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Die Rückkehr der Hexe im 21. Jahr­hundert und was sie mit Sata­nismus und schwarze Magie verbindet

Schon die Hexe im Mit­tel­alter war etwas anders, außer­ge­wöhnlich, mutig und aggressiv – das femi­nis­tische Monster der Wahl. Die moderne Hexe feiert kul­turell und poli­tisch gerade ihr Comeback. Was sie als Typ Frau so außer­ge­wöhnlich und inter­essant macht und was sie mit Sata­nismus und schwarze Magie ver­bindet, lesen Sie in einem Essay von Frank Schwede

Ob auf Demons­tra­tionen, in Maga­zinen, in Büchern oder auf der Bühne – die Figur der Hexe avan­ciert gerade zum Symbol weib­licher Selbst­er­mäch­tigung. Nicht nur in den USA, sondern auch in Europa.

Bereits 2017 tauchte diese Figur immer wieder in den fran­zö­si­schen Medien auf. Dut­zende Frauen demons­trierten in schwarzen Gewändern mit spitzen dunklen Hüten gegen die Arbeits­rechts­reform von Emanuel Macron. Die große fran­zö­sische Tages­zeitung Le Monde titelte am nächsten Tags: „Die große Rückkehr der Hexe.“

Die Gruppe, die sich selbst als Witch Bloc Paname (Paname steht umgangs­sprachlich für Paris) hat erklärt, dass sie militant und femi­nis­tisch sei und für Aufruhr sorgen wolle.

Obwohl die meisten Märchen die Hexe mit furcht­baren Cha­rakter- und Gesichts­zügen schildern, stellt die Figur heute für viele junge Frauen, anders als die Jungfrau, die Pro­sti­tu­ierte oder die Mutter, einen weib­lichen Archetyp mit nen­nens­wertem Macht­faktor dar.

Die Idee, dass Frauen durch Ver­samm­lungen und das Aus­hecken von Ver­schwö­rungen eine bisher undenkbare Macht erlangen könnten, hat schon in den 1990er Jahren viele femi­nis­tische Orga­ni­sie­rungen vorangetrieben.

Männer haben also Recht, sich Sorgen zu machen. Femi­nis­tinnen wollen zwar nicht buch­stäblich ihre Schwänze stehlen und sie in Bäumen ver­stecken, wie es mit­tel­al­ter­liche Hexen angeblich taten, dennoch erscheint diese Umschreibung als eine tref­fende Metapher ihrer Arbeit.

Die ersten Hexen-Gruppen hatten in den Sech­zi­ger­jahren vor allem in den USA gegründet und die Hexe als Figur und Symbol der eman­zi­pierten Frau im femi­nis­ti­schen Milieu rehabilitiert.

Hexerei und Okkul­tismus waren aber schon Mitte des 20. Jahr­hun­derts Aus­druck von femi­nis­ti­scher Coolness. Bei­spiels­weise brachten die Beatles Aleister Crowley auf das Cover von Ser­geant Pepper, David Bowie stu­dierte zere­mo­nielle Magie und Kabbala und Led Zep­pelin hat Tarot­karten in ihrem Album­cover integriert.

Das Interesse an Hexen und Okkul­tismus der meisten Men­schen im 19. und 20. Jahr­hundert war aber nur rein  ästhe­ti­scher Natur. Und das ist wohl auch heute noch so. (Eine bri­tische Uni­ver­sität will künftig aka­de­mische Titel in den Fächern Hexerei, Magie und okkulte Wis­sen­schaften ver­leihen)

Die Macht von Femi­nismus und Magie 

Seit 2015 ver­öf­fent­licht der fran­zö­sische Verlag Com­bou­rakis eine Reihe von femi­nis­ti­schen Doku­menten unter dem Titel Sor­cières. Und seit 2016 erscheint halb­jährlich das eng­lisch­spra­chige Sabat Magazine, eine Zeit­schrift, die sich ganz dem Thema Femi­nismus und Magie widmet.

