Die Flagge der USA in einem Zustand wie das Land selbst: Ein gerupftes Huhn! - (U.S. Air Force photo by Josh Plueger)

Hys­terie um angeb­liche rus­sische Ein­mi­schung in US-Wahlen: Den Medien ist keine Geschichte zu absurd

Die anti-rus­sische Hys­terie in den USA nimmt immer absurdere Formen an. Inzwi­schen wird Russland beschuldigt, sich gleich für mehrere Kan­di­daten in die US-Wahlen einzumischen.

Noch einmal zur Erin­nerung: Die angeb­liche rus­sische Wahl­ein­mi­schung in die Wahlen 2016 hat es nicht gegeben. Der Mueller-Bericht, der die Sache für 30 Mil­lionen Dollar jah­relang unter­sucht hat, hat nichts gefunden. Von den Vor­würfen, die seit 2016 durch die Medien geistern, ist, außer ein paar Anzeigen auf Facebook, nichts übrig geblieben. Die Anzeigen kamen von rus­si­schen Accounts und es ist noch nicht einmal bekannt, ob der rus­sische Staat über­haupt Ver­bin­dungen zu den Accounts hatte. Und auch die Anzeigen selbst waren eher lächerlich und die Summen, die für sie gezahlt wurden, lagen bei ins­gesamt ca. 100.000 Dollar, die sich aus vielen kleinen Anzeigen für wenige Dollar zusammensetzen.

Dass damit ein Wahl­kampf beein­flusst wurde, der 2,5 Mil­li­arden gekostet hat, ist eine unsinnige Behauptung.

Und man kann Russland sicher einiges vor­werfen, wenn man möchte. Aber Dummheit wird Russland nicht vor­ge­worfen. Hätte Russland den Wahl­kampf beein­flussen wollen, hätte es das sicher nicht mit einem solchen Mini­mal­einsatz gemacht, der das Risiko birgt, ent­deckt zu werden und gleich­zeitig ganz sicher kein Ergebnis bringt.

Trotzdem tun die Medien so, als hätte es eine rus­sische Ein­mi­schung gegeben und nun beginnt die nächste Kam­pagne über die „erneute rus­sische Ein­mi­schung“. Und die ist absurd, denn nun soll Russland nicht nur Trump unter­stützen, sondern auch Bernie Sanders, einen der Favo­riten der Demokraten.

Was haben Sanders und Trump gemeinsam? Sie sind beide nicht eben die Lieb­linge des Establishments. 

Das Estab­lishment wollte Joe Biden als nächsten US-Prä­si­denten. Weil seine offen­sicht­liche Kor­ruption in der Ukraine aber seine Sie­ges­chancen redu­ziert hat, ist nun Michael Bloomberg der neue Liebling des Estab­lish­ments. Leider schlägt er sich aber miserabel.

US-Medien haben nun ver­lauten lassen, dass Russland sich in die Vorwahl der Demo­kraten ein­mischt, um Sanders zu unter­stützen. Belege wurden freilich keine geliefert. In den USA ist Russland zum großen Feindbild auf­gebaut worden und jemanden zu beschul­digen, Russland sei für ihn, kann ihm sehr schaden. Belege braucht es dabei nicht, die Behauptung der Medien reicht völlig aus.

Die Stra­tegie dahinter ist leicht zu ver­stehen. Die Par­tei­führung der Demo­kraten will Sanders nicht als Kan­di­daten, seine Posi­tionen (kos­tenlose Gesund­heits­ver­sorgung und kos­tenlose Bildung) sind ihnen zu links. Nun wird in die Welt gesetzt, Russland unter­stütze Sanders, weil der gegen Trump chan­cenlos und Trump so Prä­sident bleiben könne. Ob das stimmt, sei einmal dahin­ge­stellt. Und ob Bloomberg bessere Chancen gegen Trump hat, auch.

Aber warum sollte Russland Trump über­haupt unter­stützen? Trump hat mehr Sank­tionen gegen Russland ein­ge­führt, als Obama vorher. Dar­unter Sank­tionen, die richtig weh tun, wie zum Bei­spiel die Ver­zö­gerung von Nord Stream 2. Und bei den Themen Vene­zuela, Iran, Syrien und noch einigen anderen macht Trump eine Politik, die Russland ganz und gar nicht gefällt.

