Plei­te­welle, Ban­ken­krise, Staats­bankrott: Der große Crash ist nur noch eine Frage der Zeit

Wenn davon die Rede ist, Deutschland hätte „die Pan­demie gut gemanagt“ oder glimpflich über­standen, wird meist unter­stellt, die Krise sei im Großen und Ganzen bewältigt, und die Wirt­schaft nor­ma­li­siere sich wieder. Ein fataler Trug­schluss: Tat­sächlich haben die wahren Aus­wir­kungen der Corona-Krise die Deut­schen nicht einmal annä­hernd erreicht.

Punk­tuelle Hiobs­bot­schaften über Fir­men­pleiten und Ent­las­sungen sind nur erste Regen­tropfen eines Monsuns, der mit einigem zeit­lichen Versatz über uns her­ein­brechen wird. Die Alarm­zeichen sind unübersehbar.

Das Ausmaß der Pro­bleme wird derzeit durch eine Reihe von recht­lichen Aus­nah­me­tat­be­ständen, Mora­torien und Son­der­re­ge­lungen kaschiert, die vor allem im „Gesetz zur Abmil­derung der Folgen der Covid-19-Panemie im Zivil‑, Insolvenz- und Straf­ver­fah­rens­recht“ kodi­fi­ziert sind.

Vor allem, dass eigentlich über­schuldete Unter­nehmen wei­ter­be­stehen, die unter nor­malen Umständen längst insol­venz­pflichtig wären, beschönigt eine nie dage­wesene Wirt­schafts­krise und schiebt eine gigan­tische Plei­te­welle (noch) auf; die Aus­nah­me­re­gelung führt absur­der­weise sogar dazu, dass die ange­mel­deten Insol­venz­ver­fahren – trotz epo­chaler Rezession – gegenüber der Vor­kri­senzeit zurück­gehen. Laut Sta­tis­ti­schem Bun­desamt sank die Zahl der Pleiten im Juni 2020 im Ver­gleich zum Vorjahr sogar um 13,3 Prozent.

Künstlich wird so eine Ent­spannung, eine scheinbare wirt­schaft­liche Gesundheit ver­mittelt, die mit der Rea­lität nicht das Geringste zu tun hat. So lassen sich zweck­op­ti­mis­tische Heils­ver­sprechen umso glaub­wür­diger ver­kaufen – etwa von CDU-Bun­des­wirt­schafts­mi­nister Peter Alt­maier, der vom Auf­schwung ab Herbst faselt (und in der aktu­ellen Krise keine echten Sorgen zu haben scheint und gerade erst mit seiner „dyna­mi­schen“ Wellness- und Fit­ness­per­for­mance und seinem „Bizeps“ prahlte).

Geschönte Insol­venz­sta­tis­tiken als Zeitbombe

Kein Wunder, dass de Bun­des­re­gierung inzwi­schen sogar eine Ver­län­gerung des Insolvenz-Mora­to­riums bis Jah­resende erwägt, wie „Bild“ berichtet: „Es gab in unserer Fraktion Absprachen darüber, ob wir uns eine Ver­län­gerung bis zum Ende des Jahres vor­stellen können“, zitiert die Zeitung einen Unions-Abge­ord­neten; die Bereit­schaft hierzu sei „bei allen groß“ gewesen.

Damit würde dann noch ein wei­teres kom­plettes Halbjahr ein unna­tür­licher Zustand auf­recht­erhalten, in dem unter nor­malen Umständen weder zah­lungs- noch lebens­fähige Zombie-Firmen wei­ter­la­vieren können, ohne sich der Insol­venz­ver­schleppung oder des Bank­rotts schuldig zu machen.

Doch trotz dieser Mög­lichkeit, als Plei­te­firma straf­rechtlich unbe­helligt „scheintot“ wei­ter­zu­exis­tieren, kommt es auch gegen­wärtig bereits immer häu­figer zu Pleiten von Firmen, die infolge der Corona-Kata­strophe keine Über­le­bens­per­spektive mehr sehen. Als jüngsten Fall nennt „Bild“ den Sulinger Tra­di­tions-Schuh­her­steller Lloyd Shoes, der in Deutschland dau­erhaft seine Pro­duktion ein­stellen wird – weil der Umsatz infolge Zwangs­schließung der Geschäfte um ein Drittel ein­ge­brochen war.

