OLIVER GREYF: Das »Rosa Ballett« — Vor­läufer des Dutroux-Netz­werkes (2)

EIN KOL­LE­GEN­BEITRAG von OLIVER GREYF (inves­ti­ga­tiver Journalist)


Die Coral-Affäre oder das Blaue Ballett

1982 wird der Skandal um das „Blaues Ballett“ bekannt (auch Coral-Affäre genannt).

Bei dieser „Affäre“ geht es um den Vorwurf des groß­an­ge­legten und orga­ni­sierten Kindesmissbrauchs.

Coral ist der Name eines Bau­ern­hofes, der sich in der Nähe der fran­zö­si­schen Stadt Nimes befindet. Gegründet wurde Coral von dem Erzieher Claude S. und einigen Mit­streitern 1977.

Die Coral wurde vom zustän­digen Gesund­heits- und Sozi­alamt mit Kindern und Jugend­lichen beliefert. Meist handelt es sich bei ihnen um geistig Behin­derte, Autisten, psy­chisch Kranke und solchen aus sozial pre­kären Verhältnissen.

1979 wurde ein elf­jäh­riger Junge tot auf­ge­funden, sein Kopf war in einen mit Wasser gefüllten Eimer gedrückt worden, sodass er ertrank. Bei der anschlie­ßenden Aut­opsie wurde fest­ge­stellt, dass er vor seinem Tod ver­ge­waltigt wurde.

Ein junger Erwach­sener wurde für den Mord und die Ver­ge­wal­tigung für schuldig befunden, auf­grund von Unzu­rech­nungs­fä­higkeit jedoch nicht ver­ur­teilt, sondern in eine psych­ia­trische Anstalt über­wiesen. Drei Jahre später, 1982, lebte er wieder auf dem Hof von Coral.

Im Herbst 1982 erstatten Eltern von Kindern, die aus­sagen, im Coral miss­braucht worden zu sein, Anzeige. Beschuldigt werden Claude S., der Psych­iater Alain C. und der Päd­agoge Jean-Noël B.

Zeit­gleich begibt sich Jean-Claude Krief, welcher ein Prak­tikum auf Coral absol­vierte, zu einer Pariser Poli­zei­station. Er sagte aus, es gebe im Coral ein Miss­brauchs­netzwerk, Per­sonen von Außerhalb würden regel­mäßig ins Coral kommen, um Kinder zu miss­brauchen. Außerdem findet dort auch ein reger Handel mit Kin­der­por­no­graphie statt.

Als Haupt­täter wird auch hier Claude S. benannt, es gibt aber noch eine Reihe wei­terer Beschul­digter. Einige der Beschul­digten sind Pro­mi­nente, wie zum Bsp. der spätere fran­zö­sische Bil­dungs­mi­nister Jack Lang.

Mehrere Ange­klagte werden später zu geringen Bewäh­rungs­strafen ver­ur­teilt. Die pro­mi­nenten Beschul­digten gehen straffrei aus, da die Per­sonen, die die Vor­würfe gegen sie erhoben haben, diese zurück­nahmen. Eine dieser Per­sonen beging kurz darauf „Selbstmord“, weshalb von Vielen davon aus­ge­gangen wird, dass die Zurück­nahme der Vor­würfe nicht frei­willig geschah und die Beschul­digten die ihnen zu Last gelegten Taten begangen haben.

Einer der Ver­ur­teilten, Claude S., scheint viele Jahre später in der Zan­dvoort-Affäre wieder auf.

Auf­fällig: Unter den Beschul­digten befindet sich auch der fran­zö­sische Poli­tiker Jack Lang und Schrift­steller Gabriel Matzneff, beide werden später freigesprochen.

Gabriel Matzneff ist für seine pädo­philen Nei­gungen bekannt. Er schrieb jahr­zehn­telang pro-pädo­phile Bücher. 1977 ver­fasste er einen offenen Brief, der in der Tages­zeitung Le Monde ver­öf­fent­licht wurde. In diesem Brief ver­langte er die Frei­lassung von drei Männern, die wegen „sexu­eller Hand­lungen mit 13- und 14-Jäh­rigen“ inhaf­tiert waren. Einige Pro­mi­nente unter­zeich­neten den Brief, um ihre Zustimmung aus­zu­drücken. Einer der Erst­un­ter­zeichner war Jack Lang.

Gleichwohl es Quer­ver­bin­dungen zum Dutroux-Netzwerk gibt, wurde, soweit ersichtlich, zu keinem Zeit­punkt ein Zusam­menhang zum Rosa Bal­let­t/­Dutroux-Netzwerk hergestellt.

Zuerst erschienen bei guidograndt.de