Femi­nismus und Magie sind auch in der Musik­branche zunehmend ein Thema geworden. Das jüngste Bei­spiel lie­ferte die US ame­ri­ka­nische Pop- und Coun­try­sän­gerin Taylor Swift während ihrer Eras Tour.

Sie wird beschuldigt, während der Auf­führung ihres Liedes „Willow“ in einem Hexen­kostüm auf der Bühne schwarz­ma­gische Rituale auf­ge­führt zu haben. Ein Zuschauer aus dem Publikum soll sie sogar dazu ermutigt haben, Dämonen zu beschwören.

Swift hat später mit dem Satz geant­wortet, dass der Satz „Beschwöre die Dämonen“ nicht in Frage käme. Inter­net­nutzer reagierten unter­schiedlich auf die Anschul­di­gungen gegen Swift. Einige nahmen sie ernst, andere reagierten mit Unver­ständnis und Sar­kasmus. Ein X‑Nutzer schreibt:

„Ich mochte Taylor Swift noch nie, aber jetzt habe ich defi­nitiv einen Grund dazu. Habe gerade ein Video ihrer Hexerei/rituellen Dar­bietung in der Instagram-Story von jemand gesehen. Nein! Schafft das Böse hier raus. Gläubige sollten sich das nicht anhören.“

Ein anderer Nutzer schrieb:

„Hey Leute, anscheinend setzt Taylor Swifts auf ihrer „The Eras Tour“ Hexerei und schwarze Magie ein… Es liegt in eurem Interesse, diese Shows nicht zu besuchen und gebt statt­dessen eure Tickets zurück, um euch selbst zu schützen.“

Dabei war es Swift selbst, die ihren Hit Willows während einer Frage-Antwort-Runde auf YouTube 2020 als Hexerei bezeichnete. Der Titel handelt von Intrige und Begierde – und sie sagte:

„Ich denke, es klingt, als würde man einen Zauber aus­sprechen, um jemanden dazu zu bringen, sich in einen zu verlieben.“ 

Das nahm mög­li­cher­weise die US ame­ri­ka­nische Tik­To­kerin Dani Apples etwas zu wörtlich. In einem Video-Clip verrät Dani, dass sie von ihrem Freund und Lebens­partner ein außer­ge­wöhn­liches Schmuck­stück in Form eines „blu­tigen Herzens“ geschenkt bekam, das er auf einer Kurio­si­tä­ten­messe anfer­tigen ließ. Die Kosten für so ein außer­ge­wöhn­liches Schmuck­stück liegen bei durch­schnittlich 500 US Dollar.

Gleich zu Beginn des Videos bekommt Dani von ihrem Freund das mit Edel­steinen besetzte rote Herz um den Hals gehängt. Dani ist begeistert, lächelt und sagt:

„Mein Freund ging zu einem „Blut­schmied“, um für mich eine Hals­kette aus seinem Blut anfer­tigen zu lassen. Zum Glück hat er keine Angst vor Nadeln, deshalb hat er sich vor Ort wie ein Held sein Blut abnehmen lassen. (…)  Hier ist das wun­der­schöne Stück, von dem ich völlig besessen bin.

Magi­scher Liebeszauber?

Auch Danis blu­tiges Herz sorgte bei Zuschauer für gemischte Gefühle. Einige sagen, dass es total cool sei, andere fragen sich, ob das in den USA über­haupt legal sei. Bereits in den 1990er Jahren sorgte US Schau­spie­lerin Angela Jolie für Stirn­runzeln, als sie der Klatsch­presse verriet, dass sie und ihr Kurz­zeit­partner Bob Thornton Fläschchen mit Blut des Partners um den Hals tragen.

Immer mehr schil­lernde Per­sön­lich­keiten der Pop- und Filmwelt sind betroffen von den Vor­würfen, dass sie der dunklen Seite dienen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass Taylor Swift dies vor­ge­worfen wird.

