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Fünf Wirt­schafts­weise – sind es jetzt nur noch vier?

Wirt­schaftsprof. Lars Feld fliegt aus dem Sach­ver­stän­di­gungsrat — Unter der CDU-Katze Merkel tanzen ihre SPD-Mäuse einen Reigen

(von Albrecht Künstle)

Der Sach­ver­stän­di­genrat zur Begut­achtung der gesamt­wirt­schaft­lichen Ent­wicklung, umgangs­sprachlich die fünf Wirt­schafts­weisen genannt, ist ein Gremium, das im Jahr 1963 durch einen gesetz­lichen Auftrag ein­ge­führt wurde. Ziel ist die peri­odische Begut­achtung der gesamt­wirt­schaft­lichen Ent­wicklung zur Erleich­terung der Urteils­bildung aller wirt­schafts­po­li­tisch ver­ant­wort­lichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit.

Zu diesem Zweck wird jährlich ein Gut­achten erstellt, das die Bun­des­re­gierung für ihren Jah­res­wirt­schafts­be­richt erhält. Darüber hinaus kann der Sach­ver­stän­di­genrat von der jewei­ligen Bun­des­re­gierung mit der Erstellung von Son­der­gut­achten beauf­tragt werden oder selbst ein Son­der­gut­achten erstatten, wenn auf ein­zelnen Gebieten eine Gefährdung der gesamt­wirt­schaft­lichen Ziele erkennbar ist. Dieser Punkt ist jetzt erreicht.

Nun zeichnet sich eine wirt­schafts­wis­sen­schaft­liche Gefährdung ab. Seit zehn Jahren gehörte der Frei­burger Finanz­wis­sen­schaftler Prof Lars Feld diesem Sach­ver­stän­di­genrat an und wurde im März 2020 zum Vor­sit­zenden gewählt. Einen Monat später rückten Veronika Grimm und Monika Schnitzer in das Gremium nach. Und seither hängt der Haus­segen schief. Denn Lars Feld ist ein Wirt­schafts­li­be­raler und Leiter des Frei­burger Walter-Eucken-Instituts.

Das Walter-Eucken-Institut e.V. ist eine sozial- und wirt­schafts­wis­sen­schaft­liche For­schungs­ein­richtung im Umfeld der Albert-Ludwigs-Uni­ver­sität Freiburg. Sie wurde 1954 unter Mit­hilfe Ludwig Erhards gegründet und befasst sich ins­be­sondere mit ord­nungs­po­li­ti­schen und ‑öko­no­mi­schen Fra­ge­stel­lungen im Sinne des Ordo­li­be­ra­lismus der „Frei­burger Schule“.

Prof. Feld ist „Ord­nungs­po­li­tiker“, er ver­tritt die Prin­zipien von Markt und Wett­bewerb. Das ist im Merkel-Deutschland nicht mehr selbst­ver­ständlich. Seine Position führte offen­sichtlich zu einem Streit in der Regie­rungs­ko­alition. Man sollte nun meinen, dass die CDU-Kanz­lerin noch etwas zu sagen hat. Ent­weder ist das nicht der Fall, oder sie will nichts anderes als die SPD-Minister ihrer Regierung. Und diese will einen Kan­di­daten, der näher an der wirt­schaft­lichen SPD-Ideo­logie ist: Z.B. der Düs­sel­dorfer Volks­wirt­schaftler Jens Südekum.

Der SPD-Schul­den­mi­nister Olaf Scholz wollte schon vor einem Jahr das Groß­ka­liber DIW-Chef Marcel Fratz­scher als Sach­ver­stän­digen – ver­ständlich. Das DIW ist eher links ori­en­tiert, Fratz­scher sieht in Schulden kein Problem und plä­diert für die Abschaffung der Schul­den­bremse, damit der Staat mehr Geld inves­tieren und ver­teilen kann. Und: „Fratz­scher ist ein Cla­queur der SPD“, schrieb die F.A.Z. Lars Feld will die Schul­den­grenze eher bei­be­halten, jeden­falls die jetzt erhöhte Ver­schuldung wieder zurückführen.

Auch auf der Linken gibt es „Ord­nungs­po­li­tiker“: Ordentlich wäscht eine Hand die andere. Der SPD-FiMi Scholz wünscht sich einen SPD-Sach­ver­stän­digen als Wirt­schafts­weisen. Die SPD-betei­ligte Bun­des­re­gierung schlägt einen SPDler vor. Und dieser wird ernannt von wem? Vom Bun­des­prä­si­denten Stein­meier mit SPD-Par­teibuch. Und dieser Sach­ver­stän­di­genrat spielt dann dem SPD-Finanz­mi­nister Bälle zu, die es gar nicht gibt. Die Frage der Besetzung des Sach­ver­stän­di­genrats ist im Grunde ein wirt­schafts- und finanz­po­li­ti­scher Rich­tungs­streit, den die Badische Zeitung als „Sturm im Was­serglas“ her­un­ter­spielt. Dieses Gremium scheint aber auf dem Weg zu sein, der reinen Kom­man­do­wirt­schaft das Wort zu reden.

Eine Frage: Warum stellt sich diese SPD über­haupt noch zur Wahl und muss dann immer nach ihren Wählern schielen – auch wenn es wenige sind. Es reicht doch völlig aus, die beste SPD-Kanz­lerin an der Seite zu haben, welche diese Partei je hatte. Der Nicht-SPDler Lars Feld ist jeden­falls raus, am 28. Februar wird sein Rat­schlag vor die Türe gesetzt. Und die Grünen? Die geben für das alles grünes Licht.