Amberg, Bild: Wikimedia Commons, Harald909, CC BY-SA 3.0

Von erwünschten und uner­wünschten Pro­testen: Amberger Zeitung igno­riert wöchent­liche Pro­teste wg. ein­sei­tiger Bericht­erstattung (+Videos)

Amberg ist eine baye­rische Mit­tel­stadt mir ca. vier­zig­tausend Ein­wohnern zwi­schen Nürnberg und Regensburg. Die Stadt, die ihren mit­tel­al­ter­lichen Charme behalten hat, wirkt beschaulich und ist in eine lieb­liche Land­schaft gebettet. Ent­zü­ckende Gässchen und eine gut erhaltene Stadt­mauer sowie die „Stadt­brille-Brücke“ über die Vils machen den Ort kuschelig bay­risch. Und eine eigene Zeitung hat die Stadt auch. Unver­schnörkelt und schlicht heißt sie „Amberger Zeitung“. Und da hört die Woh­fühl­at­mo­sphäre im Städtchen seit einiger Zeit auf. Jede Woche Don­nerstag ver­sammeln sich dort Bürger zu einem fried­lichen Protest gegen die ein­seitige Bericht­erstattung – und die Zeitung igno­riert sie aktiv.

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Schon seit dem 14. Juli letzten Jahres steht jeden Don­nerstag eine Gruppe Bürger vor dem Ver­lagshaus der Amberger Zeitung und pro­tes­tiert gegen die ihrer Meinung nach sehr ein­sei­tigen Medi­en­be­richte. Es ist keine große Demo, viel­leicht 25 Bürger, und die Pro­testler sind fried­liche, freund­liche Leute, die eigentlich nur mit den Zei­tungs­leuten über den Teil der Wirk­lichkeit sprechen wollen, den es irgendwie in der Zeitung nicht gibt. Und das betrifft ihrer Meinung nach  — und der sehr vieler Men­schen  —  sehr wichtige, zukunfts­be­stim­mende Ent­wick­lungen und Gescheh­nisse, die uns alle angehen. Damals, 2021, begann es mit Corona, aber erfasste ständig mehr: Impfung, Alters­armut, Energie und natürlich auch den Ukrai­ne­krieg mit seinen irr­sin­nigen Risiken, die leicht ganz Europa in einen ver­hee­renden Krieg stürzen können.

Diese Gruppe sieht die Dinge eben nicht so, wie die Schreiber in der Amberger Zeitung, deren Welt­sicht im Prinzip ein Zweit­aufguss von Tages­schau und regie­rungs­treuer Presse zu sein scheint. Und ganz genauso wie die Hof­be­richt­erstat­tungs­medien, die einen Großteil der Bürger stets mit Ver- und Miss­achtung straft, hält es auch die Amberger Zeitung.

Dabei wäre es doch sicher ent­weder eine Berei­cherung für beide Seiten, sich einmal gegen­seitig zuzu­hören und das zu tun, was man in leider ver­gan­genen Tagen einen „Mei­nungs­aus­tausch“ nannte. Viel­leicht könnten die Amberger Top-Jour­na­listen ja auch die Gruppe von ihrer Sicht­weise überzeugen?

Aber nein, leider strafen die Jour­na­listen die Leute vor der Tür mit arrogant wir­kender, aktiver Miss­achtung. Doch die sind nicht allein. Es gibt in Amberg nämlich noch mehr davon, und die gehen jeden Mon­tag­abend um 19 Uhr vor die Mari­en­kirche und pro­tes­tieren gegen die Ber­liner Kriegs­po­litik, Coro­na­po­litik usw. — ohne dass die Amberger Zei­tungs­leute sich mal zu ihnen gesellen und fragen, was denn ihr Anliegen ist.

Schlimmer noch, sie berichten nicht einmal, DASS es diese Pro­teste über­haupt gibt. In der Psy­cho­logie weiß man, dass das aktive Igno­rieren eine der schlimmsten see­li­schen Demü­ti­gungen und Miss­hand­lungen ist. Lilo Endriss, Ham­burger Diplom­psy­cho­login nennt es Mobbing, subtile see­lische Gewalt, die „an die Nieren geht“. Der Angreifer unter­gräbt das Selbst­wert­gefühl des anderen mittels ent­wer­tender Ver­hal­tens­weisen, um ihn damit schachmatt zu setzen. Werden diese ent­wer­tenden Ver­hal­tens­weisen auf Dauer und absichtlich ein­ge­setzt, dann sprechen Psy­cho­logen von sub­tiler see­li­scher Gewalt, die das Ziel hat, den/die Ange­grif­fenen zu zer­mürben. Es ist sogar zer­stö­re­ri­scher, als die/denjenigen anzu­greifen. Dipl. Psy­cho­login Lilo Endriss präzisiert:

„Selbst Kritik oder verbale Angriffe nehmen das Gegenüber noch als existent an. Ignoranz ver­sucht, einen anderen zum Nichts zu machen. 

