Wenn Preis­kampf und Kli­ma­po­litik die Bauern ver­nichten – Viele denken an Selbstmord

In Frank­reich begehen jede Woche zwei Land­wirte Selbstmord und nicht nur da. In ganz Europa gehen sie aus blanker Not auf die Straße. Die Bauern, die uns alle ernähren, sind am Limit oder eigentlich schon darüber. Und das in ganz Europa und in den USA eben­falls. Sie sind nicht nur exis­ten­ziell ständig nur eine Hand­breit vom Abgrund ent­fernt, sie sind nicht nur phy­sisch, sondern auch psy­chisch über­lastet. Depression und Burnout macht sich breit. Und die Öffent­lichkeit erfährt kaum etwas davon.

Bau­ern­selbst­morde in Spanien, Frank­reich, Belgien, den Nie­der­landen, Deutschland, Polen … 

… und überall gehen ver­zwei­felte Bauern auf die Straße. Eine Umfrage unter den iri­schen Bauern zeigte Erschre­ckendes: 20 Prozent gaben an, schon über Selbstmord nach­ge­dacht zu haben. 40 Prozent sagten, dass sie unter schwerem oder zumindest mitt­lerem Stress leiden. Noch schlimmer ist es in Belgien. Hier wurden 600 Land­wirte in Nord-Belgien befragt. Die Hälfte gab an, dass ihr Beruf psy­chi­sches Leid verursache.In Deutschland und Öster­reich sind 25 Prozent der Land­wirte vom Burnout betroffen (in der Gesamt­be­völ­kerung sind es nur sechs Prozent).

Fran­ziska Aumer ist eigentlich stu­dierte Infor­ma­ti­kerin. Doch sie machte dann eine Aus­bildung zur Milch­bäuerin. Zusammen mit zwei anderen Frauen hat sie die Infor­ma­ti­ons­kam­pagne „acker.schwestern“ gegründet. Hier klärt sie seit 2021 über die drän­genden Pro­bleme der­LAnd­wirte auf.

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Die Deutsche Welle schreibt:
„Während ihrer Arbeit werden die “acker.schwestern” mit mensch­lichen Tra­gödien kon­fron­tiert. So kennt jede von ihnen Land­wirte, die sich bereits das Leben genommen haben. “Bei mir war es ein junger Kerl, 25 Jahre. Ich habe ihn über das Ehrenamt für die Land­wirt­schaft ken­nen­ge­lernt. Er war richtig aktiv, lebensfroh.” Jah­relang habe sich der Nie­der­länder für seinen Betrieb ein­ge­setzt und gekämpft. An dem Tag, an dem er erfuhr, dass man ihm im Zuge stren­gerer Stick­stoff­re­ge­lungen die Betriebs­ge­neh­migung ent­zogen hatte, habe er den Ent­schluss zum Suizid gefasst.“

Die Frank­furter Rund­schau berichtete schon 2021 unter dem Titel „Tod auf dem Bau­ernhof: Witwe bricht Tabu und erzählt von ihrer Tra­gödie“:

„Jedes Jahr nehmen sich in Frank­reich Hun­derte Land­wir­tinnen und Land­wirte das Leben. Die Witwe Camille Beaurain bricht ein Tabu und erzählt von der Tra­gödie auf ihrem Gut.“

Ihr Mann Augustin war Schwei­ne­züchter in der Picardie. Das liegt nördlich von Paris. Mit 31 Jahren nahm er sich das Leben, hängte sich an einem Sonn­tag­abend einfach in der Scheune auf. Er ging und sagte nur knapp, er wolle „nur kurz in der Mühle was nach­schauen“. Seine Frau Camille schrieb sich die Wut und die Trauer von der Seele mit dem Buch „Tu m’as laissée en vie“ – Du hast mich lebend zurück­ge­lassen. Ihr Augustin ist nicht der einzige.Im Jahr 2015 haben in Frank­reich 650 Bäue­rinnen und Bauern Selbstmord begangen. Das ist die letzte genaue Erhebung der Zahlen. Man hat das Zählen mitt­ler­weile ein­ge­stellt. Es ist ja eher mehr geworden. Und die Zahlen sind sowieso zu niedrig, denn in vielen Fällen wird der Selbstmord ver­tuscht, damit die Familie wenigstens noch die Lebens­ver­si­cherung bekommt.

Die fran­zö­sische Agrar­kran­ken­kasse hat eine eigene Tele­fon­seel­sorge für Bauern ein­ge­richtet, um der stei­genden Zahl an Selbst­morden ent­ge­gen­zu­wirken. Und das Angebot wird angenommen.

In Deutschland gibt es gar keine Erfassung von Bau­ern­selbst­morden. Die Situation ist hier aber auch nicht besser. Anne Dirksen ist Lei­terin des Arbeits­be­reiches Familie und Betrieb in der Land­wirt­schafts­kammer. Dort hört und erlebt sie täglich die see­lische Not vieler Land­wirte. Sie sagt, dass die Selbst­morde unter den Bauern „gefühlt“ zunehmen. Die Zahl der depres­siven Erkran­kungen ist deutlich ange­stiegen, das belegten die Zahlen der Kran­ken­kassen. Par­allel dazu steigen die Burnouts.

