Vera Lengsfeld: Nicht nur klagen, öffnen!

Mit jedem Tag werden die Corona-Zwangs­maß­nahmen absurder, das Poli­tik­ver­sagen offen­sicht­licher und die Kako­phonie in der Politik schriller. Derweil wachsen die volks­wirt­schaft­lichen Schäden. Man gewinnt inzwi­schen den Ein­druck, dass der Lockdown mit allen Mitteln ver­längert werden soll, mög­lichst bis nach der Bun­des­tagswahl, um das Ausmaß der ange­rich­teten wirt­schaft­lichen Zer­stö­rungen so spät wie möglich sichtbar werden zu lassen.

Lange, viel zu lange, haben die Bürger den Aus­nah­me­zu­stand mit Geduld ertragen. Das ist zwei­fellos ein Erfolg der Corona-Pro­pa­ganda, die täglich auf die Bevöl­kerung nie­der­prasselt. Von morgens bis abends Infek­tions- und Toten­zahlen, gar­niert mit War­nungen vor einem zusam­men­bre­chenden Gesund­heits­system, vor Mutanten, zweiten und dritten Wellen. Die damit erzeugte Angst und Panik hat die von den Corona-Maß­nahmen wirt­schaftlich Betrof­fenen stumm auf Staats­hilfe warten lassen, statt kri­tische Fragen zu stellen.

Alle, die dennoch von Anfang an Fragen gestellt haben nach der Soli­dität der Grund­lagen, auf denen poli­tische Ent­schei­dungen gefällt wurden und den Preis, den die Still­legung ganzer Erwerbs­zweige fordern würde, wurden mit einer kruden Gegen­pro­pa­ganda als Coro­na­leugner dif­fa­miert und stig­ma­ti­siert. Das hatte Folgen: Solchen Leugnern wurde schon mal das Konto gekündigt, kein Tief­ga­ra­gen­platz ver­mietet, das Haus beschmiert, das Auto beschädigt oder gar abge­fa­ckelt. Im besten Deutschland, das wir je hatten, kann jeder seine Meinung sagen, wenn er mit den Folgen zu leben vermag.

Was mit jedem Tag klarer wird, ist, dass die Kri­tiker in fast allen Punkten Recht hatten. Die Frage nach dem Preis der Lock­downs wird von den Ver­ant­wort­lichen bis heute nicht gestellt, auch nachdem offen­sichtlich wird, dass er höher ist als alle Schäden, die das Virus ange­richtet hat.

Hat die Regierung je eine Lage­analyse gemacht, die diesen Namen ver­dient? Nein. Haben die Medien eine solche Analyse ange­mahnt? Auch nicht. Hat die Politik eine Stra­tegie zum Schutz der Risi­ko­gruppen ent­wi­ckelt? Bis heute nicht. Statt, wie Boris Palmer das in Tübingen vor­ge­macht hat, kon­se­quent die Alten- und Pfle­ge­heime zu schützen, wurde die gesamte Bevöl­kerung in Iso­la­ti­onshaft genommen.

Statt, wie im März 2020 von der Kanz­lerin noch ver­sprochen, als not­wendig erachtete Grund­rechts­ein­schrän­kungen ständig zu über­prüfen und so bald wie möglich auf­zu­heben, ist jetzt das Gegenteil der Fall. Sie werden mit immer neuen, an den Haaren her­bei­ge­zo­genen Begrün­dungen auf­recht­erhalten. Nicht nur das. Unsere unver­äu­ßer­lichen Grund­rechte wurden inzwi­schen von Merkel und Kon­sorten zu „neuen Frei­heiten“ erklärt, die folg­samen Bürgern von der Regierung zuge­teilt und auch wieder ent­zogen werden können.

Die Sinn­haf­tigkeit der Corona-Maß­nahmen wurde nie über­prüft. Ihre Absur­dität kommt auch darin zum Aus­druck, dass in bestimmten Läden, die unter Auf­lagen offen­bleiben durften, ganze Regale mit Plas­tik­folie ver­hüllt wurden, weil die darin befind­liche Ware nicht ver­kauft werden durfte.

In Thü­ringen konnten Fuß­pfleger kurze Zeit, nachdem Minis­ter­prä­sident Bodo Ramelow öffentlich geäußert hatte, dass er gern wieder ihre Dienste in Anspruch nehmen würde, plötzlich wieder arbeiten. Die Öffnung vollzog sich aber ohne große Publi­zität, anscheinend, damit der mög­liche Zusam­menhang nicht auf­fallen sollte. Bei der Pediküre darf aber nicht mas­siert und kein Nagellack ver­ab­reicht werden. Solche Ver­fü­gungen sind Aus­druck eines irra­tio­nalen, unreifen Gebarens einer sichtlich über­for­derten, ver­un­si­cherten Verwaltung.

„Wie der Herr, so das Gescherr“, ist ein altes deut­sches Sprichwort, dessen Wahr­heits­gehalt uns tag­täglich vor Augen geführt wird. Das Ver­sagen der Ver­waltung spiegelt nur das Poli­tik­ver­sagen wider.

