„BUJAN“ die geheim­nis­volle Insel im Norden – ein Frei­maurer berichtet über die Insel Rügen

Es ist Freitag Vor­mittag, im Mai 2019. Wir hatten uns am Nordkap ver­ab­redet, um einem bisher nicht bekannten Geheimnis auf die Schliche zu kommen. Als Geomant und Kraftort-Ranger bin ich seit über 20 Jahren auf der Insel Rügen unterwegs und habe bereits das eine oder andere Mys­terium erleben dürfen. Diesmal hatte sich ein Besuch aus Moskau angesagt – ein Hochgrad-Frei­maurer, der auf der Suche nach seinen Wurzeln und den Wurzeln Russ­lands ist. Als Dol­met­scherin hatte sich eine gute Freundin ange­boten, die spi­ri­tuell seit ihrer Kindheit weltweit unterwegs ist und heute als Para­psy­cho­login arbeitet. Doch was sollte so Beson­deres am Nordkap von Rügen sein?

(Ralf Marius Bittner)

Die Insel wurde vor ca. 69 Mio. Jahren tek­to­nisch ange­hoben, wodurch eine bis zu 400 m mächtige Krei­de­schicht teil­weise sichtbar wurde. Diese „bio­genen Sedi­mente“ sind eine der Ursachen für die Beson­derheit Rügens, das in ver­gan­gener Geschichte nahezu 2.000 Kraftorte, Gräber oder Wall­an­lagen auf­weisen konnte. Durch diese Magie war Rügen seit der Zeit der Slawen im 6. Jahr­hundert stark umkämpft. Jeder wollte diese Natur­kraf­torte für sich nutzen.

Bisher wusste ich nur, dass nach der Urbe­sie­delung durch die Ger­manen (ca. 6000 v.Chr. bis 500 n.Chr.) die Ranen, ein krie­ge­ri­sches See­fah­rervolk der Ost­slawen, Rügen besie­delte. Auch die Wikinger lebten zwi­schen dem 6. und dem 11. Jahr­hundert hier. Weit über alle Grenzen hinaus war die „Jarom­arsburg“ auf dem Kap Arkona bekannt, der „Olymp der Götter“ der Slawen.

Die sla­wische Kosmo­gonie ist dabei ähnlich der anderer indo­eu­ro­päi­scher Mytho­logien. Der absolute Grund­zu­stand ist ein Nichts, Rod (männlich) oder Rod­zanice (weiblich) – nichtdual!

Mit dem Beginn des Zeit­flusses ent­steht aus Rod ein Wel­tenei, aus dem sich

der weiße Gott Bie­leboh und der schwarze Gott Czor­neboh ent­wi­ckeln, und erst jetzt wird alles dua­lis­tisch, auf­ge­teilt in den „Reinen Geist“ und den „Unreinen Geist“.

Exakt die gleiche Ein­teilung kennen wir aus den uralten Veden, nämlich die Auf­teilung der Natur oder des Hei­ligen Geistes (Maha-Pra­kriti) in die Para-Pra­kriti (reine Natur) und die Apara-Pra­kriti, die unreine Natur oder Satan.

Im Fol­genden exis­tieren dann mehrere Vari­anten der Mytho­logie über die Ent­stehung des Men­schen und der Erde. Die Vor­stellung der Welt ist per­so­ni­fi­ziert. Den Himmel, die Erde und die Him­mels­körper haben sich die Slawen als über­na­tür­liche Wesen vor­ge­stellt. Ebenso gab es einen aus­ge­prägten Dämo­nenkult mit Natur­geistern und Dämonen. Während die Göt­ter­kulte bald nach der Chris­tia­ni­sierung (auf Rügen bis 1168) ver­schwanden, hielt sich der Glaube an die nie­deren Wesen, welche die Natur­kräfte ver­körpern, bis in die Neuzeit. Viele der ursprüng­lichen Natur­geister wurden dabei im Volks­glauben zu Gespenstern, wie z.B. Rübezahl im Erz­ge­birge.

Für den Totenkult und die Jen­seits­vor­stel­lungen galt das Folgende:

Im Augen­blick des Todes verließ nach Auf­fassung der Slawen die Seele den Körper und entwich aus dem Haus durch ein Fenster oder durch ein Loch in der Wand. Sie ver­blieb anschließend ent­weder dau­erhaft am Ort, oder ging nach einer Weile ins Jen­seits ein. (Das gleiche finden wir übrigens im Glauben der Indianer wieder.) Bei den Slawen gab es dann den Fährmann, der die Toten gegen Entgelt in die Unterwelt über­führt, als auch die Brücke, die zu über­schreiten ist.

Doch mein rus­si­scher Frei­maurer-Freund hatte noch einen Trumpf im Ärmel: „Kennst Du das Märchen von der Insel Bujan?“ – „Nein, davon habe ich noch nichts gehört“, ant­wortete ich.

