Ter­ro­rismus: Eine Warnung aus dem Iran an Europa

Letzten Monat begann in Belgien der Prozess gegen Assa­dolah Assadi und drei weitere Iraner, die beschuldigt werden, 2018 einen Bom­ben­an­schlag in Paris geplant zu haben. Seit 2015 war Assadi der rang­höchste Offizier des ira­ni­schen Minis­te­riums für Geheim­dienst und Sicherheit in Europa, der zu dieser Zeit unter diplo­ma­ti­scher Tarnung in der ira­ni­schen Bot­schaft in Wien arbeitete. Er ist der erste ira­nische Regie­rungs­beamte, der von einem EU-Land wegen ter­ro­ris­ti­scher Straf­taten ange­klagt wird, trotz zahl­reicher von Teheran ange­ord­neter Anschlags­ver­suche auf EU-Boden.

(von Richard Kemp)

Staatlich unter­stützter Ter­ro­rismus ist nicht nur ein Akt an sich, sondern auch ein Instrument natio­naler Macht und Nötigung. Zusam­men­ge­nommen waren diese Anschläge eine bös­willige Bot­schaft und eine klare Bedrohung für Europa, die leider in London, Berlin, Paris und Brüssel wie beab­sichtigt auf­ge­nommen und umge­setzt wurde.

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Der geschei­terte Anschlag von Assadi wurde Berichten zufolge vom ira­ni­schen Prä­si­denten Hassan Rouhani ange­ordnet und vom Obersten Führer Ali Kha­menei genehmigt. Sein Ziel war eine Kund­gebung des Natio­nalen Wider­stands­rates des Iran, bei der 80.000 Anhänger anwesend waren und an der der ehe­malige kana­dische Pre­mier­mi­nister Stephen Harper, der Anwalt von Prä­sident Trump, Rudy Giu­liani, sowie mehrere bri­tische und euro­päische Abge­ordnete teil­nahmen. Bei dem Spreng­stoff, den Assadi angeblich mit einem kom­mer­zi­ellen Flug aus dem Iran nach Europa brachte, han­delte es sich um TATP, den­selben Typ, der 2017 bei einem dschi­ha­dis­ti­schen Anschlag in der Man­chester Arena in Groß­bri­tannien 22 Men­schen tötete und 800 ver­wundete, sowie bei den Bom­ben­an­schlägen in London am 7. Juli 2005, bei denen 52 Men­schen getötet und 700 ver­wundet wurden. Die Bot­schaft war klar. Im März drohte Assadi, der sich unter Berufung auf diplo­ma­tische Immu­nität geweigert hat, an seinem eigenen Prozess teil­zu­nehmen, mit Ver­geltung, falls er ver­ur­teilt wird. Auch die ira­nische Regierung warnte vor einer “ver­hält­nis­mä­ßigen Antwort” gegen Länder, die in den Prozess invol­viert sind.

Assadis Bom­ben­an­schlag wurde von euro­päi­schen Sicher­heits­be­hörden mit Hilfe von Geheim­dienst­in­for­ma­tionen ver­hindert, die von Israel bereit­ge­stellt wurden. Der Mossad hatte zuvor Infor­ma­tionen an den bri­ti­schen Geheim­dienst MI5 wei­ter­ge­geben, die es diesem ermög­lichten, einen anderen, vom Iran gesteu­erten Bom­ben­an­schlag im Jahr 2015 zu ver­eiteln. Ter­ro­risten, die mit dem ira­ni­schen Stell­ver­treter His­bollah in Ver­bindung stehen, hatten drei Tonnen Ammo­ni­um­nitrat im Norden Londons gelagert — das gleiche explosive Material, das Anfang des Jahres in Beirut solche Ver­wüs­tungen anrichtete. Die Menge in London war größer als das Ammo­ni­um­nitrat, das bei den Bom­ben­an­schlägen in Oklahoma City 1995 168 Men­schen tötete, 680 ver­letzte und Hun­derte von Gebäuden beschädigte.

Im selben Jahr wie der Lon­doner Anschlag wurde in Zypern, eben­falls ein EU-Mit­glied, ein wei­terer Bom­benplan der His­bollah auf­ge­deckt, diesmal mit 8,2 Tonnen Ammo­ni­um­nitrat, und wie­derum vom Mossad den zyprio­ti­schen Behörden offen­gelegt. Auch in Thailand hatte es 2012 einen Versuch gegeben und zwei Jahre nach der Auf­de­ckung des Lon­doner Plans gab es Hin­weise auf einen ähn­lichen Plan in New York. Im selben Jahr wie der Anschlag in Thailand ermordete die His­bollah fünf israe­lische Tou­risten und einen Fahrer, als sie einen Bus in Burgas in Bul­garien, einem wei­teren EU-Mit­glied­staat, in die Luft sprengten.

