Sieben Charakteristika für das westliche Erbe – Im Kontrast zum Islam
Der kürzlich verstorbene englische Philosoph und Publizist Roger Scruton hat in seinem Essay „Den Westen verteidigen“* sieben Charakteristika bzw. Grundzüge für das westliche Erbe herausgestellt. Wesensmerkmale, welche gesehen und verteidigt werden sollten. Jeden dieser Grundzüge sieht er kontrastierend bzw. in Konflikt stehend mit dem traditionellen islamischen Entwurf von Gesellschaft und Zusammenleben.
Scruton sah die gefährlichsten Feinde der Zivilisation – wie Benedikt XVI. – im „Islamismus und Relativismus“. So arbeitet er anhand der sieben Charakteristika den Unterschied zum islamischen Prinzip und die daraus entstehende Gefahr bzw. Unvereinbarkeit westlicher Tradition und des abendländischen Denkens mit dem Islam heraus.
Vera Lengsfeld hat dankenswerterweise in ihrem Nachruf auf Roger Scruton u.a. diese Charakteristika hervorgehoben. Wir wollen hier etwas tiefer darauf eingehen.
Die sieben Grundcharakteristik – entstanden aus unserem religiösen und kulturellen Erbe – bezeichnet Scruton folgendermaßen:
- Bürgerrecht
- Nationalität
- Christentum
- Ironie
- Selbstkritik
- Interessenvertretung
- Trinken
Einzelne dieser Merkmale mögen verwundern, doch gehen wir einmal separat darauf ein.
Bürgerrecht
Recht und Gesetz werden durch Bereitschaft legitimiert, ihnen zu gehorchen. Jeder einzelne hat teil am Zustandekommen und Vollzug der Rechtsordnung. „Das Recht auf und die Verpflichtung zu dieser Teilhabe ist das, was wir unter „Bürgerrecht“ verstehen.“
Die westlichen politischen Gemeinwesen bestehen aus Bürgern, religiöse Gemeinwesen, wie der Islam, bestehen aus Untertanen, denn in islamischen Gesellschaften werden Recht und Gesetz als von Gott gegeben verstanden und das Gesetz fordert Gehorsam ein.
Scruton meint, „wenn wir eine einfache Definition des heutigen Westens geben wollen, wäre es sinnvoll, von diesem Konzept des Bürgerrechts auszugehen“.
„Das in menschlicher Übereinkunft gemachte Gesetz ist Garant unserer Freiheit. Es ist nicht gottgegeben.“
In unserem Rechtssystem sind Religion und große Bereiche der Moral der Privatheit überantwortet worden. Im islamischen Rechtssystem – der Scharia – wird zwischen Moral und Gesetz nicht unterschieden, beide haben ihren Ursprung in Gott und werden von den religiösen Oberhäuptern verfügt.
Nationalität
Keine politische Ordnung ist stabil ohne verbindliche Loyalität. Nationale Identität, die Bürger des Westens befähigt, Seite an Seite zu leben und die Rechte des jeweils anderen zu respektieren, kennt man in islamischen Gemeinschaften nicht. Ohne diese Identität gibt es keine Loyalität zur Gesellschaft als Ganzem.
„Nationalität setzt sich zusammen aus einem Territorium und der überlieferten Geschichte von dessen Besitz“.
Diese Art der „territorialen Loyalität“ geht den meisten islamischen Staaten oder Gemeinwesen ab.
An diesem Punkt treffen sich linke Ideologie mit ihrer Ablehnung der Nationalität mit der muslimischen Weltsicht und „Werteauffassung“.
Christentum
Wer den christlichen Glauben verliert, der verliert die primäre Erfahrung von Heimat und von der europäischen Zivilisation, welche zwei Jahrtausende der Geschichte geprägt hat.
In Appropriation an das Kriterium Nationalität ist festzustellen, dass die Basis für nationale Loyalität durch die vielen Jahrhunderte christlicher Vorherrschaft in Europa geschaffen worden ist.
Insofern ergibt sich aus der zunehmenden Islamisierung zweifellos eine Gefahr für unsere Welt.
Christus befand sich im Zwiespalt zwischen dem Legalismus seiner jüdischen Glaubensgenossen und einer weitgehenden Sympathie für das Konzept der säkularen Regierung. So ist der Spruch „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist …“ zu verstehen.
