Die rot-rot-grüne Toi­letten-Koa­liton löst ein drin­gendes Bedürfnis-Problem

Der neue rot-rot-grüne Senat in Berlin hatte sich gerade gebildet, das neue Abge­or­den­tenhaus war eben zusam­men­ge­treten, da preschte der neue Jus­tiz­se­nator Dirk Beh­rendt (Grüne) mit der ersten Vorlage an das Lan­des­par­lament voran: „Hürden im Alltag besei­tigen – Unis­ex­toi­letten in öffent­lichen Gebäuden ein­richten“. Damit zeigte der Jus­tiz­se­nator, dass er sich von den läs­tigen Pro­blemen wie Dro­gen­kri­mi­na­lität, Ein­bruchs­de­likten, Taschen­dieb­stählen und Gewalt im öffent­lichen Raum, nicht von den wirklich wich­tigen Dingen des Lebens ablenken lässt. Denn Beh­rendt ist auch für die Anti­dis­kri­mi­nierung zuständig. Da ist es ihm ein drin­gendes Anliegen, das Toi­let­ten­problem für Men­schen, die nicht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sind, zu lösen.

Nun wäre, wenn man sich unbe­dingt mit Toi­letten beschäf­tigen möchte, in Berlin wirklich einiges zu tun. Unzählige Schul­toi­letten der Stadt sind in einem kaum benutz­baren Zustand. Ein Problem, das zum Himmel stinkt.

Statt­dessen wurde durch die lan­des­eigene Ber­liner Immo­bi­li­en­ma­nagement GmbH (BIM) eine Mach­bar­keits­studie zur Ein­richtung von Toi­letten aller Geschlechter in Auftrag gegeben. Anhand eines „Bei­spiel­port­folios“ von zehn öffent­lichen Gebäuden sei eine „Bestands­auf­nahme durch Plan­studium und Objekt­be­gehung“ vor­ge­sehen. Dem sollten Plan­vor­schläge und eine Kos­ten­schätzung folgen. Geprüft werden müsse dabei, ob die Umwandlung von WCs in Unisex-Anlagen der Arbeits­stät­ten­ver­ordnung und den tech­ni­schen Regeln für Arbeits­stätten ent­sprechen. Ob die Studie inzwi­schen fer­tig­ge­stellt wurde, ist unklar.

Selbst bei grünen Wählern rief dieser Vorstoß Kopf­schütteln hervor. Trotzdem wurde das Toi­let­ten­problem vom Senat mit einer Ziel­stre­bigkeit ver­folgt, die man sich für die Män­gel­be­sei­tigung am Pan­nen­flug­hafen oder die Ver­folgung von Dro­gen­de­likten wün­schen würde.

Dieser Tage wurde bekannt gegeben, dass der rot-rot-grüne Senat den Betrieb der öffent­lichen Toi­letten neu ordnen will. Auch im Hause von Umwelt­se­na­torin Regine Günther war ein dringend benö­tigtes ein „Toi­let­ten­konzept für Berlin“ geschrieben worden, gemeinsam mit der Firma Zebralog und der Tech­ni­schen Uni­ver­sität Berlin.

Die bahn­bre­chende Erkenntnis dieses hoch­ka­rä­tigen Gre­miums ist, dass es unge­recht sei, wenn nur Männer im Stehen uri­nieren dürften, Frauen aber nicht. Wörtlich: „Aus Sicht der Gleich­stellung sind Pis­soirs nicht akzeptabel.“

Zwar sei es wichtig, meinen die Experten, Männern Urinale anzu­bieten, da sie „eher zum Wild­pinkeln ten­dieren“ würden als Frauen. Aus Gründen der Gleich­be­handlung müssten aber auch Frauen die Mög­lichkeit haben, sich im Stehen zu erleichtern.

Wer ich an dieser Stelle kneift, um fest­zu­stellen, ob er nicht in einem absurden Traum gelandet ist, muss fest­stellen, dass die Experten und ihre poli­ti­schen Hin­ter­män­ner­innen es bitter ernst meinen.

Auf der Suche nach einem gen­der­ge­rechten Becken ist man schon fündig geworden. Der ita­lie­nische Designer Matteo Thun aus Mailand gewann im Jahr 2004 den Desi­gnerpreis „Com­passo d‘Oro“ für das Frauen-Urinal „Girly“, das er für die Firma „Catalano“ ent­worfen hatte.

Nun kann das noto­risch klamme Berlin zwar immer noch nicht die Schul­toi­letten sanieren, hat aber die Mög­lichkeit, mit dem Designer-Urinal die bren­nenden Gen­der­pro­bleme im öffent­lichen Toi­let­tenraum lösen.

Wenn das dann doch zu teuer wird, sollte der Senat sich einen Orts­termin auf dem Rast­platz Par­force­heide direkt vor den Toren Berlins anbe­raumen. Im Gebäude der Park­platz­toi­lette können die Poli­tiker und ihre teuren Experten die Bil­lig­va­riante aus Edel­stahl stu­dieren und sich anschließend für die Kos­ten­er­sparnis loben, mit der die Umrüstung erfolgen kann.

Viel­leicht können dann wenigstens ein-zwei Schulen mit benutz­baren Toi­letten aus­ge­stattet werden.

 

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