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DSW fordert Deckelung von Mana­ger­ge­hältern — Mehr als 10 Mio. „schwer vermittelbar“

Die „Deutsche Schutz­ver­ei­nigung für Wert­pa­pier­besitz“ fordert eine Deckelung von Mana­ger­ge­hältern. Mehr als 10 Mio. seien „schwer vermittelbar“.
(Von Dr. Rainer Zitelmann)
„Die Systeme sind immer kom­pli­zierter geworden. Hier müsste deutlich abge­rüstet werden“, sagte der Haupt­ge­schäfts­führer der Deut­schen Schutz­ver­ei­nigung für Wert­pa­pier­besitz (DSW), Marc Tüngler. „Eine Deckelung des Gehalts ist heut­zutage unum­gänglich. Wer das nicht hat, hat ein Problem“.
Tüngler fügte hinzu: „Ab 10 Mil­lionen Euro ist eine Ver­gütung für Vor­stands­vor­sit­zende gesell­schaftlich nur noch äußerst schwer ver­mit­telbar. Das sollte ver­mieden werden.“ Für eine Bezahlung darüber hinaus brauche es viele gute Gründe. „Der Auf­sichtsrat muss dafür sorgen, dass die Ver­gütung des Vor­stands ange­messen ist, das ist ein Rie­sen­thema.“ Im Moment ver­sperre die Kom­ple­xität der Ver­gü­tungs­systeme dem Kon­troll­gremium oft den Blick auf das Wesentliche.
Hohe Zustimmung gewiss
Alle, die eine Begrenzung von Mana­ger­ge­hältern fordern, können sich größter Zustimmung gewiss sein. Die SPD ist dafür, die Grünen, die Linke sowieso und auch in anderen Par­teien und in der breiten Bevöl­kerung gibt es viele Sym­pa­thien für diese For­derung. Ich bin sicher, auch die große Mehrheit der Leser dieses Bei­trages ist für eine Deckelung und emp­findet „zu hohe Mana­ger­ge­hälter“ als Skandal. Die Medi­en­be­richt­erstattung über „raff­gierige Manager“ und zu hohe Abfin­dungen hat für eine Stimmung gesorgt, in der sich kein Poli­tiker traut, auf einige Tat­sachen hinzuweisen:
Der über­wie­gende Teil von Mil­lio­nen­ge­hältern besteht aus variablen Gehalts­be­stand­teilen, die sich z.B. an der Ent­wicklung des Akti­en­kurses ori­en­tieren. Die manchmal vor­ge­tragene Recht­fer­tigung, Mana­ger­ge­hälter müssten deshalb so hoch sein, weil die Manager besonders viel „Ver­ant­wortung“ tragen, ist natürlich abwegig. Jeder Kran­ken­pfleger trägt min­destens so viel Ver­ant­wortung wie der Vor­stand eines Groß­un­ter­nehmens. Der Grund für die hohen Gehälter ist ein ganz anderer: Die Gehälter unter­liegen dem Spiel von Angebot und Nach­frage: Wer weniger zahlt als der Wett­be­werber, der wird den Manager, den er für den besten hält, im Zweifel nicht bekommen.
Und was ist mit den hohen Abfin­dungen für Versager?
Und was ist mit den hohen Abfin­dungen für Manager, die dann ver­sagen? Die beim Abschluss eines Ver­trages ver­ein­barte Ver­gütung beruht auf einer Pro­gnose, also auf der Erwartung, wie der Manager künftig per­formen wird. Diese Pro­gnose basiert natur­gemäß auf seinen in der Ver­gan­genheit erbrachten Leis­tungen, worauf denn auch sonst? Sie kann – so wie jede Pro­gnose – richtig oder falsch sein. Das heißt: Die Leistung des Managers kann später besser oder schlechter sein, als es die Eigen­tümer zum Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlusses erwartet haben. Wenn die Leistung extrem schlecht war, muss der Manager gehen. Dann erhält er oft eine Abfindung. Doch diese Abfindung wurde ja bereits zum Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlusses ver­einbart, sie war Teil des bei seiner Ein­stellung aus­ge­han­delten Vertrages.