Vom Iran orga­ni­sierte Ter­ror­an­schlags­pläne wurden 2017 in Deutschland und 2018 in Dänemark auf­ge­deckt, beides EU-Mit­glieder, und eben­falls 2018 in Albanien, einem offi­zi­ellen Bei­tritts­kan­di­daten zur EU. In den Nie­der­landen, einem wei­teren EU-Staat, wurden 2015 und 2017 zwei nie­der­län­dische Staats­bürger ira­ni­scher Her­kunft auf Befehl aus Teheran ermordet.

Die Anschläge in EU-Ländern seit 2015 ereig­neten sich alle in der Zeit, als Groß­bri­tannien, Frank­reich, Deutschland und die EU aktiv am JCPOA, dem ira­ni­schen Atom­ab­kommen mit den P5+1, beteiligt waren. Die euro­päi­schen Reak­tionen waren vor­her­sehbar begrenzt, wobei viele ver­muten, dass die schwache Reaktion auf den Wunsch zurück­zu­führen ist, das JCPOA nicht zu gefährden. Bis zur Auf­de­ckung im Jahr 2019 durch eine Unter­su­chung des Daily Tele­graph über ter­ro­ris­tische Akti­vi­täten der His­bollah in Europa hielten die bri­ti­schen Behörden den Lon­doner Bom­ben­an­schlag von 2015 geheim, offenbar auf­grund des Drucks der Obama-Regierung, Details zu unter­drücken, um das Atom­ab­kommen nicht zu gefährden.

Trotz oder viel­leicht gerade wegen solcher ter­ro­ris­ti­scher Anschläge gegen sie spielten die EU-Staaten mit dem Iran mit und wei­gerten sich, den USA bei der Ablehnung des Atom­ab­kommens zu folgen, was zum Teil eine Reaktion auf die ira­nische regionale Aggression und das Spon­soring des inter­na­tio­nalen Ter­ro­rismus war. Anstatt sich Prä­sident Trumps Kam­pagne des “maxi­malen Drucks” anzu­schließen, um das Ver­halten des Irans zu ändern, unter­stützten die Europäer Teheran und unter­gruben die USA, indem sie sogar ver­suchten, die ame­ri­ka­ni­schen Wirt­schafts­sank­tionen zu unter­laufen, indem sie ein Finanz­in­strument, INSTEX, ein­rich­teten, um den wei­teren Handel mit dem Iran zu ermög­lichen. Die euro­päi­schen Regie­rungen haben sich auch nicht gegen die Auf­hebung der UNO-Sank­tionen für kon­ven­tio­nelle Waffen gegen den Iran in diesem Jahr aus­ge­sprochen und sich geweigert, die Rück­nahme der US-Sank­tionen nach den ekla­tanten Ver­stößen des Iran gegen das Atom­ab­kommen zu unterstützen.

Letztes Jahr ver­hängte die EU nach den Ter­ror­an­schlägen in Paris und Dänemark im Jahr 2018 wider­willig sym­bo­lische Finanz­sank­tionen gegen einen Teil des ira­ni­schen Minis­te­riums für Geheim­dienst und Sicherheit und zwei Beamte. Indem sie ihre eigenen Maß­nahmen unter­gruben und einen Kotau vor Teheran machten, während sie diese begrenzten Maß­nahmen ankün­digten, betonten EU-Beamte ihre anhal­tende Unter­stützung für das JCPOA und ihre Absicht, wei­terhin mit dem Iran Handel zu treiben. Seitdem haben die EU-Führer laut­stark gegen die Eli­mi­nierung von Qasem Sol­eimani, dem Draht­zieher der gegen sie gerich­teten ter­ro­ris­ti­schen Ope­ra­tionen des Irans, und Mohsen Fakhrizadeh, Atom­wis­sen­schaftler und Sol­ei­manis Gene­ral­skollege im Korps der Isla­mi­schen Revo­lu­ti­ons­garden, einer ver­bo­tenen ter­ro­ris­ti­schen Orga­ni­sation, die für die Ermög­li­chung von Anschlägen in Europa ver­ant­wortlich ist, protestiert.

Groß­bri­tannien, Deutschland und vor allem Frank­reich hatten während der Ver­hand­lungen mit dem Iran große Vor­be­halte gegen das JCPOA, vor allem wegen der Ver­falls­klauseln, die es erlaubten, Bestim­mungen aus­laufen zu lassen, die Teherans Zugang zu nuklearem Material und fort­ge­schrit­tener Tech­no­logie ein­schränkten und in Wirk­lichkeit den Weg zur Bombe ebneten. Sie wurden jedoch durch Prä­sident Obamas Ent­schlos­senheit, trotz ira­ni­scher Unnach­gie­bigkeit sein Erbe zu sichern, dazu gebracht, das feh­ler­hafte Abkommen zu akzep­tieren. Ihr Ver­sagen, Washington aus dem Abkommen zu folgen, war eher auf fehl­ge­leitete Loya­lität zu Obama, Ver­achtung für Prä­sident Trump und den Wunsch zurück­zu­führen, den Iran zu beschwich­tigen, als auf echtes stra­te­gi­sches Kalkül.

