Geheim­sache Amazon: Bun­des­re­gierung ver­weigert Aus­kunft, Ver­brau­cher­schützer warnen, wen juckt’s?

Der Online-Ver­sender wird gleich doppelt abge­watscht: Klaus Müller, Vor­stand des Ver­brau­cher­zen­tralen Bun­des­ver­bandes, hat die Praxis von Amazon, Auf­nahmen des Sprach­as­sis­tenten Alexa von Men­schen abhören zu lassen, scharf kri­ti­siert. “Das sind schon dubiose, wenn nicht unsäg­liche Prak­tiken”, sagt der Ver­brau­cher­schützer der Düs­sel­dorfer “Rhei­ni­schen Post” (Freitag). Er ergänzte: “Ohne eine explizite Ein­wil­ligung darf es ein Abhören nicht geben.”
Und der Staatsfunk “deckt” noch mehr auf … 
rbb exklusiv: Weil sie das Staatswohl gefährdet sieht, ver­weigert die Bun­des­re­gierung die Mit­teilung, ob deutsche Nach­rich­ten­dienste Amazons digi­talen Sprach­as­sis­tenten “Alexa” und die dazu­ge­hö­rigen Geräte als Abhör­vor­richtung benutzen können. Das zeigen Recherchen des ARD-Poli­tik­ma­gazins “Kon­traste. In einer Antwort auf eine schrift­liche Anfrage der Linken-Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten Martina Renner hatte die Bun­des­re­gierung erklärt, die Infor­mation können auch nicht ein­ge­stuft, also als Ver­schluss­sache, her­aus­ge­geben werden, denn sollten sie bekannt werden, würden die Dienste diese Fähigkeit ver­lieren und es wäre dann ZITAT “kein Ersatz durch andere Instru­mente möglich.”
Der ehe­malige Bun­des­in­nen­mi­nister Gerhard Baum sagte “Kon­traste” dazu: “Mit Alexa holen Sie sich den Lausch­an­griff sozu­sagen in die Wohnung. Das müssen die Leute sich mal vor Augen führen. Sie tau­schen ihre Men­schen­würde ein gegen ihre Bequemlichkeit.”
Auch KON­TRASTE hatte die Nach­rich­ten­dienste gefragt, ob sie in der Lage sind, Amazons “Echo” Laut­sprecher zu infil­trieren und als Abhör­ein­richtung zu nutzen. Der BND wollte sich nicht äußern und das Bun­desamt für Ver­fas­sungs­schutz verwies darauf, dass es laut Gesetz das Recht zur Wohn­raum­über­wa­chung habe.
In einem unlängst öffentlich gewor­denen Entwurf des Innen­mi­nis­te­riums zur Reform des BND und Ver­fas­sungs­schutz — Gesetzes sollen Her­steller wie Amazon ver­pflichtet werden, den Nach­rich­ten­diensten auto­ma­ti­sierte, tech­nische Zugänge zu ihren Geräten einzurichten.
Thorsten Wetzling, Leiter der Abteilung “Digitale Grund­rechte, Über­wa­chung und Trans­parenz” der Denk­fabrik Stiftung Neue Verantwortung:
“Wenn das Gesetz kommt, dann kann das heißen, dass man das Mikrofon oder die Kamera eines jeden dem Internet ver­bun­denen Geräts so mani­pu­liert, dass man die Auf­nahmen mit­hören und mit­schneiden kann. Das könnten dann Bun­des­nach­rich­ten­dienst, Ver­fas­sungs­schutz und der Mili­tä­rische Abschirm­dienst machen.”
“Kon­traste” konnte außerdem zeigen, dass deutsche Straf­ver­fol­gungs­be­hörden erstmals ver­sucht haben, an Ton­auf­nahmen von Amazons Sprach­as­sis­tenten “Alexa” zu gelangen. Betroffen war Alex­ander U., über dessen Forum im soge­nannten Darknet Waffen ver­kauft wurden — unter anderem an David S., der damit im Juli 2016 in München neun Men­schen und sich selbst erschoss. Da Alex­ander U. in seiner Wohnung ein “Amazon Echo”-Gerät benutzt hatte, konnten die Ermittler einen Durch­su­chungs­be­schluss gegen Amazon erwirken. Der Beschluss wurde jedoch nicht voll­streckt. Alex­ander U. konnte auch ohne die Sprach­da­teien von Amazon zu sechs Jahren Haft ver­ur­teilt werden.
Fazit: Gespielte Empörung, die nie­manden von der Couch lockt. Der NSA-Skandal um Whist­le­b­lower Edward Snowden hat gezeigt, dass mit dem Thema keine Revo­lution zu machen ist. Die breite Masse liebt ihre Gadgets, trägt das Spy­phone frei­willig mit sich herum und hat auch kein Problem damit, per GPS durch das geliebte Navi jederzeit geortet werden zu können. “Ich habe ja nichts zu ver­bergen”, so lautet nach wie vor die Standardausrede …