Bild: General a.D. Harald Kujat, bei der Fraktion der Linken, 13. Juni 2018, via Flickr.com, CC BY 2.0.

Die Ukraine hat kaum noch eine Chance – der „Westen“ beginnt, ein­zu­schwenken — General a.D. Harald Kujat mit Stellungnahme

Am 2. März weilte unser ruhm­reicher Bun­des­kanzler Olaf Scholz zu einer Visite in Washington. Zur Über­ra­schung der Main­stream­m­edien – aber nicht der infor­mierten Selbst­denker — deutete man in der fol­genden Pres­se­kon­ferenz einen mög­lichen Kurs­wechsel des Westens an. Der Grund: Die vielen ukrai­ni­schen Gefal­lenen und zivilen Opfer des Krieges drohen, für die ukrai­nische Gesell­schaft „untragbar zu werden“. Bisher haben die USA bis zum letzten Ukrainer gekämpft, aber nun scheint es so, dass das schreck­liche Sterben dort nur noch sinnlos ist. Das allein würde die US-Regierung aber wohl kaum anfechten.

Es wird wahr­scheinlich eher an für Prä­sident Joe Biden viel pre­kä­reren und wich­ti­geren Pro­blemen liegen. Zum Ersten haben die US-Bürger immer weniger Lust auf den Krieg und fangen an, das Risiko eines Dritten Welt­krieges als reale Mög­lichkeit zu sehen – wohl wissend, dass Russland über ein grö­ßeres Waf­fen­ar­senal, sowohl in ato­maren Lang­stre­cken­ra­keten als auch in Mis­siles verfügt. Der beein­dru­ckende Auf­tritt des töd­lichsten Kriegs­schiffes der Welt, der „Admiral Gorschkow“ vor der Ost­küste der USA ist dort mit großer Auf­merk­samkeit ver­folgt worden. Da dürfte den Ame­ri­kanern gedämmert sein, dass diese Stealth-Fre­gatte (ein „Tarn­kap­pen­schiff, das kaum mit Radar zu orten ist) mit diesen Fähig­keiten eine echte Gefahr dar­stellt. Die Zirkon-Raketen, die dieses Schiff abfeuert, haben eine Reich­weite von etwa 800‑1000 Kilo­metern, erreichen also durchaus bis ins Land hinein Ziele. Die Zustimmung der ame­ri­ka­ni­schen Bevöl­kerung zum Krieg bröckelt.

Das könnte Prä­sident Bidens Wie­derwahl gefährden, denn mit Ron de Santis oder Donald Trump als repu­bli­ka­ni­schen Prä­si­dent­schafts­kan­di­daten, trifft der oft schon sichtlich über­for­derte Joe Biden auf sehr ernst­zu­neh­mende Gegner. (Ins­be­sondere, da in den letzten Tagen auch noch Video­be­weise auf­tauchen, die nahe­zu­legen scheinen, dass der „Sturm auf das Kapitol“ am 06. Januar eine mit der Polizei abge­spro­chene Sache war.)

Zum Zweiten legte Anfang Februar eine neue Analyse der RAND-Cor­po­ration, ein US-ame­ri­ka­ni­scher Thinktank, Recherche- und Analyse-Dienst­leister und direkt vom US-Militär finan­zierte, halb­staat­liche Insti­tution, der US-Regierung nahe, den Ukraine Krieg mög­lichst bald und ohne Gesichts­verlust zu beenden. Der Krieg in der Ukraine erschwere den USA die Kon­zen­tration darauf, sich auf einen kom­menden Kon­flikt mit China vor­zu­be­reiten. Die Fähigkeit der USA, sich auf ihre anderen glo­balen Prio­ri­täten – ins­be­sondere den Wett­bewerb mit China – zu kon­zen­trieren, würde ein­ge­schränkt bleiben, solange der Ukraine-Krieg hoch­rangige poli­tische Ent­schei­dungs­träger und die mili­tä­ri­schen Res­sourcen der USA in Anspruch nimmt.

Dass die erwünschte und erwartete Wirkung, Russland in die Knie zu zwingen, nicht zu erreichen ist, kommt als Drittes hinzu. Dieser Showdown ist nicht zu gewinnen. General a.D. der Luft­waffe, und ehe­ma­liger Gene­ral­inspekteur der Bun­deswehr, Harald Kujat beschreibt hier in einem Video sehr unge­schminkt die Lage. Es sieht finster aus. Seine Vor­hersage: Sehr wahr­scheinlich kann niemand diesen Krieg „gewinnen“. Sollte aber Russland – und das ist sehr wahr­scheinlich —  die Gebiete der Donezker Volks­re­pu­bliken stabil besetzt halten können und eben­falls die Krim, kann Prä­sident Wla­dimir Putin mit Fug und Recht behaupten, das Ziel der „begrenzten mili­tä­ri­schen Ope­ration“ erreicht zu haben.

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 Viel­leicht kommt auch noch ein Dritter Grund dazu: Dass unser all­seits geliebter, füh­rungs­starker, kno­chen­ehr­licher Bun­des­kanzler, Herr Olaf Scholz, nach Washington ein­ge­laden wurde, nachdem der detail­lierte Bericht von Seymour Hersh überall erschienen war. Dieser Bericht besagt, dass es nämlich die US-Regierung ist, die hinter dem Anschlag auf die Nord­stream Pipe­lines steckt. Von den eigenen Ver­bün­deten prak­tisch die Energie-Lebensader abge­schnitten zu bekommen, ist unerhört, wenn auch keine Über­ra­schung. Musste man dem deut­schen Chef-Heloten viel­leicht doch erklären, was für eine Richtung die Dinge nun nehmen würden?