„Die weitgehende Billigung weltlicher Regierungsmacht durch die frühchristliche Kirche war verantwortlich für die nachfolgende Entwicklung Europas… bis hin zu der territorialen Rechtsordnung, die heutzutage im Westen vorherrscht.“
Auch hier eine deutliche Divergenz zum Islam.
Ironie
Scruton verweist hier auf die Bibel. Ironie finde man in den christlichen Parabeln wie auch im Talmud. Er erwähnt hier die Begegnung mit der Ehebrecherin, welche gesteinigt werden sollte. Jesus zu der Menge mit seinem ironischen Urteil: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“.
Die Botschaft lautet, Ironie sollte als Tugend begriffen werden, als praktizierte Form der Anerkennung des Andersseins aller, einschließlich der eigenen Person. Ironie ist damit quasi eine philosophische Haltung. Der Ironiker ist jemand, der in der Welt den Widerspruch zwischen Ideal (als dem gemeinhin Erwarteten) und Wirklichkeit als eine objektive Ironie erkennt.
Mit Ironie und dieserart Botschaften oder Kommunikation, welche auch das Judentum auszeichnet, können rechtgläubige Muslime nicht umgehen.
Im Islam gibt es keine Ironie, geschweige denn Satire, nur heiligen Ernst, der dann auch schon in tödlichen Ernst übergeht.
Selbstkritik
Als fünftes Kriterium nennt Scruton die Fähigkeit zur Selbstkritik. „Es ist uns zur zweiten Natur geworden, wann immer wir etwas befürworten, die Gegenstimmen zu Wort kommen zu lassen.“ So wird wirkliche Meinungsfreiheit praktiziert. Der Brauch, Kritiker zu Wort kommen zu lassen – auch und gerade gegen das westliche System, und diese gar auch zu ehren, stellt eine Besonderheit der westlichen Kultur dar und ist ein Zeichen von Freiheit.
Kritiker des Islams – auch und gerade aus den eigenen Reihen – müssen gewärtig sein, mit einer (lebensgefährlichen) Fatwa bedacht zu werden.
Interessenvertretung
Der Westen hat eine lange Tradition, dass sich die Bürger in Vereinen, Verbänden, Klubs, Unternehmen zusammenschließen. Und das ohne Ermächtigung oder Initiative übergeordneter Stellen. Diese Bündnisse oder Vereinigungen stellen demgemäß auch Wortführer oder Sprecher, die öffentlich in Erscheinung treten und deren Verhandlungsergebnisse dann auch allseits akzeptiert werden.
Vergleichbares gibt es im Islam nicht. Die Instanz eines solchen (profanen) Sprechers fehlt dem islamischen Gemeinwesen, was Verhandlungen schwierig macht. Die westliche Gesellschaft zeichnet aus, dass sie unendlich erfinderisch ist in der Schaffung neuer Zusammenschlüsse, welche die Bürger in die Lage versetzen, friedlich zusammenzuleben.
Die islamischen Gesellschaften befinden sich seit der Mohameds Zeiten in ununterbrochner Auseinandersetzung, wie es sich gerade wieder in den jüngsten Ereignissen im Nahen und Mittleren Osten zeigt, sei es in Afghanistan, Syrien, Libyen usw..
Trinken
Auf die Frage, was die westliche Lebensweise funktionieren lässt, gibt Scruton eine erstaunliche Antwort: das Trinken. Auf jeder Party oder Gesellschaft schmilzt das Eis zwischen Fremden und sich vollkommen Unbekannten sofort, kommt jedes gesellige Zusammensein in Gang, da man sich ein Glas einschenkt und anstößt.
Es gehört zum Feiern allgemein und zu den offiziellen Begegnungen und Banketts. Diejenigen, die dieses Phänomen tiefgehend untersucht haben, sind auch davon überzeugt, dass trotz aller Kosten und Widrigkeiten durch Alkoholismus, Unfälle und zerstörte Familien, wir doch letzten Endes unseren Erfolg auch dem „gemeinsamen Trinken“ verdanken.
So ist nicht umsonst die „Kultur des Weines“ eine Kultur des Westens. Und das gemeinsame Trinken, nicht um der Berauschung willen, die Beglaubigung einer Vereinbarung mit dem gemeinsamen Genuss eines edlen Getränks zu würdigen, war seit je auch ein Merkmal vieler Hochkulturen.