Dem steht für Russland auf der Haben-Seite wenig gegenüber. Mir fällt kein Thema ein, bei dem Trump etwas getan hätte, was Russland gefallen hat und was nicht auch andere Poli­tiker aus US-Inter­essen auch getan hätten. Aber solche Fragen stellen die Medien nicht, sie ver­breiten statt­dessen das leicht in die Köpfe zu häm­mernde Nar­rativ der rus­si­schen Einmischung.

Trotzdem hat Hillary Clinton Trump gerade erst als „Moskaus Mario­nette“ bezeichnet:

„Putins Mario­nette hat das Alte wieder auf­ge­griffen und Russ­lands Hilfe zu seinem Vorteil genutzt. Er weiß, dass er ohne Russland nicht gewinnen kann. Und das dürfen wir nicht zulassen.“

Schon 2016 hat die Führung der Demo­kraten alles getan, um Sanders Sieg in den Vor­wahlen zu ver­hindern und Clinton unter­stützt. Da das gegen alle Regeln und Bestim­mungen ver­stoßen hat, musste die Par­tei­chefin damals zurück­treten. Nun sehen wir wieder das gleiche Spiel: Die Demo­kraten sabo­tieren Sanders, denn die Mel­dungen über die angeb­liche rus­sische Unter­stützung kamen aus einer geschlos­senen Sitzung des Geheim­dienst­aus­schusses des Kongresses.

Und diesem Aus­schuss sitzt Adam Schiff vor, der schon das geschei­terte Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Trump mit mehr als undurch­sich­tigen Methoden ange­schoben hat. Auch damals hat er gezielt Infor­ma­tionen durch­si­ckern lassen, um das Ver­fahren beginnen zu können. Die sehr inter­es­santen Details dazu finden Sie hier.

Auch Trump selbst hat Schiff im Ver­dacht, der­jenige zu sein, der die Geschichte an die Presse gegeben hat. Trump sagte dazu:

„Sie wissen viel­leicht, dass die Demo­kraten Bernie Sanders sehr unfair behandeln und für mich bedeutet diese „Zei­tungs­pu­bli­kation“ ein von Adam Schiff orches­triertes Leck, weil sie nicht wollen, dass Bernie Sanders sie ver­tritt. Sieht wieder nach 2016 für Bernie Sanders aus.“

Und zu der Frage, ob er selbst von den Geheim­dienstes etwas über eine Wahl­ein­mi­schung Russ­lands in den jet­zigen Wahl­kampf gehört hat, sagte Trump:

„Niemand hat mir so etwas gesagt. (…) Ich denke, dass der Vor­sit­zende des Geheim­dienst­aus­schusses des US-Reprä­sen­tan­ten­hauses, der Demokrat Adam Schiff, hinter den Leaks steckt. Es gibt Kräfte, die nicht wollen, dass Sanders gewinnt, also sagen sie, dass er von Russland unter­stützt wird.“

Auch das rus­sische Fern­sehen hat das Thema wieder auf­ge­griffen. Daher über­setze ich – als Kon­trast­pro­gramm zum deut­schen Main­stream – einen Beitrag des rus­si­schen Fern­sehens über die letzte TV-Debatte der Demo­kraten, denn in Deutschland klingen die Bericht anders, als in Russland.

Beginn der Übersetzung:

Im US-Bun­des­staat South Carolina fand eine Debatte der Demo­kraten statt. Russland und Trump wurden wieder zu den beiden wich­tigsten Dis­kus­si­ons­themen. Diese Fern­seh­de­batte war die letzte vor dem Super-Tuesday, an dem in 14 Staaten abge­stimmt wird.

Die Demo­kraten haben haben die Akzente gesetzt: Den Platz in der Mitte nahm zum ersten Mal Bernie Sanders ein, der in ihrem inner­par­tei­lichen Prä­si­dent­schafts­rennen die Nase vorn hat. Die Debatte fand in South Carolina statt, wo, wie in ganz Amerika, die Arbeits­lo­sigkeit auf einem rekord­ver­dächtig nied­rigen Niveau ist. Die Mode­ra­torin fragte, wer Sanders‘ sozia­lis­tische Reformen braucht, wenn es der Wirt­schaft so gut geht.