„In der Regie­rungs­kunst“, urteilte die ame­ri­ka­nische His­to­ri­kerin Barbara Tuchmann, „bleiben die Leis­tungen der Menschheit weit hinter dem zurück, was sie auf fast allen anderen Gebieten voll­bracht hat.“ Inzwi­schen sind wir einen Schritt weiter, denn die „Regie­rungs­kunst“ zer­stört inzwi­schen die Fort­schritte, die vom Rest der Gesell­schaft erzielt werden.

In Deutschland wurde der erste und offenbar wir­kungs­vollste Impf­stoff gegen Corona ent­wi­ckelt. Nur pro­fi­tieren gerade die Deut­schen nicht davon. Kanz­lerin Merkel dele­gierte die Impf­stoff­be­schaffung an die inkom­pe­tente Ursula von der Leyen, die es prompt ver­mas­selte. Die Folge ist, dass Deutschland in Europa auf Platz 25 von 27 bei der Impfung der Bevöl­kerung ran­giert. Natürlich liegt das nicht nur am feh­lenden Impf­stoff, sondern an zahl­losen Orga­ni­sa­ti­ons­mängeln, die im ehemals für seine Effi­zienz weltweit bewun­derten Deutschland inzwi­schen all­täglich sind.

Aber auch hier stinkt der Fisch vom Kopf. In Merkel-Deutschland hat Regie­rungs­ver­sagen kei­nerlei Kon­se­quenzen mehr. Frau von der Leyen kann sich der Unter­su­chung dubioser Ver­ga­be­prak­tiken bei Bera­ter­ver­trägen ent­ziehen, indem sie ihre Han­dy­daten löscht und zur EU-Kom­mis­si­ons­chefin befördert wird. Ver­kehrs­mi­nister Andreas Scheuer muss trotz ver­schleu­derter Steu­er­mil­li­arden wegen unpro­fes­sionell geschlos­sener Bera­ter­ver­träge nicht zurück­treten, Gesund­heits­mi­nister Spahn kann am Morgen des 20. Oktober 2020 noch öffentlich im ZDF-Mor­gen­ma­gazin ver­künden, dass private Zusam­men­künfte „Haupt­an­ste­ckungs­punkte“ seien, auf die ver­zichtet werden sollte. Am Abend trifft er sich jedoch zum Dinner mit Geschäfts­leuten. Da gibt es einen kurzen Auf­reger, aber ein Grund zu recher­chieren, wie weit sich Poli­tiker selbst an die Maß­nahmen halten, die sie ver­künden, scheint es für die Medien nicht zu geben.

Auf dem digi­talen CDU-Par­teitag stand die Par­tei­spitze vor der Kamera mit Maske und Abstand von­ein­ander. Hinter der Kulisse fiel man sich mas­kenlos zur Begrüßung in die Arme. Dass die anwe­senden Poli­zei­be­amten ein­ge­schritten wären, ist nicht bekannt. Aber wenn sich Jugend­liche in einem Ham­burger Park mit Umarmung begrüßen, werden sie mit Poli­zei­wagen gejagt. Als Kinder rodelten oder Schlitt­schuh liefen, griffen Polizei und Ord­nungsamt ein, ver­jagten die Kinder von der Eis­fläche oder machten die Rodelbahn über Nacht unbrauchbar. Beides geschehen in Berlin.

Nun scheint sich die Geduld der Deut­schen doch zu erschöpfen.

Media­Markt, Saturn, die Bau­markt­kette Obi sowie die Tex­til­ketten Peek&Cloppenburg (Düs­seldorf) und Breu­ninger ziehen jetzt vor Gericht. „Wir haben Klagen vor den Ver­wal­tungs­ge­richts­höfen in Baden-Würt­temberg, in Hessen, in Nord­rhein-West­falen, in Thü­ringen und Sachsen ein­ge­reicht – überall dort, wo wir Häuser haben. Ziel ist die sofortige Aus­setzung der Lockdown-Maß­nahmen, weil sie nicht ver­hält­nis­mäßig sind und eine Ungleich­be­handlung gegenüber dem Lebens­mit­tel­handel bedeuten“, sagte, wie NWZ online berichtete, ein Breu­ninger-Sprecher. Alter­nativ fordere das Unter­nehmen Ent­schä­di­gungen. Zwei­teres sehe ich als Fehler. Die Unter­nehmer sollten Staats­hilfe ablehnen und kon­se­quent ihr Recht auf freien Handel ein­fordern. Nicht nur klagen, sondern einfach öffnen. Wenn an einem bestimmten Tag, zum Bei­spiel am 1. März das alle tun würden und genügend Kunden kämen, wäre der Corona-Spuk von einem Tag auf den anderen vorbei.

In Corona-Deutschland regiert noch die Angst. Was bewirkt werden kann, wenn man die Angst über­windet, zeigt die Fried­liche Revo­lution der DDR. Als genügend Men­schen auf die Straße gingen, war das SED-Regime bald Geschichte.


Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de