Alleine hier fallen viele hundert Arbeits­plätze weg. Das Bei­spiel ist nur eines von vielen und lediglich die Spitze des Eis­bergs, denn die Plei­te­welle rollt früher oder später – allen poli­ti­schen Ver­brä­mungs­ver­suchen zum Trotz – gna­denlos an.

Nur ein Staat, in dem inzwi­schen fast jeder vierte Haushalt ein Erwerbs­ein­kommen aus dem öffent­lichen Dienst oder Trans­fer­leis­tungen bezieht, konnte sich ernsthaft so lange ein X für ein U vor­machen und ein­reden, es bliebe für die viert­größte Volks­wirt­schaft der Erde ohne Folgen, wenn die gesamte Wirt­schaft über Monate kom­plett her­un­ter­ge­fahren wird.

Denn anders als in den uns ständig als „noch weitaus härter betroffene“ Gegen­bei­spiele genannten anderen EU-Staaten – ist in der Bun­des­re­publik die Fallhöhe ungleich größer, steht hier weit mehr auf dem Spiel als in Staaten, die schon vor Corona wirt­schaftlich marode waren – oder wo, Stichwort Italien, der Schat­ten­wirt­schaft eine ganz andere Bedeutung zukommt.

Künst­liche Schein­ent­spannung – doch das dicke Ende kommt bestimmt

Doch nicht nur, dass der Schein trügt und eine wirt­schaft­liche Ent­spannung ange­nommen wird, die in Wahrheit nur künstlich vor­ge­gaukelt ist: Durch die Corona-Son­der­ge­setze werden markt­wirt­schaft­liche Gesetz­mä­ßig­keiten aus­ge­hebelt, die ansonsten für eine Selbst­re­gu­lation und Gesund­haltung der Märkte sorgen – worauf auch nam­hafte Wirt­schafts­experten hin­weisen; indem Firmen straffrei wei­ter­exis­tieren dürfen, die ein­ge­gangene Ver­pflich­tungen gar nicht erfüllen und finan­zielle Zusagen nicht erfüllen können, leidet die Ver­trau­ens­wür­digkeit und Zah­lungs­si­cherheit insgesamt.

Sanie­rungen werden ver­zögert, und nicht wett­be­werbs­fähige Firmen können sich scheinbar weiter im Geschäft halten. Fata­ler­weise ermög­licht Corona etlichen von diesen in Wahrheit not­lei­denden Betrieben, ihre Schwie­rig­keiten auf die Pan­demie zu schieben – obwohl sie eigentlich struk­tu­reller Natur sind oder auf ein nicht funk­tio­nie­rendes Geschäfts­modell zurück­zu­führen sind.

Doch es kommt noch dicker: Klaus-Heiner Röhl vom Institut der Deut­schen Wirt­schaft (IW) warnt gegenüber „Bild“ vor einem Domino-Effekt der Pleiten – und gibt zu bedenken, dass eine Insol­venz­welle mit­tel­fristig auch den Ban­ken­sektor bedroht, weil Plei­te­firmen ihre Ver­bind­lich­keiten nicht mehr begleichen können.

Der Allianz-Konzern hatte bereits auf dem Höhe­punkt der Pan­demie vor drei Monaten eben hiervor gewarnt – und neben der Ban­ken­krise einen mas­siven euro­pa­weiten Anstieg der Arbeits­lo­sigkeit pro­phezeit, dem bis zu neun Mil­lionen Jobs zum Opfer fallen könnten.

Bislang schien es vor allem in Deutschland so, als ob der Staat in seiner schier end­losen Frei­ge­bigkeit – und einer wie­der­ge­fun­denen Über­schul­dungslust, so als gäbe es kein Morgen – durch Ret­tungs­schirme, Sub­ven­tionen und Finanz­spritzen die gröbsten wirt­schaft­lichen Folgen würde abfedern können. Doch hier ist bereits jetzt das Ende der Fah­nen­stange erreicht: Ange­sichts von mil­li­ar­den­schweren Ret­tungs­pa­keten für die deutsche Wirt­schaft warnte gestern der Vor­sit­zende der CDU-Mit­tel­stands- und Wirt­schafts­union, Carsten Lin­nemann, dass auch die Mittel des Staates nicht unendlich seien:

„Der Staat kann nicht endlos Hilfe leisten“, sagte er der „Pas­sauer Neuen Presse„. Des­wegen for­derte der Uni­ons­frak­ti­onsvize ein Ende der „Bazooka-Politik“.
Statt­dessen brauche es jetzt „ziel­ge­richtete Hilfen“. Lin­nemann will in diesem Zusam­menhang gerade „im Kre­dit­be­reich nachbessern“.