„In der sla­wi­schen Mytho­logie ist Bujan oder Buyan eine geheim­nis­volle Insel im Ozean, die nach Belieben erscheint und ver­schwindet. Es ist das Märchen von Alex­ander Puschkin von 1832 und handelt vom Zaren Saltan, von seinem Sohn, Fürst Gwidon Sal­ta­nowitsch, und von der wun­der­schönen Schwa­nen­prin­zessin. Es gibt sogar eine DVD aus dem Jahre 1966 hierzu. Auch der rus­sische Kom­ponist Nikolai Andre­je­witsch Rimski-Kor­sakow hat sich dieses Themas ange­nommen – in einer Oper. Das bekann­teste Musik­stück daraus ist der „Hum­melflug“, eine furiose Kom­po­sition, an der sich schon so mancher Musiker ver­sucht hat.

Nun aber zum Märchen und warum wir hier am Nordkap stehen:

„Bujan“ wird teil­weise als proto-indo­eu­ro­päische Anderswelt inter­pre­tiert. Und wie viele andere Märchen beschreibt auch dieses, welche Ein­stellung und welches Bewusstsein ein Mensch haben muss, um diese Anderswelt über­haupt betreten oder wahr­nehmen zu können.

Im Märchen wird die Zarin nach einer bösen Intrige ihrer Schwestern und nach der Geburt ihres schnell her­an­wach­senden Sohnes mit diesem in ein Fass gesteckt und ins Meer geworfen. Im Film stürzt das Fass übrigens von einer schroffen Steil­küste, die dem Kliff am Kap Arkona sehr ähnelt. Der Zar kehrt kurze Zeit später nach einem Feldzug zurück auf seine Insel. Dort trauert er um Frau und Kind. Doch sie sind nicht tot, was er aber nicht wissen kann. Die Mutter und ihr rot­haa­riges „Rie­senkind“ werden nämlich auf einer anderen Insel an den Strand gespült, wo der inzwi­schen zu einem Hünen her­an­ge­reifte Zarensohn einen Schwan aus den Fängen eines Raub­vogels rettet. Natürlich ist dieser Schwan eine ver­zau­berte Prin­zessin. Die spre­chende und tan­zende Schwa­nen­prin­zessin ver­wandelt die karge Insel in ein reiches Eiland, das der Jüngling als Fürst Gwidon Sal­ta­nowitsch regieren darf. See­rei­sende erfahren davon und berichten von ihren Erleb­nissen dem trau­ernden Zaren. Dieser wird dabei von seinem Sohn Gwidon beob­achtet, der den Besu­chern in Insek­ten­ge­stalt gefolgt ist und sich mit stich­hal­tigen Argu­menten an seinen ver­wandten Intri­ganten rächt. … Ende gut, alles gut: Der Zar bekommt seine Zarin wieder, der Fürst seine Schwanen-Prin­zessin. Und die bösen Schwestern? Sie beichten ihre Untaten und werden vom Zaren begnadigt. So endet das Märchen.“

Mein rus­si­scher Freund macht eine kurze Pause und deutet an, dass er jetzt zum Kern seiner Geschichte kommt:

„Diese magische Insel Bujan wird von drei Brüdern – dem Nordwind, dem Westwind und dem Ostwind – bewohnt. Seltsame Dinge geschehen auf dieser Insel. Auf ihr lebt der Zau­berer „Koschtschei“, der unsterblich war, den niemand töten konnte und einen Drachen als Wächter hatte. Seine Seele war vom Körper getrennt, er hatte sie in einer Nadel ver­steckt, die in einem Ei ver­borgen war, das von einer Ente ver­schluckt war, die in einem Hasen steckte, der in einer eisernen Kiste saß, die unter einer Eiche ver­graben war. Das war die mys­tische Eiche mit 12 Wurzeln, Ygg­drasil genannt, der Wel­tenbaum, der auf dem Alatyr-Stein steht, dem Mit­tel­punkt des Kosmos und Vater aller Steine.

In diese Anders-Welt flüch­teten auch die Mutter und ihr Sohn Gwidon, als sie in die Tonne geworfen wurden; ver­gleichbar mit einer tiefen Medi­tation oder Trance. An der Küste von Bujan, der Traum­insel, ange­kommen, schnitzte der Sohn aus dem Ast der magi­schen Eiche einen Bogen und ging zur Jagd. Es war ein düs­terer Ort. Dort hatte ein Raub­vogel einen Schwan ange­griffen. Gwidon befreite den Schwan, der in Wahrheit ein vom Zau­berer Koschtschei ver­zau­bertes junges Mädchen war. Wer sie rettet, dem zeigt sie sich in als Mensch und hei­ratet ihn. Durch diese Prin­zessin kann sich die Welt gebären und die Freude zurückholen.“

Mir wurde jetzt schnell klar, was das Märchen mit Rügen zu tun hat. Auf den Kraft­orten von Rügen ist es mit Hilfe der Natur­energien möglich, diese „Anderswelt“ zu betreten. Und die Kraft, die all dieses leitet, ist der „Heilige Geist“ oder der „Große Bau­meister aller Welten“ in den Frei­maurer-Ritualen. Diese Energie ist gleich­zu­setzen mit dem „Wort“ oder der Schwingung des „AUOM“ in der indi­schen Yoga­lehre oder der Mutter Natur.