Zuletzt beschul­digte im Oktober der ehe­ma­liger Gou­ver­neurs­kan­didat der Repu­bli­kaner Kandiss Swift, „unschuldige Geister“ dazu zu bewegen, sich von der dunklen Seite der Spi­ri­tua­lität ver­führen zu lassen, nachdem sich die Sän­gerin bei ihren Fans auf Instagram für die Unter­stützung ihrer Eras Tour bedankt hatte.

Hank Kun­neman, lei­tender Pastor der Lord of Hosts Church in Omaha im US Bun­des­staat Nebraska, ging mit einem Beitrag viral, in dem er Swift vor­wirft, mit dem Phar­ma­riesen Pfizer invol­viert zu sein. Der Grund ist, dass Swifts aktu­eller Freund, Travis Kelce,  in einem Pfizer-Wer­bespot mit­ge­spielt hat.

Zusammen mit seiner Frau Brenda leitet Kun­neman das One Voice Minis­tries. Das Paar betreibt nebenbei auch einen YouTube-Kanal mit 82.000 Abon­nenten, auf dem sie unter anderem ihre Pre­digten ver­öf­fent­lichen. Auch Kun­neman ist davon über­zeugt, dass Swift mit ihrer Büh­nenshow Hexerei und Sata­nismus fördert.

Längst hat sich das Rol­lenbild der Hexe gewandelt. Waren es vor rund zwei­hundert Jahren oft kin­derlose, häss­liche Stief-oder Schwie­ger­mütter oder alte Frauen, die die Not anderer aus­nutzten, um ihnen Schaden zuzu­fügen oder sie aus Eifer­sucht töteten, hat sich das Bild der Hexe im letzten Jahr­hundert gewandelt.

Die Hexe von heute ist zu einer ange­sagten Figur der Pop- und Film­kultur avan­ciert.  Auch in der Netflix-Serie Chilling Adventure of Sabrina geht es um Hexerei. Dort wird sie als ein wirk­sames Werkzeug im Kampf gegen das gesamte Patri­archat eingesetzt.

Die erste Staffel endet damit, dass Sabrina ihre Seele Satan selbst übergibt, um eine Superhexe zu werden. Um ihr Ziel zu erreichen, muss sie erstmal ihr altes Leben zurück­lassen, um sich ganz der Macht hin­zu­geben., weil ihr gesagt wurde:

„Ich weiß, dass du Angst hast, Sabrina. Weil Frauen bei­gebracht wird, Macht zu fürchten. Besitz deine Macht. Akzep­tiere es nicht vom Dunklen Lord. Nimm es. Benutze es. Rette deine Freunde.“

Auch in dem Film K‑12 von Pop­sän­gerin Melanie Mar­tinez wird die Bot­schaft ver­mittelt, dass Hexerei der beste Weg ist, um sich erfolg­reich gegen das Patri­archat zur Wehr zu setzen.

Während die Unter­hal­tungs­branche ver­sucht, Hexerei für junge Mädchen so attraktiv wie möglich zu machen, klingt das in den Mas­sen­medien ein wenig anders. The Guardian schrieb:

„Am Horizont brennt Feuer. Man kann es brennen sehen, draußen am Rande der Welt. Die Gewalt, die wir überlebt haben, kann uns als Leit­faden für das dienen, was sich ändern muss. Das Feuer, das die Hexen ver­brannt hat, kann das Feuer sein, das unseren Weg erhellt. 

Unsere Macht wartet auf uns, draußen in ver­bo­tenen Räumen, jen­seits der Welt der Men­schen. Treten Sie vor und fordern Sie es ein. Treten Sie vor in die gren­zenlose und weib­liche Dunkelheit.“

In dem Artikel wird unter anderem auch erklärt, warum Zau­ber­sprüchen besser wirken als das klas­sische Gebet am Abend vor dem Schla­fen­gehen. Wörtlich heißt es dazu:

„Es geht mehr um den Ein­zelnen als bei­spiels­weise um ein Gebet, das sehr unkom­pli­ziert ist. Man betet zu einer höheren Auto­rität, damit etwas geschieht, während ein Zauber völlig per­sönlich ist und dem Ein­zelnen über­lassen bleibt, sicher­zu­stellen, dass es richtig ist.“

Es geht nur um schwarze Magie

Die Kau­sa­lität zwi­schen Femi­nismus und Hexerei wird mitt­ler­weile auch von mäch­tigen Orga­ni­sa­tionen, die von den ein­fluss­reichen Eliten unter­stützt wird, stark gefördert.