Zu niedrige Preise für die Erzeug­nisse, zu hohe Schulden, zu viele Ver­ord­nungen, Auf­lagen, Doku­men­ta­ti­ons­pflichten und erwür­gende Klimapolitik

Die Bran­chen­seite Agrar heute schreibt, dass die Land­wirte bis­weilen schlicht kapi­tu­lieren und nicht mehr können. So fand die Polizei im baye­ri­schen Ansbach in einem Stall 150 tote Rinder. Sie waren einfach seit län­gerer Zeit nicht ver­sorgt worden. Dahinter steckt keine Ver­ant­wor­tungs­lo­sigkeit und Grau­samkeit, sondern psy­chische Not, schwere Depression und Selbst­aufgabe. Diese Selbst­aufgabe erstreckt sich dann auch auf die Tiere:

„Die meisten Bauern arbei­teten nämlich sieben Tage die Woche im Stall, dazu kämen Doku­men­ta­tionen, Anträge und immer neue Auf­lagen. Für die Iris Fuchs vom der Lan­des­tier­ärz­te­kammer ist das Poli­tik­ver­sagen, sagt sie gegenüber dem Bay­ri­schen Rundfunk (BR). „Die Tier­ärzte weisen seit Jahren darauf hin, dass das Motto ‘Wachsen oder Weichen’ der falsche Ansatz ist”, so Fuchs.“

Zwanzig bis dreißig Anrufe von Land­wirten gehen wöchentlich bei der zen­tralen Kri­sen­hotline ein, sagt Heidi Perzl, die erfahrene psy­cho­lo­gische Bera­terin der land­wirt­schaft­lichen Sozi­al­ver­si­cherung dem Baye­ri­schen Rundfunk.

Es sind die klas­si­schen Ursachen: Zum Ersten die sehr oft extreme wirt­schaft­liche Situation der Betriebe, die zwi­schen zu nied­rigen Preise und hohen Schulden zer­rieben werden. Gleich­zeitig sind die Bauern per­manent über­ar­beitet und beuten sich selbst restlos aus, was zu dem gefürch­teten Burnout führt, ver­stärkt durch die Hoff­nungs­lo­sigkeit, niemals aus den Schulden her­aus­kommen zu können.

Zum Zweiten leiden sie unter feh­lender Aner­kennung für ihre Arbeit. Kinder von Bauern werden oft in der Schule gemobbt. Immer wieder kommen Prüfer unan­ge­meldet auf die Höfe und viele davon sind schi­kanös, das ist dann noch mehr Druck und Belastung für den über­las­teten Landwirt. Für viele Landwirte sind die jüngsten Sub­ven­ti­ons­kür­zungen nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Über­laufen bringt. Viele nehmen auch die Medi­en­be­richt­erstattung als sehr negativ und ver­letzend wahr. „Statt Aner­kennung sind wir per­manent in der Kritik. Das macht mürbe. Wer möchte sich schon die ganze Zeit als Insek­ten­ver­nichter, Brun­nen­ver­gifter und Tier­quäler beschimpfen lassen? Das geht nicht spurlos an einem vorbei.“

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Dazu kommen zum Dritten immer höhere Auf­lagen wegen des Kli­ma­schutzes, die Politik, auch der Herr Land­wirt­schafts­mi­nister hat keine Ahnung von Land­wirt­schaft, pro­du­ziert aber immer neue Verbote und Richt­linien, die Doku­men­ta­ti­ons­pflichten arten aus und zwingen die Land­wirte, bis spät in die Nacht am Papierkram zu sitzen, aber dennoch morgens früh auf­zu­stehen und eine kör­perlich anstren­gende Arbeit zu verrichten.

Und nun wird auch noch das bisschen, was vielen Betrieben gerade noch genug zum Über­leben lässt, durch den Wegfall der Steu­er­erleich­terung beim Agrar­diesel weggestrichen.

Eine per­sön­liche Anmerkung: Ich wohne auf dem Land. Hier gibt es noch viele Land­wirte. Wenn man mit den Bauern redet, die man gut kennt, dann kommt sehr schnell auch die tiefe Ent­täu­schung über die unge­recht­fer­tigte Miss­achtung des Bau­ern­standes ans Licht. Ins­be­sondere die Arroganz der Links-Grünen und der Medien werden dort als Hetze gegen die Land­wirte emp­funden und man ist total wütend und ent­täuscht, dass sie ohne Feder­lesens sofort in die Nazi-Ecke gesteckt werden – gerade jetzt, bei ihren Protesten.

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Und falls das hier ein Bauer oder eine Bäuerin liest und sich selbst darin erkennt: Es gibt Hilfe. Der erste Schritt ist, die Kri­sen­hotline der Land­wirt­schaft­lichen Sozi­al­ver­si­cherung anzurufen:

0561/78 51 01 01 

Diese Kri­sen­hotline ist rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche besetzt und kann auch anonym genutzt werden. Hilfe für die see­li­schen Gesundheit der SVLFG : www.svlfg.de/gleichgewicht

Landwirt Helmut Grill­meier hat die Hilfe in Anspruch genommen und ist aus dem Teu­fels­kreis der Über­ar­beitung, finan­zi­ellen Not und Aus­weg­lo­sigkeit her­aus­ge­kommen, weil er Hilfe ange­nommen hat.

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