Es ist wie bei den Fuß­ball­spielern, die sehr hohe Summen erhalten: Sie ver­dienen deshalb so viel, weil nur wenige ihre Leistung erbringen können. Wie­derum geht es um Angebot und Nach­frage. Und wie­derum handelt es sich um Pro­gnosen, die zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlusses getroffen werden – und die richtig oder falsch sein können. Der Fuß­baller kann besser oder schlechter spielen als der Verein es zum Zeit­punkt seines Enga­ge­ments erwartet hat.
War die Pro­gnose falsch, dann tragen die Eigen­tümer des Vereins oder des Unter­nehmens den Schaden (und nicht die Steu­er­zahler). Das sind die Aktionäre, die in diesem Fall zu viel bezahlt haben. Wenn jetzt ein Verein, der für sich bean­sprucht, Inter­essen von Aktio­nären zu ver­treten, eine staat­liche Begrenzung der Mana­ger­ge­hälter fordert, dann ist das eigen­artig: Denn es liegt ja im Ermessen der Eigen­tümer des Unter­nehmens, also der Aktionäre (ver­treten durch den Auf­sichtsrat) die Höhe des Gehaltes fest­legen. Das ist weder Aufgabe eines Vereins noch der Politik.
Sind 10 Mil­lionen „genug“?
Es gibt nur sehr wenige Manager in Deutschland, die mehr als zehn Mil­lionen Euro ver­dienen. Glaubt die DSW, die die Deckelung bei zehn Mil­lionen damit begründet, mehr sei „gesell­schaftlich nur noch äußerst schwer ver­mit­telbar“, damit seien die Neid­ge­fühle befriedigt? Diese Annahme ist voll­kommen weltfremd.
— Wenn die Deckelung zehn Mil­lionen beträgt, wird es heißen, es sei ein Skandal, dass jemand so viel ver­dient, dies sei „gesell­schaftlich nur noch äußerst schwer vermittelbar“.
— Wenn die Deckelung dann auf fünf Mil­lionen gesenkt wird, wird es heißen, es sei ein Skandal, dass jemand so viel ver­dient, dies sei „gesell­schaftlich nur noch äußerst schwer vermittelbar“.
— Wenn die Deckelung dann abermals auf eine Million gesenkt wird, wird es heißen, es sei ein Skandal, dass jemand so viel ver­dient, dies sei „gesell­schaftlich nur noch äußerst schwer vermittelbar“.
— Usw.usw.
Es ist eine sehr naive Illusion, Neid­ge­fühle und Res­sen­ti­ments durch eine ega­litäre Politik redu­zieren zu können. Das Gegenteil ist richtig: Der Soziologe Hans-Peter Müller hat einmal in Anlehnung an Simmel for­mu­liert: „Soziale Ungleichheit und Ver­suche zu ihrer Ega­li­sierung sind ein unauf­hör­licher Prozess ohne Höhe- oder End­punkt. Nicht allein die abso­luten, sondern auch die rela­tiven Ungleich­heiten pro­vo­zieren Gefühle des Neids, der Miss­gunst und des Res­sen­ti­ments. Je weiter die äußere soziale Anglei­chung vor­an­ge­trieben wird, desto unter­schieds­en­si­tiver wird die gleich­ge­stellte Bevöl­kerung für die resi­dualen Dif­fe­renzen. Mehr Gleichheit schärft das Ungleich­heits­be­wusstsein.“ Über­setzt heißt das: Min­dest­löhne können nach dieser Logik nie hoch genug sein und müssen immer steigen, die Mana­ger­ge­hälter umge­kehrt werden aus Sicht der Apostel von „sozialer Gerech­tigkeit“ immer zu hoch sein, egal wo sie gede­ckelt sind.
Aktu­elles Interview mit Rainer Zitelmann zu seinem diese Woche erschie­nenen Buch Kapi­ta­lismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung
 


Dr. Rainer Zitelmann für TheEuropean.de