Prinz Andrew ange­klagt wg. Miss­brauchs – Queen ent­zieht ihm alle mili­tä­ri­schen Ehren

Nicht immer können sie sich raus­winden und einfach davon­spa­zieren, die Reichen und Wich­tigen dieser Welt. Das ist so unter­schwellig der Tenor in vielen Artikeln und Leser­kom­men­taren. Prinz Andrew, der Lieb­lingssohn der bri­ti­schen Königin, glaubte, davon­kommen zu können. Sicher­sicher, eine pein­liche Sache das, aber er würde doch nie vor einem Gericht stehen, wie ein dummer Bür­ger­licher. Er, der Königssohn, Sohn einer der Reichsten der Welt! Nun, doch so ist es. Eine kleine Teen­agerin war es damals, das junge Mädchen, dass Jeffrey Epstein zum Amu­sement seines Freundes, des Prinzen, zur Ver­fügung gestellt hatte. Hüb­sches, junges Blut – nur leider nicht voll­jährig. Und das fällt dem könig­lichen Spross jetzt auf die Füße.

Lässig hatte Seine König­liche Hoheit einen Antrag auf Abweisung einer Miss­brauchs­klage dieses damals jungen Mäd­chens gestellt. Die Anwälte des Hofes Ihrer Majestät der Königin Elizabeth II. hatten gefordert, die Zivil­klage von Vir­ginia Giuffre abzu­weisen. Man war sie­ges­sicher. Das Opfer des Mäd­chen­schän­der­rings von Jeffrey Epstein hatte nämlich im Jahr 2009 mit dem skan­dal­um­wit­terten Mil­li­ardär einen Deal gemacht: 500.000 $ dafür, dass sie weder Jeffrey Epstein noch irgend­einen anderen „poten­zi­ellen Beschul­digten“ wegen der erlit­tenen Sexu­al­straf­taten ver­klagt. Diese Ver­ein­barung war geheim und wurde erst vor kurzem bekannt, als die Anwälte der Krone argu­men­tierten, Frau Giuffre habe mit dieser Ver­ein­barung auf ihr Recht zu klagen verzichtet.

Nichts da, befand US-Bun­des­richter Lewis Kaplan. Die Ver­ein­barung gelte zum Ersten nicht für Prinz Andrew und zum Zweiten sei der Ver­ein­ba­rungstext mehr als nur voller Zwei­deu­tig­keiten und unscharfen For­mu­lie­rungen. Da fragt man sich, was sich ein stink­reicher Kerl wie Epstein wohl dabei gedacht haben mag. Er war sich mit Sicherheit sehr bewusst, dass er sich am lau­fenden Band wegen Miss­brauchs Min­der­jäh­riger, Men­schen­handel, Ver­ge­wal­tigung, Nötigung etc. strafbar machte. Er hat sicher eine ganze Armada erst­klas­siger Anwälte und einer­seits stopft er einer – in seinen Augen – unwich­tigen Göre eine halbe Million in die Tasche, aber ande­rer­seits spart er am Geld, einen was­ser­dichten Vertrag von seinen Anwälten machen zu lassen?

Richter Kaplan befand nach Sichtung der Ver­ein­barung, es könne aus dem Text nicht ent­nommen werden, ob auch Prinz Andrew in der Ver­ein­barung mit ein­ge­bunden sei. Im Übrigen können, so erläutert der Richter, nur die­je­nigen Per­sonen sich auf die Bestim­mungen eines Ver­trages berufen und sie durch­setzen, die Ver­trags­par­teien sind. Also die Per­sonen, die unter­schrieben haben.

(Nach dieser Rechts­auf­fassung könnte die deutsche GEZ, aka Bei­trags­service, über­haupt keinen Cent ver­langen. Und nach deut­schem Recht wäre so ein Vertrag, wie Jeffrey Epstein ihn mit Vir­ginia Giuffre geschlossen hat, „ex tunc“, also von Beginn, an wegen Sit­ten­wid­rigkeit nichtig.)

Nun sieht es gar nicht mehr gut aus für den könig­lichen Spross Prinz Andrew. Er weist zwar die Vor­würfe „ent­schieden“ zurück, aber das wird ihm nichts nützen. Es gibt seit langem Fotos, die ihn zusammen mit Herrn Epstein und Ghis­laine Maxwell zeigen. Es gibt ein Foto, wo er, halb umge­dreht, mit Vir­ginia Giuffre im Arm und der Hand an der Hüfte des jungen Mäd­chens in die Kamera lächelt, während Gis­laine Maxwell im Hin­ter­grund in die Kamera schaut. Und das in einem pri­vaten Ambiente. His Royal Highness, Prince Andrew, hat sich schon seit einiger Zeit völlig aus dem Licht der Öffent­lichkeit zurück­ge­zogen, nachdem er ein echt ver­un­glücktes Interview gegeben hatte, in dem er wenig über­zeugend, statt­dessen aber arrogant und ratlos wirkte. Ein Befrei­ungs­schlag sollte das Interview werden, doch Prinz Andrew ver­strickte sich dabei immer tiefer in Wider­sprüche und dumme, unhaltbare Behaup­tungen und redete sich um Kopf und Kragen.

