Die AfD zeigt in Cottbus Flagge (c) David Berger

Die SPD und die Fleischpreise

Kürzlich fand ich im Internet ein SPD-Plakat aus der August-Bebel-Zeit, konkret von 1912, als die SPD noch 30 % der Wähler erreichte.

Die SPD wollte bil­liges Fleisch, bil­liges Brot und die Besei­tigung der indi­rekten Steuern. Die Gegner der SPD kämpften für teures Brot und Fleisch. Die Gegner waren die Groß­grund­be­sitzer (damals in der Kampf­pu­bli­zistik Junker genannt) und die Land­wirte, aber auch die schon damals agie­renden Grünen.
Um die Rolle der Sozi­al­de­mo­kratie zu ver­stehen, muss auch ein Blick auf das unter­schied­liche Ver­hältnis der Reform­san­dalen und der Sozi­al­de­mo­kraten zum tech­ni­schen Fort­schritt geworfen werden. Unter dem Ein­fluss Nietz­sches, der Denk­mal­pfleger, Hei­mat­schützer und Tier­schützer war die bür­ger­liche Reform­be­wegung der Kai­serzeit über­wiegend tech­nik­kri­tisch. Aus dem Indus­tria­lismus von Marx ergibt sich dagegen logisch ein ent­spanntes Ver­hältnis der SPD zu Maschinen, Bauten und modernen Verkehrsmitteln.

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In ihrer kind­lichen Einfalt sehr zum Herzen gehende Beschrei­bungen der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Reform­vor­stel­lungen findet man in „Die Frau und der Sozia­lismus“ von August Bebel. Die erste Auflage erschien bereits 1878. Die sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Vor­stel­lungen sind älter als die der Lebens­reform und sie gehen oft in eine völlig andere Richtung. Während die satu­rierte Jugend­be­wegung der Kai­serzeit die voll­kommene Natur in den Gegensatz zum sinn­losen Fort­schritt setzte, hatte die Sozi­al­de­mo­kratie ein nai­veres Bild.
„Es müssten groß­artige und umfas­sende Boden­me­lio­ra­tionen, Bewal­dungen und Ent­wal­dungen, Be- und Ent­wäs­se­rungen, Boden­mi­schungen, Ter­rain­än­de­rungen, Anpflan­zungen usw. vor­ge­nommen werden, um den Boden zu höchster Ertrags­fä­higkeit zu bringen.“
„Der Weinbau der Zukunft“ ist ein ganzes Kapitel genannt, das vor­schlägt, in großen geschützten Hallen die Gemüse‑, Beeren- und Obst­pro­duktion sowie den Weinbau ganz­jährig vor­an­zu­treiben. Aus­drücklich zitiert Bebel das Gedicht „Irland“ von Fer­dinand Frei­li­grath, um den Natur­schutz, der der Volks­er­nährung im Wege stand, an den Pranger zu stellen:
So sorgt der Herr, daß Hirsch und Ochs,
Das heißt: daß ihn sein Bauer mäste,
Statt aus­zu­trocknen seine Bogs –
Ihr kennt sie ja: Irlands Moräste!
Er läßt den Boden nutzlos ruhn,
Drauf Halm an Halm sich wiegen könnte;
Er läßt ihn schnöd dem Wasserhuhn,
Dem Kiebitz und der wilden Ente.
Sicher, das war eine sehr ein­seitige Betrachtung. Nicht jeder Morast muss kul­ti­viert werden. Ein aus­ge­wo­genes Ver­hältnis zwi­schen Fort­schritt und Tra­dition ist nie schlecht. Aber in Afrika und Asien denkt man heuer so, wie die Sozi­al­de­mo­kraten die Dinge um 1900 sahen.
Wie sich die Zeiten ändern! Heute will die SPD die Fleisch­preise und die indi­rekten Steuern erhöhen. Kein Wunder, dass sie in den Umfragen auf 11,5 % deutsch­landweit run­ter­ge­rasselt ist.

Quelle: prabelsblog.de