„Die Wirt­schaft funk­tio­niert her­vor­ragend für Mil­li­ardäre wie Bloomberg, aber für gewöhn­liche Ame­ri­kaner läuft es nicht so gut. Die Hälfte unserer Bürger lebt von Gehalts­scheck zu Gehalts­scheck. 87 Mil­lionen Ame­ri­kaner haben keine Kran­ken­ver­si­cherung, 45 Mil­lionen stecken in hohen Stu­di­en­kre­diten“, sagte Bernie Sanders, der US-Senator aus Vermont.

Bloomberg streute Salz in eine frische Wunde: Der sozia­lis­tische Demokrat soll bei der Kan­di­datur von Russland unter­stützt werden. Das unbe­wiesene Gerücht, das von einer Zeitung lan­ciert wurde, nahm er auf.

„Putin meint, dass Donald Trump der Prä­sident der Ver­ei­nigten Staaten sein sollte. Deshalb hilft Russland Ihnen, gewählt zu werden!“

„Hey, Herr Putin, wenn ich Prä­sident der Ver­ei­nigten Staaten bin, glauben Sie mir, Sie werden sich nicht mehr in die ame­ri­ka­ni­schen Wahlen ein­mi­schen.“, ant­wortete Sanders.

Trump wurde auch dafür kri­ti­siert, dass er mit dem Coro­na­virus nicht fertig wird. Die Zahl der Fälle nimmt zu, in den Ver­ei­nigten Staaten gibt es bereits 57 Infi­zierte. Joe Biden erin­nerte daran, wie die Obama-Admi­nis­tration, in der er Vize­prä­sident war, Ebola in den Ver­ei­nigten Staaten erfolg­reich bekämpft hat. Jetzt kämpft der Poli­tiker um die Stimmen der Bewohner der Süd­staaten. In den weißen Staaten Iowa und New Hamp­shire hat er kra­chend ver­loren, also setzt er auf die schwarze Bevölkerung.

„Ich arbeitete wie ver­rückt, um die Unter­stützung von Afro­ame­ri­kanern zu gewinnen. Ich erwarte nichts, ich plane, mir die Stimmen zu ver­dienen. Ich werde South Carolina gewinnen“, sagte Joe Biden.

Die Vor­wahlen in South Carolina finden am 1. März statt. Umfragen zeigen, dass Biden dort tat­sächlich an der Spitze liegt, auch wenn er in dieser Debatte nicht viel gesagt hat, liegt er auf dem fünften Platz. Michael Bloomberg war nicht wieder zuer­kennen. Im Gegensatz zu der Debatte der Vor­woche schwieg der Mil­li­ardär nicht und der Saal war oft auf seiner Seite.

Auf fast jede Bloomberg-Bemerkung reagierte das Publikum mit tosendem Applaus. Einige Jour­na­listen begannen, über ein gekauftes Publikum zu sprechen. Die Ein­tritts­karten für die Debatte in South Carolina hat die Demo­kra­tische Partei aus irgend­einem Grund uner­schwinglich teuer gemacht. Das bil­ligste kostet 1.700 Dollar, was sich natürlich längst nicht jeder leisten kann. Und für den Mil­li­ardär in der Runde spielt Geld keine Rolle, er hat bereits etwa 500 Mil­lionen Dollar aus­ge­geben. Bloomberg wird zunehmend vor­ge­worfen, sich die Prä­si­dent­schaft nicht zu erkämpfen, sondern zu kaufen.

Ende der Übersetzung

Noch eine Schluss­be­merkung: Was sagt es eigentlich über den Zustand der US-Demo­kratie aus, wenn die Kan­di­daten nicht über Sach­themen dis­ku­tieren, die die Men­schen in ihrem täg­lichen Leben betreffen, sondern sich nur mit sich selbst beschäf­tigen und ansonsten nur über Trump und Russland reden?


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“