Die Türkei hat mit der Abschiebung von gefan­genen IS-Kämpfer in die EU begonnen

Weit­gehend unbe­achtet von den deut­schen Medien beginnt die Türkei kon­se­quent, fest­ge­setzte Kämpfer der IS in ihre Hei­mat­länder abzu­schieben. Die ersten sind bereits in ihren EU-Hei­mat­ländern angekommen.
Am 31. Oktober habe ich bereits über die Ankün­di­gungen der Türkei berichtet, IS-Kämpfer mit Staats­an­ge­hö­rig­keiten von EU-Ländern abzu­schieben. Es ist bemer­kenswert, dass das funk­tio­niert, denn Deutschland führt viele Abschie­bungen nicht durch, weil ihre Hei­mat­länder ihre Rück­nahme ablehnen.
Die Türkei hat in dieser Woche begonnen, IS-Kämpfer, die in ihren Gefäng­nissen sitzen, in ihre Hei­mat­länder abzu­schieben. Am Montag wurden nach tür­ki­schen Angaben drei Per­sonen in die EU abge­schoben, einer davon nach Deutschland. Weitere Abschie­bungen wurden noch für diese Woche ange­kündigt, dar­unter sieben, die am Don­nerstag nach Deutschland abge­schoben werden sollen.
Der tür­kische Prä­sident Erdogan hat mit­ge­teilt, dass 737 IS-Kämpfer mit aus­län­di­schen Staats­bür­ger­schaften in der Türkei in Gefan­gen­schaft seien. Erdgan sagte dazu, die Türkei sei kein Hotel für aus­län­dische IS-Kämpfer.
Am 12. November wurde gemeldet, dass die Türkei auch einen Paläs­ti­nenser mit däni­schem Pass nach Dänemark abge­schoben hat. Er wurde in Kopen­hagen von der Polizei in Empfang genommen und inhaf­tiert. Die dänische Minis­ter­prä­si­dentin hat das auf Facebook fol­gen­der­maßen kommentiert:
„Das ist gegen unseren Willen geschehen und lassen Sie mich Ihnen ganz offen sagen: Sie sind in Dänemark nicht will­kommen. Für Falle mit dop­pelter Staats­bür­ger­schaft haben wir jetzt ein Gesetz, das es uns erlaubt, Ihnen die dänische Staats­bür­ger­schaft zu ent­ziehen. In jedem Fall sollte die Staats­an­walt­schaft prüfen, ob Sie ange­klagt werden können.“

Im Gegensatz zu Deutschland hat Dänemark reagiert und im Eil­tempo ein Gesetz erlassen, dass es erlaubt, IS-Kämpfern mit dop­pelter Staats­an­ge­hö­rigkeit, die dänische Staats­an­ge­hö­rigkeit zu ent­ziehen. In Deutschland ist das bisher nicht geschehen

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Übrigens ist das eine inter­es­sante, juris­tische Kon­stel­lation in Deutschland: Ich lebe in Russland und hätte gerne auch die rus­sische Staats­an­ge­hö­rigkeit, denn das würde mir hier das Leben erleichtern. Das ist aber nicht möglich, denn wenn ich die rus­sische Staats­an­ge­hö­rigkeit annehme, ver­liere ich auto­ma­tisch meine deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit. Als in Deutschland gebo­rener Deut­scher habe ich nicht die Mög­lichkeit, eine zweite Staats­an­ge­hö­rigkeit zu bekommen. Wer jedoch die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit bekommt, obwohl er schon eine andere hat, der darf in der Praxis beide Staats­an­ge­hö­rig­keiten besitzen. Auf meine Frage, wie das mit dem Gebot der Gleich­be­handlung und dem Verbot von Dis­kri­mi­nierung zu ver­ein­baren ist, haben die zustän­digen Mit­ar­beiter der deut­schen Kon­su­lar­dienste in der Mos­kauer Bot­schaft und dem deut­schen Gene­ral­kon­sulat in St. Petersburg nur mit den Schulter gezuckt.
Deutschland wird also die IS-Kämpfer mit deut­schem Pass aus der Türkei zurück­nehmen und es ist bisher nicht bekannt, dass Deutschland hier wirksame Gegen­maß­nahmen ergreifen will.
Das Problem ist, dass diese Leute nach den juris­ti­schen Prin­zipien in der EU kaum ver­ur­teilt werden können, da man ihnen ihre Ver­brechen, die sie im Syri­en­krieg begangen haben, hier kaum wird nach­weisen können. Wie danach mit ihnen umge­gangen wird, ist fraglich. Höchst­wahr­scheinlich wird jeder von ihnen danach frei­ge­lassen und rund um die Uhr von der Polizei über­wacht, was mehrere Beamte dau­erhaft an einen IS-Kämpfer bindet und so hor­rende Kosten ver­ur­sachen wird.
In den deut­schen „Qua­li­täts­medien“ wird dieses Problem, das ja auch eine reale Ter­ror­gefahr für Deutschland dar­stellt, jedoch bes­ten­falls bei­läufig erwähnt.
Nachtrag: Es gab dazu Fragen auf der Bun­des­pres­se­kon­ferenz. Die Fragen und Ant­worten möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“