­kri­mi­nie­rungs­stellen, die Gender-Ideo­logie, die unge­hin­derte Mas­sen­mi­gration usw., all das sind Effekte der erbar­mungs­losen Gleich­heits­ideo­logie von links, die sich natürlich immer ein mora­li­sches Män­telchen anlegt, um ihr Dasein zu recht­fer­tigen und jede Kritik damit weg­zu­wi­schen. Legt man die Motive aller­dings frei, handelt es sich beim huma­nis­tisch ver­brämten Gleich­heits­streben meist doch nur um den tri­vialen Neid der Schlecht­weg­ge­kom­menen oder um reziprok wirksame altru­is­tische Motive: Seht her, wie gut ich zu den anderen bin, wie gut muss ich da erst selber sein!
Die schlimmsten Aus­for­mungen der hyper­mo­ra­li­schen Gleich­heits­ideo­logie münden in solch fan­tas­tisch-fana­tische Wünsche wie “No border, no nation” oder in extreme femi­nis­tische Anschau­ungen wie die­jenige, dass das sexuelle Geschlecht nur ein soziales Kon­strukt sei und daher Mann und Frau von vorn­herein völlig gleich sind. Da aber diese Sicht­weisen jedem Haus­ver­stand und jeder natür­lichen Gege­benheit dia­metral wider­sprechen und sie des­wegen kei­nerlei Chance auf Rea­li­sierung haben, wird die Wut der Ideo­logen dadurch nur noch mehr angefeuert.
Regen­bögen, Ein­hörner und keine Vernunft 
Die auf fal­schen und unlo­gi­schen Prä­missen beru­hende Über­zeugung, als Linker die mora­lische Deu­tungs­hoheit und über­haupt die einzig richtige Welt­an­schauung zu besitzen, führt zu andau­ernden Ver­wer­fungen im poli­ti­schen Diskurs und emo­tio­na­li­siert mangels ver­nünf­tiger Argu­mente jede Debatte spä­testens ab dem zweiten Satz. Die heutige, nur noch gefühls­ba­sierte linke Ideo­logie ent­po­li­ti­siert im Grunde die Politik, weil sie der Ver­nunft keinen Raum mehr lässt. Regen­bo­gen­fahnen und Ein­hörner sind deshalb fol­ge­richtig zu den neuen linken Sym­bolen geworden und sämt­liche Demons­tra­tionen von Linken erwecken mitt­ler­weile den Ein­druck von zuneh­mender Infan­ti­li­sierung und erschre­ckend bor­nierter Naivität.
Natur­gemäß sind besonders die Jün­geren anfällig für die sinistren Ver­füh­rungen der neu­linken Ideo­logie und viele von ihnen beziehen aus der Buntheit des Regen­bogens und aus der plü­schigen Einhorn-Denke den Treib­stoff für ihre Auf­lehnung und nicht wenige betreiben mit der linken Energie rich­tig­ge­hende Wut­ma­schinen. Das heizt die Situation immer weiter auf. Wenn dann noch aus dem Hohen Norden eine Jeanne d‘Arc der Neuzeit daher­kommt und als 16-jäh­riges Mädel namens Greta Thunberg die Welt vor dem Kli­ma­wandel retten will, bersten bei den Jungen die Dämme.
Gefin­kelte Alt-Linke haben das Wut-Potenzial dieser neuen Bewegung längst erkannt und klat­schen den Jungen Beifall, wenn sie gegen die Kon­zerne demons­trieren und für das Klima die Schule schwänzen. Letztlich ist das der pure Zynismus, denn auch diese Alt-Linken bilden und ver­treten genau jenes Estab­lishment, gegen das die Jungen heute demons­trieren. Und wer genau hin­schaut, der sieht, dass der Geist von Wla­dimir Iljitsch Lenin blin­zelnd und feixend hinter den Trans­pa­renten her­vorlugt, denn seine Tricks greifen unver­ändert: Die jungen Linken laufen nämlich Gefahr, wie weiland Lenins “nütz­liche Idioten” für sinistre Zwecke miss­braucht zu werden.
 

Dr. Marcus Franz — www.thedailyfranz.at