Dazu kommt noch die Posse mit den Panzern. Nachdem Herr Bun­des­kanzler Scholz lange zögerte, weil es in Deutschland wenig Rückhalt für die Lie­ferung unserer Leopard-Panzer an die Ukraine gibt, wurde ihm wohl die Pistole auf die Brust gesetzt. Noch bevor man offi­ziell mit­teilte, dass nun doch Leos in die Ukraine ver­schenkt werden, sahen die stau­nenden Deut­schen auf Youtube und anderen Video­por­talen, wie ihre Panzer bereits auf Zügen gen Osten ins Mor­genrot rollten. Als die Bun­des­bürger offi­ziell erfuhren, dass wir unsere Leo­pards abzu­geben haben, waren sie schon im Bal­tikum angekommen.

Die ange­kün­digten Abrams werden natürlich (vorerst) nicht geliefert, erst nach frü­hestens einem Jahr. Und das nur auf Druck der Deut­schen, sagt Prä­sident Biden. Wer’s glaubt, dass Deutschland auf die USA Druck ausüben kann: Finger hoch!

Die renom­mierte Seite „German Foreign Policy“ schreibt:

Berichten zufolge hat Biden den ukrai­ni­schen Prä­si­denten Wolo­dymyr Selenskyj kürzlich bei seinem Besuch in Kiew darauf hin­ge­wiesen, die Mittel, die Washington bereit­stellen könne, seien begrenzt. Wie es heißt, haben Scholz und Frank­reichs Prä­sident Emmanuel Macron es Selenskyj bei dessen Besuch in Paris nahe­gelegt, zu „beginnen, Frie­dens­ge­spräche mit Moskau in Betracht zu ziehen‘ (…) Vor diesem Hin­ter­grund schildert die Frank­furter All­ge­meine Zeitung Interna aus dem Gespräch, das Biden am 20. Februar in Kiew mit dem ukrai­ni­schen Prä­si­denten Wolo­dymyr Selenskyj führte. Der Inhalt unter­schied sich demnach deutlich von den demons­trativ ent­schlos­senen Tönen, die Biden in offi­zi­ellen Stel­lung­nahmen anschlug. So twit­terte Biden am 20. Februar, er sei in die ukrai­nische Haupt­stadt gereist, um ‚unsere uner­schüt­ter­liche Ver­pflichtung für die Demo­kratie, Sou­ve­rä­nität und ter­ri­to­riale Inte­grität der Ukraine‘ zu bekräf­tigen. ‚Intern‘ aber, heißt es, habe er Selenskyj ‚darauf hin­ge­wiesen …, wie viel Geld des ame­ri­ka­ni­schen Steu­er­zahlers Washington inzwi­schen inves­tiert habe.‘“  

Eine bodenlose Frechheit, wenn man bedenkt, dass vor fast einem Jahr, Ende März 2022, Kiew mit Moskau schon fast han­dels­einig war, die Situation zu entspannen:

„Damals waren sich beide Seiten – auch dank israe­li­scher und tür­ki­scher Ver­mittlung – in den wesent­lichen Zügen über einen Waf­fen­still­stand, womöglich sogar eine Frie­dens­lösung einig. Sie sah im Kern vor, dass die Ukraine eine dau­er­hafte Neu­tra­lität zusagt; im Gegenzug war Russland bereit, seine Truppen auf den Stand vor dem 24. Februar 2022 zurück­zu­ziehen. Die Einigung wurde damals von den NATO-Staaten sabo­tiert – in der Hoffnung, Russland beträchtlich schwächen zu können.“

So sieht es also heute aus. Der zum Greifen nahe Frieden wurde haupt­sächlich durch die USA sabo­tiert. Die Ukraine liegt prak­tisch zer­stört am Boden und hat einen unglaub­lichen Blutzoll bezahlt. Deutschland ist wirt­schaftlich in die Knie gegangen, seine wich­tigen Ener­gie­adern Nord­stream 1 und 2 sind zer­stört, Europa ächzt unter den Zumu­tungen der Ener­gie­preise und Lie­fer­schwie­rig­keiten und sieht sich der Gefahr eines Dritten Welt­krieges aus­ge­setzt, der Europa den Rest gäbe. Tau­sende rus­sische Sol­daten sind gefallen. Doch wirt­schaftlich ist Russland kaum tangiert.

Und es hätte schon nach wenigen Wochen vorbei sein können, keine Berge von Toten auf beiden Seiten, keine zer­störte Ukraine, keine Gefahr eines Dritten Welt­krieges. Aber die US-Regierung sah die Chance, Deutschland mit­hilfe der ideo­lo­gisch auf Dau­ergrün geschal­teten Ampel­re­gierung wirt­schaftlich zu ver­stümmeln und Russland in die Knie zu zwingen. Dass dabei die Ukraine draufgeht? Schwund ist immer. Für die Biden-Regierung nur Kollateralschaden.