Als Amberger Bürger dann einmal bei der Zeitung nach­fragten, warum denn nicht über die Pro­teste vor dem Ver­lagshaus und an der Mari­en­kirche berichtet werde, setzten die Zei­tungs­leute noch einen drauf. Nachdem diese Don­ners­tags­pro­testler schon seit Juli letzten Jahres wöchentlich direkt vor dem Zei­tungshaus stehen, kom­men­tierte man aus dem Zei­tungs­verlag die Anfragen:  „… nicht selten ver­bunden mit der von Leser­seite geäu­ßerten Ver­mutung, die Redaktion ver­zichte bei ihrer Bericht­erstattung gerne mal auf das, was ihr (poli­tisch) nicht in den Kram passe.“

Die Zeitung äußerte sich dann endlich wie folgt:

„E. N. hatte uns geschrieben, er habe nach seiner Rückkehr aus einem län­geren Urlaub im Gespräch mit Freunden erfahren, dass es an einem Wochenende zwei Demons­tra­tionen auf dem Amberger Markt­platz gab. Die Demo der Fridays-for-Future-Bewegung sei tags zuvor in der Amberger Zeitung ange­kündigt worden, in der Sams­tags­ausgabe habe die AZ darüber berichtet. (…) Am Samstag, so E. N. weiter, habe dann wohl eine Demo zur Coro­na­po­litik und Inflation mit rund 200 Teil­nehmern statt­ge­funden. Davon sei in der Amberger Zeitung aber nichts zu lesen gewesen. ‚Im Übrigen hätte es solche Demons­tra­tionen heuer bereits öfter gegeben, ohne dass darauf ein­ge­gangen worden wäre‘, heißt es in der Mail von Leser E. N. Er frage sich deshalb, ‚ob unsere Zeitung auch ein ‚Hal­tungs­medium’ geworden ist, das mög­lichen ‚Dele­gi­ti­mierern des Staates’ keine Plattform bieten will?‘“

Und nun kommt’s:

“Im Fall der Demo, von der Sie schreiben, mussten wir gar keine Ent­scheidung treffen, ob wir darüber berichten oder nicht, da uns zu dieser Demo (genauso wenig wie zu vor­he­rigen in dieser Art) weder eine Ein­ladung noch irgendeine andere Form von vor­he­riger Infor­mation erreicht hat. Wir wussten also schlicht nichts davon.“ Man habe das wohl über die sozialen Medien orga­ni­siert. 

Wie bitte? Nachdem man mona­telang die Bürger vor dem Ver­lagshaus aktiv igno­riert hatte (seit Sommer 2022) will man von solchen Demos und denen auf dem Markt­platz nichts gewusst haben? Im November 2022??? Und glauben denn die Damen und Herren in der Amberger Zeitung, dass anderen Medien die Infor­ma­tionen frei Haus geliefert werden? Am besten schon fertig geschrieben? Infor­mation ist bekann­ter­maßen eine Holschuld.

Aber dann lässt Dr. Markus Müller, Repor­terchef der Amberger und Sulzbach-Rosen­berger Zeitung sinn­bildlich doch die Hosen runter. Natürlich wussten sie es, und sie wollten es nicht berichten, WEIL, sie diese Bürger zu einem „Nichts“ machen wollen:

„Selbst im Fall einer Ein­ladung würden wir aller­dings nicht zwangs­läufig darüber berichten, sondern treffen schon eine bewusste Ent­scheidung, ob die Ver­an­staltung für einen grö­ßeren Leser­kreis inter­essant ist. (…) Falls Sie aller­dings mit ‚Dele­gi­ti­mierern des Staates’ Ver­fas­sungs­feinde meinen, kann ich Ihnen ganz klar sagen: Denen möchte ich in unserer Zeitung tat­sächlich keine Plattform bieten.

Nun, man darf eigentlich schon ohne Über­treibung annehmen, dass die Coro­na­po­litik, die Impf­nö­tigung, der Ukrai­ne­krieg mit dem Potenzial eines Dritten Welt­krieges in Europa für einen grö­ßeren Leser­kreis inter­essant ist. Die Medien hatten und haben seit 2019 diese Themen der Reihe nach den ganzen Tag in die Welt gedröhnt, mit immer der vor­ge­schrie­benen „Wahrheit“. Und obwohl der Herr Dr. Müller ja abge­lehnt hat, mit den pro­tes­tie­renden Bürgern zu reden, ja, sie nicht einmal zur Kenntnis genommen hat, unter­stellt er mal eben im Vor­be­gehen friedlich demons­trie­renden Leuten, Ver­fas­sungs­feinde zu sein.

Nun ja, jeder bla­miert sich, so gut er kann.

Die Amberger Zeitung kümmert sich ja vor­bildlich um die Belange des Kli­nikums Amberg, was ja löblich ist. Hier jagte ein Artikel den anderen. Ob die Klinik um Unter­stützung für ihre Petition bittet oder um eine – sicher berech­tigte — Pro­test­aktion von „verdi“ vor dem Kli­nikum, dann ist die Online­re­daktion gleich dabei. Wahr­scheinlich hat sie dafür die Ein­ladung in einem sei­den­pa­pier­ge­füt­terten Umschlag über­reicht bekommen.

Aber für Frieden in Europa oder gegen eine Coro­na­po­litik zu demons­trieren, von der heute sogar die Regierung selbst zugibt, dass sie nur geschadet hat … das inter­es­siert ja keinen grö­ßeren Leser­kreis? Hätte die Amberger Zeitung sich schon damals mit den mutigen und unein­schüch­ter­baren Pro­testlern einmal zusam­men­ge­setzt, könnte sie heute stolz auf sich sein.