Der Buck­ingham-Palast lehnte einen Kom­mentar zu den Äuße­rungen des Richter Kaplan ab. Begründung: Es handle sich hier um ein lau­fendes Ver­fahren. Wahr­scheinlich ist es das Beste, was die Krone tun kann. Dass Prinz Andrew ein Unschuldslamm ist, glaubt keiner mehr. Er hatte mit empörter Geste behauptet, die junge Vir­ginia niemals zu einem Stell­dichein getroffen zu haben, Nach­for­schungen ergaben aber, dass seine ange­ge­benen Alibis eben gar keine waren. Genau zu den von Vir­ginia Giuffre, damals Vir­ginia Roberts ange­ge­benen Zeiten hatte er in seinem ansonsten dichten Ter­minplan in den USA die pas­senden Lücken und war auch nicht, wie sonst üblich, von jemandem aus seiner Leib­garde begleitet worden.

Die heute 38-Jährige macht geltend, damals, als 16–17Jährige von dem inzwi­schen mut­maßlich ver­stor­benen Mul­ti­mil­li­ardär Jeffrey Epstein und seiner ehe­ma­ligen Part­nerin Ghis­laine Maxwell als Jugend­liche zur Sex­sklavin abge­richtet und dem bri­ti­schen Prinzen Andrew zu seinem Ver­gnügen zuge­führt worden zu sein. Sie sei aber nicht die einzige gewesen, sondern eine von Dut­zenden min­der­jäh­rigen Mädchen. Auch eine andere junge Frau, Johanna Sjoberg, die eben­falls eine der jungen Frauen war, die Jeffrey Epstein seinen pro­mi­nenten Freunden zur „Nutzung“ überließ, beschul­digte Prinz Andrew, sie miss­braucht zu haben.

Dass Prinz Andrew bis über beide Ohren in dem Men­schen­handel und Min­der­jäh­rigen-Sex­handel ver­strickt ist, dürfte zwei­felsfrei fest­stehen. Seit Dienstag vor einer Woche wird nun vor einem Zivil­ge­richt in New York über die Anschul­di­gungen gegenüber dem Sohn der bri­ti­schen Königin und über einen Prozess verhandelt.

Das alles schadet dem Ansehen und Glanz der bri­ti­schen Mon­archie ungemein. Als die Queen von den Vor­würfen zum ersten Mal hörte, muss sie außer­or­dentlich zornig geworden sein. Sie sei „not amused“ gewesen, und das sei da min­deste, was man über ihre Reaktion sagen könne, hießt es in der Presse. Immerhin war es aber immer noch möglich, die Vor­würfe viel­leicht zu ent­kräften. Die Hoffnung dürfte nun einen öffent­lichen Tod sterben. Die öffent­liche Meinung ist schon lange gegen ihn. Einen Straf­prozess gegen ein Mit­glied aus dem Herzen der Royals ist das Letzte, was die Krone nach den schlimmen Gerüchten um Lady Dianas Tod, den Eska­paden ihrer Söhne, dem Wirbel um die kapri­ziöse Meghan, Noch-Ehefrau von Prinz Harry und deren anste­hende Scheidung braucht.

Die Queen konnte nicht anders. Mehr als 150 bri­tische Mili­tär­ve­te­ranen von Rang aus der Royal Navy, der Armee, wie auch Kampf­pi­loten, hatten die Queen auf­ge­fordert, Prinz Andrew von seinen mili­tä­ri­schen Ehren, Rängen und Rollen zu ent­binden. Er genüge den damit ver­bun­denen hohen Stan­dards eines ehren­haften Ver­haltens nicht. Jeder andere, ranghohe Mili­tär­of­fizier wäre nicht mehr im Amt. Die Queen reagierte tat­sächlich sofort.

Gestern entzog sie ihrem einst­ma­ligen Lieb­lingssohn Prinz Andrew alle mili­tä­ri­schen Dienst­grade und enthob ihn aller seiner Schirm­herr­schaften. Der Königssohn muss und wird sich in dem Prozess in den USA als pri­vater, ein­facher Bürger ver­tei­digen. Auch in Zukunft wird er keine royalen Auf­gaben oder Funk­tionen mehr bekleiden, teilte der Buck­ingham-Palast in einer kurzen Stel­lung­nahme mit. Auch seiner könig­liche Anrede „His Royal Highness“ ist er ent­kleidet, berichten die bri­ti­schen Medien.

Um das Schlimmste, nämlich einen skan­dal­ge­sät­tigten Gerichts­ver­fahren mit täg­lichen saf­tigen Ein­zel­heiten zu ver­hindern, könne Andrew der Klä­gerin Vir­ginia Giuffre nur noch in einer außer­ge­richt­lichen Einigung eine Mil­lio­nen­ent­schä­digung anbieten, schätzt der renom­mierte, bri­tische Medi­en­anwalt Mark Ste­phens. Der pro­mi­nente Anwalt schätzt,

dass Andrew für eine außer­ge­richt­liche Einigung der Klä­gerin Vir­ginia Giuffre fünf bis zehn Mil­lionen Pfund (sechs bis zwölf Mil­lionen Euro) bieten müsste. Das Hin­dernis: ‚Frau Giuffre wird ihren Tag im Gericht wollen‘.

Das macht auch einer der Anwälte der US-Ame­ri­ka­nerin deutlich. ‚Es ist Vir­ginia Giuffre sehr wichtig, dass diese Ange­le­genheit auf eine Weise gelöst wird, dass sie und die anderen Opfer Gerech­tigkeit erfahren‘, sagte David Boies der BBC.“

Der Prozess gegen Prinz Andrew wird – wenn es vorher keine Einigung mit der Klä­gerin gibt – wahr­scheinlich im Herbst 2022 beginnen.