Das – und das vorherige Charakteristikum – hat nach Scruton zu der enormen Flexibilität westlicher Gesellschaften geführt und hilft immer wieder, große Veränderungen zu bewältigen. Die resultierende Leichtgängigkeit der westlichen Gesellschaften, bestärkt hingegen den Groll ihrer Gegner, die sich nicht mit dieser Leichtigkeit bewegen können.
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Wie können wir uns vor der Unterwerfung durch den Islam und vor islamistischen Terroristen schützen?
Scruton meint, wir sollten uns zunächst einmal darüber klar sein, was wir eigentlich verteidigen. Es ist unser politisches und kulturelles Erbe, das sich in den sieben Charakteristika verkörpert. Weiter sollte man sich endlich klar werden, dass man Vorurteile der anderen nicht durch Schuldgefühle und „Fehlerbeichte“ überwindet. Schwäche wirkt provozierend, da sie dem Feind die Aussicht unterbreitet, uns zu vernichten.
Sein Fazit:
„ … Es gibt zwei Möglichkeiten, die uns zu unserer Verteidigung zur Verfugung stehen, eine auf gesellschaftlicher Ebene, die andere auf privater. Als Gesellschaft können wir beginnen, das Wertvolle unseres Erbes zu verteidigen. Und das bedeutet, keine Zugeständnisse an diejenigen zu machen, die wollen, dass wir Bürgerrechte gegen Untertanengeist, Nationalität gegen religiöse Konformität, weltliches Recht gegen die Scharia, die jüdisch-christliche Tradition gegen den Islam, Ironie gegen heiligen Ernst, Selbstkritik gegen Dogmatismus, Interessenvertretung gegen Unterwerfung und fröhliches Trinken gegen strenge Abstinenz eintauschen. Wir sollten all diejenigen mit Verachtung strafen, die diese Veränderungen einfordern und sie stattdessen auffordern, sich dort anzusiedeln, wo die von ihnen bevorzugte Ordnung bereits besteht.
Im privaten Raum allerdings sollten wir dem Weg folgen, den Christus uns gewiesen hat und das bedeutet, die Schläge, die uns zugefügt werden, nüchtern und im Geist der Vergebung zu betrachten und durch unser Beispiel zu zeigen, dass diese Schläge nicht mehr ausrichten, als denjenigen, der sie zufügt, zu diskreditieren. Das ist das Schwierige an der Aufgabe, vor der wir stehen – es ist nicht leicht, sie auszuführen, nicht leicht, sie zu bejahen und schwer, sie anderen anzuempfehlen.“
Wir Deutschen scheinen da schlecht aufgestellt. Wir sind durch „Reeducation“ und den intensiv gepflegten „Schuldkult“ im Großen und Ganzen scheinbar unfähig zu jeglichen Widerstand geworden.
Die Toleranz gegenüber der Intoleranz und der in der Gesellschaft arrivierte Pazifismus machen uns offensichtlich unfähig zur Verteidigung des Eigenen.
Lassen wir dazu noch den russischen Philosophen Iwan Iljin** zu Wort kommen. Pazifisten profitieren von denen, die „in facto“ Gewalt androhen oder anwenden würden, um (die Übrigen) zu beschützen: Pazifisten sind verlogen. Die Pazifisten gehen von einer Grundannahme aus, alle Menschen seien im Prinzip gut und einsichtig. Sie sind also sentimental und illusionär. Die Pazifisten lassen eher Andere zugrunde gehen als von ihrem hohen moralischen Ross abzusteigen. Sie sind also egozentrisch. Sie kümmern sich hedonistisch um ihr eigenes Wohlgefühl und wollen um jeden Preis sauber bleiben.
Unschwer erkennt man darin die gegenwärtige deutsche Gesellschaft.
Die jetzt herrschende Suprematie des Moralischen vor dem Pragmatischen führt zu all diesen Schwächen. Nur wenn wir diese kampfbereit überwinden, besteht noch Hoffnung für uns. So sollten wir uns zuvorderst und stets auf die von Roger Scruton genannten elementaren Charakteristika unseres kulturellen und religiösen Erbes besinnen.
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* „Den Westen verteidigen“ in Roger Scruton: Bekenntnisse eine Häretikers – zwölf konservative Streifzüge; Edition Sonderwege © Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Berlin 2019
** Iwan Iljin: Über den gewaltsamen Widerstand gegen das Böse; Edition Hagia Sophia, Wachtendonk 2018
Dieser lesenswerte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com
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