Jetzt finden sie sich in einem fal­schen und höchst gefähr­lichen Atom­ab­kommen wieder, das die Kon­fron­tation mit einem nuklear bewaff­neten Iran einfach auf künftige Gene­ra­tionen ver­lagert. Der desi­gnierte Prä­sident Biden und seine zukünf­tigen Regie­rungs­ver­treter haben ihre Absicht deutlich gemacht, zu dem Abkommen zurück­zu­kehren, und der Iran will unbe­dingt, dass sie dies tun, um den exis­ten­zi­ellen Druck auf seine Wirt­schaft durch die aktu­ellen US-Sank­tionen zu lindern und den Weg für seinen nuklearen Durch­bruch frei zu machen. Natürlich wird Teherans Enthu­si­asmus, das Abkommen wieder auf­leben zu lassen, sorg­fältig als das Gegenteil getarnt werden, während sie auf noch güns­tigere Bedin­gungen als beim letzten Mal drängen.

Befreit von ihrer selbst­zer­stö­re­ri­schen Ver­achtung für Trump, wird es bald eine Gele­genheit für die euro­päi­schen Regie­rungen geben, endlich in ihrem eigenen Interesse und dem ihrer Kinder zu handeln, indem sie Biden davon über­zeugen, nur ein Abkommen mit Teheran zu akzep­tieren, das die nuklearen Ambi­tionen der Aya­tollahs wirklich ein­schränkt und ihre regionale Aggression ein­dämmt. Zuerst müssen sie sich jedoch ihren eigenen Ängsten vor dem Iran stellen.

Der Iran lan­cierte die zahl­reichen poten­ziell ver­hee­renden Ter­ror­an­schläge in Europa, in einer kri­ti­schen Phase für das Atom­ab­kommen und das Über­leben des ira­ni­schen Regimes, als eine an London, Paris, Berlin und Brüssel gerichtete Bot­schaft. Die Ziele waren ira­nische Oppo­si­tio­nelle. Es war prak­tisch, sie zu ermorden, um andere Dis­si­denten abzu­schrecken und Europa davor zu warnen, sie zu beher­bergen oder zu unter­stützen. Aber es war nicht not­wendig, vor allem ange­sichts des Risikos einer mög­lichen Gegen­re­aktion aus Europa. Die Führung hätte dies nicht getan, wenn sie tat­sächlich schäd­liche Ver­gel­tungs­maß­nahmen befürchtet hätte.

Die ira­nische Führung ordnete diese Angriffe an, um ihre ver­meint­liche Stärke zu demons­trieren und um die Europäer direkt vor den Gefahren eines Auf­be­gehrens zu warnen. Sie betrachten die Europäer, wie auch die Ame­ri­kaner, mit Ver­achtung, als schwach und dekadent, ohne den Mut oder die Ent­schlos­senheit, für ihre eigenen Inter­essen ein­zu­treten, als Men­schen, mit denen sie leicht­fertig umgehen können, wie es ihnen beliebt, wie sie es in der Ver­gan­genheit wie­derholt getan haben. Prä­sident Trump gab ihnen zu denken, vor allem als er den Tod von Qasem Sol­eimani anordnete, der in seiner Bedeutung nur noch hinter dem Obersten Führer selbst zurück­steht. Sie setzen größere Hoff­nungen auf Biden, von dem sie erwarten, dass er sich mehr zurückhält.

Wir können sicher sein, dass der Oberste Führer sich über die Ergeb­nisse seiner Bot­schaft gefreut hat: ein Nie­der­kauern in Europa, mit nur schwachen und sym­bo­li­schen Reak­tionen, begleitet von einer ver­zwei­felten, fle­henden Ver­si­cherung, dass die Ziele seiner Aggression immer noch seine Freunde sind. Wenn es jemals eine Lektion gab, dass Appeasement scheitert und Stärke Erfolg hat, dann ist es diese. Die euro­päi­schen Regie­rungen müssen jetzt ihre eigene Stärke zeigen, oder sie müssen sich der fort­ge­setzten ira­ni­schen Nötigung stellen – einer Nötigung, die von bös­ar­tigen Akteuren in der ganzen Welt von Moskau über Peking bis Pjöngjang beob­achtet werden wird, mit offen­sicht­lichen Folgen. Abge­sehen von diesem stra­te­gi­schen Impe­rativ, können es sich die Europäer wirklich leisten, einem so unge­heuer feind­se­ligen und mani­pu­la­tiven Regime wie Teheran zu erlauben, Atom­waffen zu erwerben?

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Colonel Richard Kemp ist ein ehe­ma­liger Kom­mandeur der bri­ti­schen Armee. Er war auch Leiter des Teams für inter­na­tio­nalen Ter­ro­rismus im bri­ti­schen Kabi­nettsbüro und ist jetzt Autor und Redner zu inter­na­tio­nalen und mili­tä­ri­schen Angelegenheiten.


Quelle: gatestoneinstitute.org