Bri­tische Presse: Groß­bri­tannien will mit dem Brexit auch die Euro­päische Men­schen­rechts­kon­vention verlassen

Groß­bri­tannien scheint nicht nur die EU, sondern auch die Euro­päische Men­schen­rechts­kon­vention ver­lassen zu wollen. Das hat der Sunday Tele­graph am Sonntag gemeldet, aber in Deutschland habe ich dazu noch keine Meldung gefunden.

Die Ver­hand­lungen über den Brexit werden schwierig, viel­leicht gar unmöglich. Bis zum Jah­resende müssen die EU und Groß­bri­tannien eine Einigung finden, sonst kommt es doch zum harten Brexit. Das Sze­nario ist nun noch einmal wahr­schein­licher geworden.

In Frank­reich konnte man diese Tage in der Zeitung lesen, dass Macron nicht daran inter­es­siert ist, dass der Brexit für Groß­bri­tannien ein Erfolg wird. Der Brexit soll schmerzhaft für London werden, um andere EU-Länder, in denen es eben­falls Bestre­bungen gibt, aus der EU aus­zu­treten, abzu­schrecken. Das bestätigt, was ich schon seit Jahren schreibe: Die EU will an Groß­bri­tannien ein abschre­ckendes Exempel sta­tu­ieren, um poten­zielle Nach­ahmer abzuschrecken.

Und London scheint es der EU sehr leicht machen zu wollen, die Ver­hand­lungen scheitern zu lassen. Regie­rungs­mit­glieder in London wollen aus der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­vention und damit auch aus dem Euro­päi­schen Gerichtshof für Men­schen­rechte aus­treten. Das dürfte für die EU ein guter Vorwand sein, auch die Gespräche über ein Han­dels­ab­kommen scheitern zu lassen.

Da ich in Deutschland nichts darüber gehört habe, über­setze ich hier die Meldung der rus­si­schen TASS zu dem Thema und ver­linke, so wie es auch die TASS getan hat, die Quelle, einen Artikel im Sunday Telegraph.

Beginn der Übersetzung:

London will bereits im nächsten Jahr der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­vention nicht mehr folgen, wenn die Über­gangszeit nach dem Brexit zwi­schen Groß­bri­tannien und der EU aus­läuft. Das berichtet der Sunday Tele­graph am Sonntag.

Der Zeitung zufolge wird sich die bri­tische Seite bei den am 2. März in Brüssel begin­nenden Ver­hand­lungen weigern, die Bestim­mungen des künf­tigen Han­dels­ab­kommens zu akzep­tieren, die das Ver­ei­nigte König­reich ver­pflichten, die Bestim­mungen der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­vention ein­zu­halten, die seit 1953 in Kraft ist.

Die Zeitung weist darauf hin, dass der der­zeitige bri­tische Außen­mi­nister Dominic Raab und Innen­mi­nis­terin Priti Patel die Kon­vention zuvor kri­ti­siert und darauf hin­ge­wiesen haben, dass euro­päische Richter sie zu ihrem Vorteil nutzen. Auch der Chef­be­rater des Pre­mier­mi­nisters, Dominic Cum­mings, ist ein starker Befür­worter des Aus­tritts des Ver­ei­nigten König­reichs aus der Men­schen­rechts­kon­vention. Zuvor hatte er Bestim­mungen des Doku­ments kri­ti­siert, wie die Not­wen­digkeit, Gefan­genen Stimm­rechte zu gewähren, oder ein Verbot der Aus­lie­ferung bestimmter aus­län­di­scher Straftäter.

„Wir werden die Men­schen­rechte auf unsere Weise respek­tieren“, zitierte die Zeitung eine Quelle der regie­renden Kon­ser­va­tiven Partei, die For­de­rungen der EU, sich nach dem Ende der Mit­glied­schaft des König­reichs in der Euro­päi­schen Union an euro­päische Gesetze zu halten, als inak­zep­tabel bezeichnet.

Das Ver­ei­nigte König­reich hat die EU nach drei­jäh­rigen Aus­tritts­ver­hand­lungen offi­ziell in der Nacht des 1. Februar 2020 ver­lassen. Brüssel und London haben sich auf eine Über­gangs­frist bis Ende 2020 geeinigt, in der wei­terhin alle euro­päi­schen Bestim­mungen für das Ver­ei­nigte König­reich gelten. Während dieses Zeit­raums müssen sich die Par­teien über ihre künf­tigen Bezie­hungen einigen, vor allem über den bila­te­ralen Handel. London beab­sichtigt nicht, die Über­gangszeit zu verlängern.

Ende der Übersetzung

Wenn einer der Gründe für den Aus­tritt aus der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­vention ist, dass Groß­bri­tannien sich nicht in die Aus­lie­fe­rungen aus­län­di­scher Staats­bürger hin­ein­reden lassen möchte, dann scheint der Fall von Julian Assange ein Grund dafür zu sein. Der Fall wird bri­tische Gerichte mit Beru­fungen und Revi­sionen noch länger beschäf­tigen. Eine Klage gegen eine irgendwann nach 2020 beschlossene Aus­lie­ferung an die USA vor dem Euro­päi­schen Gerichtshof für Men­schen­rechte könnte Assange dann jedoch nicht mehr einreichen.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“