„Natürlich!“, ant­wortete ich, „Genau das ist es. Ver­binde ich mich mit dem ‚Ganzen’, werde ich eins mit dem Schöpfer und erkenne meine Seele. Betrachte ich dagegen die Natur als reinen Holz­lie­fe­ranten oder Gemü­se­garten, bleibt das Geheimnis vor mir ver­borgen. Also hängt es ganz alleine von mir ab, ob ich auf Rügen stehe – oder auf BUJAN“.

Mein rus­si­scher Freund und die Para­psy­cho­login nickten freudig und fragten nach einer direkten Ver­bindung zur Ostsee, denn hier oben auf der Steil­küste hatten wir zwar den Über­blick, aber nicht den Kontakt zum Wasser. Nach einem kurzen Fuß­marsch gelangten wir an den nörd­lichsten Punkt Rügens. Von der Steil­küste führt ein schmaler Trep­penpfad an den Strand. Hier liegt der so genannte „Sie­ben­schneider-Stein“, ein gewal­tiger Gra­nit­brocken mit einer kraft­vollen Ausstrahlung.

Wir standen lange am Ufer und blickten auf die weite Ostsee in Richtung Osten, in Richtung Russland.

„Mein Bruder, es gibt eine Ver­bin­dungen zu Rügen aus der rus­si­schen Ver­gan­genheit: Der Waräger Rjurik war ein Slawe von den west­lichen Wenden, der Sohn eines rus­si­schen Fürsten aus dem Zweige der west­lichen Mero­winger, welcher auf der Insel Bujan in der Ostsee herrschte – also auf der Insel Rügen! Diese wird auch „Rjugen“ oder „Rjurik“ oder „Rürik“ genannt; und in der Rjurik-Sage heißt die Haupt­stadt des Fürs­tentums auf dieser Insel „Arkona“, und „zufällig“ gibt es auf Rügen das „Kap Arkona“, die nörd­lichste Spitze der Insel. Übrigens nannte man zu jenen Zeiten die Ostsee auch „Bal­ti­sches Meer“, und auf alten Karten jener Zeit gibt es dieses als das “Rus­sische Meer”! Wir sind hier, um diese alte Ver­bindung zu spüren“.

Begeistert ergänzte die Para­psy­cho­login: „Das Wort SLAWEN heißt auf rus­sisch: SLA­WJANE und ist ver­bunden mit den Worten: SLAWIT, was “preisen” bedeutet und SLAWA, was die “Ehre” oder den “Helden” bedeutet. Wir Russen sagen: Wir sind Slawen, weil wir unsere Götter slavim (preisen), während andere Reli­gionen ihre Götter anbeten. Und was für Euch viel­leicht inter­essant ist, dass das Wort Sklave sich von RAB oder dem Wort RABOTA ableitet, was “Arbeit” bedeutet.

Wir Russen glauben, dass unser Ursprung der Nordpol ist, als es viel wärmer war und es hier noch Land gab. Dann wurde es kälter und die Men­schen gingen nach Süden und kamen auch nach Rügen. So eine Wan­derung ist immer auf 2 Ebenen zu sehen!

So wie alte Kul­turen immer ver­sinken – das bedeutet, sie gehen in eine andere Dimension. Denn unsere Welt ist immer eine Doppel-Welt, eine duale Welt:  Es ist ein leben­diges Wesen. Die eine Welt ist sichtbar, die andere ist unsichtbar. Es gibt eine äußere Welt und eine innere Welt.

Gleich­zu­setzen mit der Materie und den Gedanken. Beide Welten beein­flussen sich gegen­seitig – und dazwi­schen liegt das Bewusstsein! Wer beide Seiten kennt, kann mit-schöpfen! Das ist der ganze Trick!”

Wir lachten und medi­tierten noch eine geraume Weile an diesem wahrhaft mys­ti­schen Ort.

Und von dieser Begegnung der beiden Welten und dem Hei­ligen Geist ist in meinem neuen Roman „Frei­maurer und Templer zu Putbus“ die Rede. Eine Stadt und ein eng­li­scher Land­schafts­garten mit Frei­maurer-Sym­bolik zum Erleben.