Am Mittwoch, den 4.März 2021 fiel im Landtag Nordrhein-Westfalen ein Urteil, welches in naher Zukunft wohl noch für einigen Gesprächsstoff sorgen wird. Mit der Mehrheit der regierenden Fraktion bestehend aus CDU und FDP konnte mithilfe einiger Stimmen der Alternative für Deutschland (AfD) ein Gesetz zur Justizneutralität verabschiedet werden. Dies bedeutet ein Verbot für “weltanschaulich konnotierte Kleidung”, welche vor allem religiöse Symbole einbezieht.
Das beschlossene Gesetz der ansässigen Landesregierung betrifft grundsätzlich alle Berufstätigen des Justizbereiches in Nordrhein-Westfalen. Während die zuvor erwähnten Parteien die Umsetzung erwirkten, enthielt sich die SDP der Stimme während die Grünen ein klares Veto einlegten. Das Gesetz soll insbesondere darauf abzielen, eine stetig gewahrte Neutralität in den betroffenen Gerichten sicherzustellen. “Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Neutralität der Justiz” — so lauten die Eckpunkte der umgesetzten Gesetzesnovelle. Dies betrifft vor allem Angestellte muslimischen Glaubens: Herren müssen ihre Richterkleidung sorgfältiger auswählen und auch Damen, welche während ihres Berufsalltags Kopftücher tragen, können dies in Zukunft nur in der Freizeit. Neben Richtern und Personen mit Assistenzfunktionen gilt die Regelung allerdings auch für ehrenamtliche Schöffen und Justizbeschäftigte.
Jene neue Bestimmung wird nach Einschätzung vieler Medien noch einiges an Diskussionen und Kontroversen mit sich bringen — ausgewählte Persönlichkeiten sehen damit sogar die Grundpfeiler der Demokratie in Gefahr. Nichtsdestotrotz verteidigt Peter Biesenbach, Justizminister der CDU die Absegnung jenes Gesetzesentwurfs: “In einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft müsse auf die Neutralität der Justiz geachtet werden. Justizangehörige des Landes NRW dürften durch ihr Erscheinungsbild nicht den geringsten Anschein von Voreingenommenheit erwecken. Es gehe darum, auf die Wahrung der Neutralität der dritten Staatsgewalt zu achten”. Während dieser Schilderungen im Landtag betonte Biesenbach außerdem, dass selbst der geringste Anschein einer Voreingenommenheit dadurch effektiv verhindert werden könnte. Dabei berief er sich insbesondere auf die derzeitigen Zustände im Justizvollzug. Eine fehlende Neutralität in diesem Bereich würde zu einem Wachstum an emotionalen Entscheidungen in Gerichtssälen führen.
Aus den Lagern der anderen Parteien gingen sehr unterschiedliche Reaktionen hervor. Die SPD positionierte sich grundlegend als Unterstützer des eigentlichen Anliegens. Kritik erhielten die Regierungsparteien hier von juristischer Seite — Rechtsexpertin Sonja Bongers war in etwa fest davon überzeugt, dass für jenen Schritt kein neuer Gesetzesbeschluss notwendig gewesen sei. “Eine Verankerung im bestehenden Justizgesetz hätte genügt” wird die Abgeordnete zitiert. Deutlich schärfere Kritik gab es vonseiten der grünen Landtagsfraktion. Abgeordneter Stefan Engstfeld führte dazu aus, dass jenes Gesetz weit über das tatsächliche Ziel hinausschießen würde. “Das Neutralitätsgebot steht auch für die Grünen außer Frage. Das Gesetz differenziere aber zu wenig nach den Berufsgruppen, beurteile Menschen nach ihrer Optik und grenze bestimmte Bevölkerungsgruppen aus”, heißt aus dem Lager der Partei. Aufgrunddessen sieht auch Stefan Engstfeld jenes Gesetz verfassungsrechtlich als “äußerst fragwürdig” an. Zu jenem Standpunkt legte Justizminister Biesenbach Widerspruch ein und verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020. Hier hieß es, dass das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen mit dem Grundgesetz übereinstimmt.