Schamlos den Staat zur Beute machen: Schnell noch 200 Beför­de­rungen vor der Bundestagswahl

Die Ampel­ko­ali­ti­ons­ver­hand­lungen schleppen sich dahin, und es ist kein Ende in Sicht. Ob es über­haupt jemals etwas wird mit den Koali­ti­ons­ver­hand­lungen, steht in den Sternen. Es gibt bereits Spe­ku­la­tionen über Neu­wahlen. Wäh­rend­dessen, auch wenn sie sich im Hin­ter­grund hält: Frau Dr. Angela Merkel ist derweil immer noch Bun­des­kanzler. Selt­sa­mer­weise inter­es­siert das alles irgendwie auch nie­manden mehr so wirklich. Die Deut­schen haben andere Sorgen und dass irgend­etwas unter einer irgendwie neu geam­pelten Regierung besser würde, glaubt auch niemand mehr. Die da oben machen eh, was sie wollen.

Bezeichnend ist es auch, dass die Regie­rungs­par­teien noch kurz vor den Wahlen ihre „Stake­holder“ –  unter Welt­re­gie­rungschef Klaus Schwab eine neu­er­dings breit akzep­tierte Bezeichnung für Ein­fluss­agenten – zackzack auf gut bestallte Posten gehievt hat. Und wo keine Position frei war, da wurde eine geschaffen: 71 neue Stellen (die es bisher nicht gebraucht hatte) wurden neu erfunden, um den Par­tei­freunden eine Besol­dungs­stufe B3 (8.762 €) oder sogar B6 (10.412 €) zur Sicherung eines gol­denen Lebens­abends ange­deihen zu lassen. Wo die bestehenden Stellen zwar schon richtig besetzt waren, aber eben nicht ein­träglich genug, wurden sie im Besol­dungsrang aufgewertet.

Die Aktion startete relativ unauf­fällig bereits im Januar: 129 Beamte erfreuten sich einer Beför­derung von Besol­dungs­stufe ab A15 (5.670 €) auf deutlich höhere Positionen.

Dabei geht es natürlich nicht nur um die Bevor­zugung von Par­tei­freunden. Das alte Sprichwort der Römer „Do ut des“ (ich gebe, damit Du gibst) ist auch hier die Trieb­feder. Die Stake­holder auf den wich­tigen Posten werden den Inter­essen ihrer Partei selbst­ver­ständlich treu dienen. Der Staat als Selbst­be­die­nungs­laden für Par­tei­in­ter­essen und Seil­schaften. Sowas unter­stellte man früher Staaten, die von Kor­ruption und Vet­tern­wirt­schaft durch­seucht waren.

Es geht auch darum, genügend „eigene Leute“ an den Schalt­stellen sitzen zu haben, um nach der Wahl auch robust agieren zu können. So kann man, wenn die Wahl unglück­li­cher­weise nicht den eigenen Erwar­tungen ent­sprochen hat, die neue Regierung maximal sabo­tieren, wert­volle Insi­der­infor­ma­tionen aus den neuen Füh­rungs­po­si­tionen der ver­schie­denen Minis­terien erhalten, nach­rü­ckende Beamte der Gegen­seite behindern und die bereits instal­lierten Leute aus den eigenen Reihen protegieren.

Genau das meint die Seite „Business Insider“, wenn sie schreibt:

„Eigentlich gehört es zu den poli­ti­schen Gepflo­gen­heiten, dass Top-Jobs in Minis­terien und Behörden im Jahr einer Bun­des­tagswahl nur noch in Aus­nah­me­fällen neu besetzt werden. Der Grund liegt auf der Hand: So soll bei einem Macht­wechsel ver­mieden werden, dass neue Minister mit mög­li­cher­weise illoyalen Mit­ar­beitern in der Ver­waltung arbeiten müssen. ‚Es ent­spricht der poli­tisch gebo­tenen Zurück­haltung, dass eine geschäfts­füh­rende Bun­des­re­gierung eine künftige Bun­des­re­gierung nicht durch Per­so­nal­maß­nahmen unan­ge­messen prä­ju­di­ziert‘, erklärt ein Regie­rungs-Sprecher auf Anfrage.“ 

Von einer poli­tisch gebo­tenen Zurück­haltung war jedoch nichts zu sehen. Wie der Business Insider berichtet, konnten „Stellen, wie der stell­ver­tre­tende Leiter der Per­sonal-Abteilung, die seit 2018 vakant war“, von Frau Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin Kramp-Kar­ren­bauer „nun plötzlich doch noch zu Ende Sep­tember besetzt“ werden. Ein ähn­liches Bild zeigt sich in diversen Dienst­stellen der Bun­deswehr. Der Business Insider ver­öf­fent­lichte kom­plette Listen der emsigen Stakeholder-Platzierungen.

Kurz vor der Wahl wurde besonders fie­berhaft befördert. Und damit das nicht allzu offen­sichtlich war – aber dennoch ent­deckt wurde – wurde es nicht an die große Glocke gehängt und her­um­ge­schummelt. Das Kabinett hätte über die Besol­dungen in der Gruppe B ent­scheiden müssen, nach dem ihm „‘Vor­schläge zur Ernennung von Beamten, die jederzeit in den einst­wei­ligen Ruhe­stand ver­setzt werden können‘ unter­breitet werden müssen“ als auch Vor­schläge zur Ernennung „von sons­tigen Beamten, die nach der Besol­dungs­ordnung feste Gehälter beziehen, sowie von Minis­te­ri­al­räten und Minis­te­ri­al­be­amten gleichen Ranges“.

Um das zu unter­laufen, wurden den Betref­fenden teil­weise der neue Posten schon formell über­tragen, nur die for­melle Ernennung nicht voll­zogen. Und voilá, so musste das Ganze nicht dem Kabinett vor­gelegt werden. Das ist wie wilde Ehe ohne Ehe­schließung. Einfach Fakten schaffen — und so kommt eine neue Bun­des­re­gierung gar nicht drum­herum, die offi­zielle Ernennung danach auch durch­zu­ziehen, weil die Stelle de facto eben schon besetzt ist.

Die Presse berichtete darüber eher zurück­haltend. Nur relativ unbe­kannte oder etwas regie­rungs­fernere Seiten nehmen die Recherche des Business Insider auf. So titelt snanews: „Bun­des­re­gierung nimmt binnen sechs Monaten 195 Beför­de­rungen in Top-Jobs vor“ und die Kreis­zeitung „Last-Minute-Beför­de­rungen: Plötzlich geht die Vet­tern­wirt­schaft los“. Der linke Tages­spiegel spottet: „Ope­ration Abend­sonne“ – Regierung schafft 71 neue hoch­be­zahlte Stellen.

Der Kanz­ler­amtschef Helge Braun (CDU) kri­ti­sierte zwar diese Orgie an Kun­gelei, die ein bisher so noch nicht dage­we­senes Ausmaß ange­nommen hatte. Dabei ist das nur noch der Schluss­akkord. Seit 2005 wurden unter Frau Dr. Merkels Kanz­ler­schaft stikum 4.600 zusätz­liche Stellen geschaffen. Der Nie­dergang Deutsch­lands zeigt sich auch hier. Die Politik betrachtet den Bürger als Untertan und den Staat als Selbst­be­die­nungs­laden. Und Protest und Bür­gerzorn wird einfach ausgesessen.

Neu­er­dings zeigt sich, dass Bun­des­kanzler Frau Dr. Angela Merkel sogar Wahlen einfach aus­sitzen kann.