Ban­ken­beben — Die Feu­erwehr löscht ihren Brand

„Die Rente ist sicher, dieses mitt­ler­weile gepflogene Bonmot des ehe­ma­ligen Ministers Norbert Blüm lag mir irgendwie auf den Lippen, als ich Joe Biden zur aktu­ellen Ban­ken­krise sagen hörte „The Banking System Remains Safe. Wenn jemand die Sicherheit von etwas explizit betonen muss, dann deutet das doch eben genau auf das Gegenteil hin. Dass Geld bei Banken eigentlich nicht sicher ist, und von staat­lichen Inter­ven­tionen abhängig ist, haben die Vor­fälle vom ver­gan­genen Wochenende gezeigt.

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Zwi­schen Freitag und Montag hielt die Welt kurz den Atem an. Da war bereits klar, dass die Silicon Valley Bank (SVB), einer der wich­tigsten Kapi­tal­geber für zahl­reiche Startups und woke wie hippe Unter­nehmen in der ange­sag­testen Region der Welt, in Zah­lungs­schwie­rig­keiten steckt. Was war pas­siert? (Video)

Während der Nied­rigzins-Orgie der Zen­tral­banken hatte die Silicon Valley günstige Kredite ver­geben. Ihre Ein­lagen inves­tierte sie in lang­fristige, fest­ver­zins­liche Anleihen. Dass ein Großteil davon in soge­nannten „Mortage Backed Secu­rities“ (MBS), also in eben­jenen Papieren steckte, die vor knapp 15 Jahren die letzte große Finanz­krise aus­gelöst hatten, ist schon eine Ironie der Geschichte. Dass Chief Admi­nis­trative Officer der SVB Joseph Gentile früher mal CFO bei den Lehman Brothers war, ein geradezu gro­tesker „Zufall“.

Dass die Nied­rig­zins­phase irgendwann einmal zu Ende gehen müsste, war allen klar. Nur das Tempo, in dem die ame­ri­ka­nische Zen­tralbank “FED” die Zinsen erhöhte, über­raschte dann doch die meisten Markt­teil­nehmer. Und genau das wurde auch der Silicon Valley Bank zum Ver­hängnis. Denn mit stei­genden Zinsen sank der Wert der lang­lau­fenden Anleihen. Kein Problem, wenn man die Pro­dukte bis zum Ende der Laufzeit hält. Um kurz­fristige Ver­bind­lich­keiten zu bedienen, musste die Bank aber plötzlich an Liqui­dität kommen — und die MBS mit Verlust abstoßen. Das sprach sich herum, und es kam zu einem klas­si­schen „Bank Run“. Risiko-Management, also Absi­cherung gegen Zins­ri­siken? Diver­si­fi­kation? Fehl­an­zeige – das schien in der so auf­ge­klärten woken und sonst so diversen Startup-Zirkeln Nord­ka­li­for­niens niemand für nötig gehalten zu haben.

Dies erinnert an die Grün­dungs­zeiten der ame­ri­ka­ni­schen Zen­tralbank, die 1913 genau für solche Fälle geschaffen worden war: Um als „Lender of Last Resort“ dann ein­zu­springen, wenn plötzlich das Ver­trauen in das Ban­ken­system ein­bricht und jeder an sein Geld will. Genau das geschah am Wochenende auch: Die Regierung garan­tierte nicht nur die 250.000 US-Dollar an Spar­ein­lagen, sondern darüber hinaus auch die Ein­lagen von grö­ßeren Kunden und Unter­nehmen. Da war er wieder — der Bailout auch wenn man ihn nicht so nennen darf und Finanz­mi­nis­terin Yellen, diesen zuvor aus­schloß, um dann wenige Stunden später ihn doch zu garan­tieren. Das unter­streicht, wie viel Stress im System ist.

Ok, nehmen wir es mit Humor: Der Staat bzw. die Zen­tralbank ist also ein­ge­sprungen, um eine Krise zu besei­tigen, die man selbst mit Nied­rig­zinsen und QE (Quan­ti­tative Easing) geschaffen hatte. Das ist in etwa so, wie wenn man die Feu­erwehr bejubelt, die einen Brand gelöscht hat, den sie zuvor selbst gelegt hat. Applaus, Applaus.

Gut, natürlich war es auch ein mas­siver Manage­ment­fehler, den das Management hat ziemlich dämlich und ein­seitig agiert und zum Höhe­punkt Anleihen gekauft und die Absi­cherung “ver­gessen”.

Wie aber geht es jetzt weiter?

Zunächst mal, ist bisher nicht klar, ob der Flä­chen­brand im ame­ri­ka­ni­schen Ban­ken­system wirklich ver­hindert worden ist. Danach stürtzen die Aktien vieler Regio­nal­banken weiter ab. Vieles deutet darauf hin, dass vor allem kleinere Banken unter den stark stei­genden Zinsen leiden. Die dro­hende Pleite der Silicon Valley Bank ist also wahr­scheinlich eher ein Warn­schuss in Richtung Zen­tral­banken: Passt auf, das pas­siert, wenn ihr weiter so rasant die Zinsen anhebt. Genau dies ließ die Märkte, allen voran Gold und Bitcoin Anfang der Woche so stark steigen: Die Aus­sicht darauf, dass die FED ihre Zins­po­litik ändern muss.

Die US-ame­ri­ka­nische Notenbank hat sich nun tat­sächlich in eine Sack­gasse manö­vriert, vor der viele Kri­tiker seit langem gewarnt haben: Durch die rasanten Zins­er­hö­hungen hat man einen Punkt erreicht, an dem etwas bricht. „The FED will raise rate, until some­thing breaks“, heißt es, und genau das ist am Wochenende geschehen. Die Inflation ist aber noch lange nicht unter Kon­trolle. Und jetzt fehlt die Munition, um weitere Preis­er­hö­hungen einzufangen.