„Too big to fail“ als Ein­tritts­karte in die Staatspleite

Doch auch durch Ver­la­gerung des Pro­blems auf die Banken, die immer mehr Kredite zu erleich­terten Kon­di­tionen, oft mit öffent­lichen Teil- oder gar Total­bürg­schaften ver­geben, lässt sich der Crash nicht auf­halten. Denn wenn sich die Wirt­schaft auf Jahre nicht oder nur langsam von der Coro­na­krise erholen sollte (wobei auch das genaue Gegenteil einer wei­teren Rezession gut möglich wäre!), dann könnten einige Geld­häuser in Deutschland in Exis­tenznot geraten, schreibt das „Han­dels­blatt“, und beruft sich dabei auf eine Mitte der Woche von der Unter­neh­mens­be­ratung Boston Con­sulting Group (BCG) vor­ge­stellten Studie.

Diese bestätigt, dass das Coro­na­krise zwar kurz­fristig das Kre­dit­ge­schäft anschiebt – dass auf längere Sicht unver­meid­liche Kre­dit­aus­fälle jedoch sogar füh­rende Institute in Exis­tenznot bringen könnten. Wenn sich dann erneut, wie bei der Finanz­krise 2007/2008, die Frage nach der „Sys­tem­re­levanz“ stellt der und die Regierung wieder für Bank­kon­zerne nach der Devise „too big to fail“ ein­springen muss, ist irgendwann der Staats­bankrott selbst in Deutschland vorprogrammiert.

Die kommt mög­li­cher­weise so oder so – denn die öffent­liche Ver­schuldung schießt durch alle Decken. Die Bun­des­länder planen aktuell eine massive Aus­weitung ihrer Ver­schuldung, um die Folgen der Coro­na­krise zu bekämpfen, wie aus einer „Spiegel„-Umfrage unter den 16 Finanz­mi­nis­terien der Länder her­vorgeht. Demnach sum­mieren sich die kre­dit­fi­nan­zierten „Son­der­ver­mögen“ und Nach­trags­haus­halte, die beschlossen sind oder vor­be­reitet werden, auf rund 95 Mil­li­arden Euro.

Mehr Schulden als für die Deutsche Einheit

Einige Länder, so „dts Nach­rich­ten­agentur“, wollen im Herbst über weitere Schulden in Mil­li­ar­denhöhe ent­scheiden. Besonders hoch soll die Neu­ver­schuldung in Bun­des­ländern aus­fallen, die soge­nannte „Son­der­ver­mögen“ zur Kri­sen­be­wäl­tigung gegründet haben. Dazu gehören bei­spiels­weise Bayern, Hessen, Nie­der­sachsen, Nord­rhein-West­falen und das Saarland.

Die offi­ziell aus­ge­wiesene Ver­schuldung der Bun­des­länder soll sich dabei auf rund 580 Mil­li­arden Euro belaufen. Son­der­ver­mögen seien „nichts anderes als eine Mög­lichkeit, Schulden zu ver­stecken“, zitiert der „Spiegel“ den Frei­burger Finanz­wis­sen­schaftler Bernd Raffelhüschen.

Die Länder stünden jedoch bereits vor einem rie­sigen Berg von Ver­pflich­tungen: den Pen­sions- und Ver­sor­gungs­an­sprüchen von Mil­lionen Beamten, Richtern und Ver­sor­gungs­emp­fängern. Raf­fel­hü­schen schätzt die Summe dieser ver­steckten Ver­schuldung auf etwa 1,5 Bil­lionen Euro; die Kosten für Flücht­linge, Asyl­be­werber und Fol­ge­lasten der Mas­sen­ein­wan­derung sind hier noch gar nicht berücksichtigt.

Corona toppt damit, zusammen mit den bereits ent­stan­denen öffent­lichen Mehr­kosten, schon mit der „ersten Welle“ die Kos­ten­di­mension der Deut­schen Einheit (die die Deut­schen seit drei Jahr­zehnten – und bis heute noch – abstottern müssen).

Wenn der große Crash mit Zeit­versatz kommt, wird uns dämmern, was hier eigentlich ange­richtet wurde, und man wird rück­schauend in vielen Aspekten die Frage der Ver­hält­nis­mä­ßigkeit neu stellen.

 


Quelle: journalistenwatch.com