Während die Mas­sen­medien hart daran arbeiten, Hexerei, Femi­nismus und Ermäch­tigung unter einen Hut zu bringen, igno­rieren sie gleich­zeitig, worum es bei dem Ganzen in Wirk­lichkeit geht:

Die Beschwörung von über­na­tür­lichen Kräften zur Kon­trolle von Men­schen oder Ereig­nissen in typi­schen Zau­ber­prak­tiken und in der Magie ist in Wahrheit nichts anderes als schwarze Magie.

Und jeder Okkultist weiß, dass es das Dümmste und Gefähr­lichste ist, sich mit schwarzer Magie zu beschäf­tigen, ohne voll­ständig zu ver­stehen, warum es dabei wirklich geht. In dem Buch  Dogmes et Rituels de la Haute Magie schreibt  Eliphas Levi:

„Schwarze Magie ist eigentlich nur eine abge­stufte Kom­bi­nation aus Sakri­legien und Morden, die darauf abzielt, den mensch­lichen Willen dau­erhaft zu per­ver­tieren und in einem lebenden Men­schen das abscheu­liche Phantom des Dämons zu verwirklichen. 

Es handelt sich also im eigent­lichen Sinne um die Religion des Teufels, den Kultus der Dun­kelheit, den Hass auf das Gute, der bis zum Höhe­punkt des Anfalls getrieben wird: Es ist die Inkar­nation des Todes und die beständige Erschaffung der Hölle.“

Um es abschließend auf den Punkt zu bringen, sind gerade die Mas­sen­medien, die schwarze Magie und die Unter­werfung der eigenen Seele dunklen Mächten unter dem Deck­mantel von Femi­nismus und Ermäch­tigung verkaufen.

Ist es also Zufall, dass immer mehr, vor allem junge Frauen, damit beginnen, sich als Hexe zu iden­ti­fi­zieren? Für Femi­nis­tinnen sind Hexen wahre Ikonen, für tra­di­tionell religiös geprägte Men­schen sind sie auch heute noch abschreckend.

Das hat vor allem geschicht­liche Gründe. Hexen waren schon im Mit­tel­alter, die­je­nigen, die nicht unbe­dingt dem Durch­schnitt ent­sprachen, weil sie es wagten, anders, außer­ge­wöhnlich, mutig und aggressiv auf­zu­treten. In einem alten Manifest heißt es:

„Du bist eine Hexe, weil du weiblich, unge­zähmt, wütend, fröhlich und unsterblich bist.“

Die Hexe war also in gewisser Weise schon immer das femi­nis­tische Monster der Wahl, das nie besiegt werden konnte. Der Spruch, den man auf Pla­katen bei Demons­tra­tionen oder auf Instagram-Kacheln lesen kann, mag also stimmen:

„Wir sind die Enkel­töchter der Hexen, die sie nicht ver­brennen konnten!“

Die Magie hat die Menschheit schon immer auf die ein oder andere Weise ver­zaubert, weil sie bis heute dem Aber­glaube ver­fallen ist, dass die Macht nur aus­er­wählten Magiern und Hexen geben ist – doch das stimmt nicht.

Jeder Mensch ist Magier und Schöpfer zugleich, jeder besitzt Kraft seiner Gedanken die Macht, Dinge geschehen zu lassen, die er nicht für möglich hält. Ver­ab­schieden wir uns also ein für allemal von dem dummen Gedanke, dass Hexen und Magier mäch­tiger sind als der „Nor­mal­sterb­liche“.

Es ist ja schließlich nur ein Gedanke – doch der ist es, der unsere Rea­lität erschafft…