Der Bericht des russischen Fernsehens ist kurz und kratzt bestenfalls an der Oberfläche des Epstein-Skandals. Aber trotzdem enthält er mehr Informationen und Zusammenhänge und stellt mehr Fragen, als alle Artikel, die ich in deutschen Mainstream-Medien in den letzten Tagen dazu gesehen habe, zusammen. Das finde ich bemerkenswert genug, um den Beitrag des russischen Fernsehens, der den Titel „Nest der Perversion mit auswärtigen Partys: Was hätte der Zuhälter Epstein wem erzählen können?“ trägt, zu übersetzen.
Beginn der Übersetzung:
In den USA wird der mysteriöse Tod des Milliardärs Jeffrey Epstein diskutiert. Ein der Pädophilie beschuldigter Finanzier hat in einer Haftanstalt Selbstmord begangen. Das ist die vorläufige Version. Doch die amerikanischen Medien berichten, dass die Gefängnisbehörden kurz vor dem Vorfall die spezielle Überwachung Epsteins wegen Selbstmordgefahr einstellten und dass er die letzten Stunden vor seinem Tod unbeaufsichtigt gelassen wurde. Wer profitiert vom Tod des Milliardärs und wessen Geheimnisse wird er nun nie preisgeben?
Die letzten Aufnahmen zeigen Jeffrey Epstein als noch lebenden US-Häftling mit grauem Gesicht, als er aus der Haftanstalt in Manhattan geholt wird, um in ein Krankenhaus gebracht zu werden. Aber die Ärzte konnten nur noch seinen Tod feststellen.
Forensische Experten in New York waren noch nicht in der Lage, die Todesursache zu bestimmen, sie brauchen mehr Informationen. Die Verzögerung erhöht nur die Zahl der Theorien, von denen es auch so schon genug gibt: Epstein wurde um 6.30 Uhr erhängt aufgefunden. Es gab keine Überwachungskamera in der Zelle. Der Zellennachbar war am Vortag in eine andere Zelle verlegt worden. Darüber hinaus leisteten die Wachen zu viele Überstunden und machten entgegen den Regeln nicht alle halbe Stunde ihre Kontrollgänge.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass Epstein nicht 24 Stunden am Tag beobachtet wurde, zumal er zuvor versucht hatte, Selbstmord zu begehen. Wir müssen sehen, ob es hier keinen kriminellen Hintergrund gibt“ sagte der ehemalige FBI-Sonderagent Chad Jenkins.
Eine Version lautet, dass Epstein für seine Sünden zusammengeschlagen worden sein könnte. Jedenfalls befürchtete der skandalöse Finanzier kurz vor seinem Tod ernsthaft, dass man mit ihm abrechnen könnte.
Er wusste wirklich zu viel. Epstein schuf eine ganze Struktur, die Minderjährige in die Prostitution gebracht hatte.
Aus den Dokumenten, die durch einen anderen seltsamen Zufall erst am Tag von Epsteins Tod veröffentlicht wurden, geht hervor, dass der Finanzier tatsächlich eine Art sehr teurer Zuhälter war. Die Liste seiner Bekannten umfasste zwei ehemalige demokratische Gouverneure, Mitchell und Richardson, den Inhaber von „Victoria´s Secret“ Leslie Wexler und sogar Mitglieder der britischen Königsfamilie.
Das Nest der Perversion in New York war Epsteins Herrenhaus an der Upper East Side, das eine Fläche von 4.500 Quadratmetern umfasst. Der Preis liegt bei 77 Millionen US-Dollar. Auf der Insel Little St. James in der Karibik fanden auswärtige Partys statt. Sie flogen mit einer privaten Boeing 727 dort hin, die die Presse „Lolita-Express“ nennt. Laut dem Logbuch war Bill Clinton mindestens zehn Mal Passagier im „Express“.
„Aus irgendeinem seltsamen Grund sterben die Menschen, die Belastendes gegen die Clintons haben. Ist das Euer Ernst? Wie kommt das?“ fragte der Schauspieler Terrence Williams in einem Tweet.
Terrence Williams‘ Worte hätten im allgemeinen Chor der Kommentare untergehen können, aber es war seine Botschaft, die Donald Trump retweetet hat. Übrigens kannte auch Trump Epstein und der ehemalige Staatsanwalt bei der ersten Anklage gegen den Finanzier, Alex Acosta, musste kürzlich als Arbeitsminister in der Trump-Administration zurücktreten. Acosta wurde vorgeworfen, einen Pädophilen nicht lange genug ins Gefängnis gesteckt zu haben.
US-Präsidentenberaterin Kellyanne Conway wurde auf Fox News gefragt, warum der amerikanische Staatschef den Tweet von Williams retweetet hat, worauf folgende Antwort folgte:
„Ich denke, der Präsident will, dass alles untersucht wird. Wie Sie schon sagten, weil die Menschen eine transparente Untersuchung von angeblichen Anschuldigungen fordern, wie etwa bei den angeblichen Absprachen mit Russland, um Wahlen zu gewinnen.“
Aber diejenigen, die bei allem immer die Hand Russlands sehen, haben sich schon bemerkbar gemacht. Wie der MSNBC-Journalist Joe Scarborough. Auf seiner Twitter-Seite schrieb er:
„Ein Mann, dessen Informationen das Leben reicher und mächtiger Menschen zerstören könnten, stirbt plötzlich in einer Gefängniszelle. Wie vorhersehbar… Auf russische Art.“
Es lohnt sich jedoch kaum, in dieser Richtung zu graben, denn die Anwälte der zwölf Frauen, die Epstein beschuldigen, wollen finanzielle Entschädigung. Eine Klage wird vorbereitet, um auf sein eingefrorenes Vermögen zugreifen zu können. Fünfzehn Autos, zwei Gulf-Stream Flugzeuge, ein Haus in Palm Beach, eine Ranch in New Mexico, eine Wohnung in Paris, alles Eigentum des Finanziers und Pädophilen. Auf seinen Konten ist etwa eine halbe Milliarde Dollar.
Ende der Übersetzung
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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