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SPD-Wahlk®ampf: Die Höhe des Wehretats

Eigentlich sollte die SPD zufrieden sein. Jeder kennt ihren Wahl­kampf-Spit­zen­kan­di­daten (niemand wählt ihn). Was will man mehr?! Doch ver­zweifelt suchen die Sozis nach Themen, mit denen sie sich von der Union absetzen könnten – und greifen, wie so oft, zum Verrat an der eigenen Politik, hier: zum Verrat an einem von Genossen gege­benen Ver­sprechen, nämlich den Wehretat zu erhöhen. Daß unsere Ver­bün­deten damit nicht sehr zufrieden sind, liegt auf der Hand. Kri­tische Anmer­kungen Polens zur man­gelnden deut­schen Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft belegen dies. Und Frank­reich hat explizit im Frühjahr mehr deut­sches mili­tä­ri­sches Enga­gement verlangt.

„Mit der SPD nicht“

Von der Leyen gilt als unsym­pa­thisch und arrogant, der all­ge­meine Zustand der Bun­deswehr ist bekla­genswert – und die SPD glaubt, die Bürger hätten ihre Politik längst ver­gessen. Das offi­zielle Ziel der Nato-Mit­glieds­länder ist jedoch seit langem, 2 Prozent des Brut­to­in­lands­pro­dukts (BIP) für Ver­tei­digung aus­zu­geben. Derzeit gibt Deutschland etwa 1,2 Prozent seines BIP für die Ver­tei­digung aus – ins­gesamt 37 Mil­li­arden Euro. Will man das offi­zielle Ziel der Nato ein­halten, ent­spräche dies beinahe einer Ver­dop­pelung des Etats.

Über­ra­schend erteilte SPD-Frontmann Oppermann diesem Ziel nunmehr eine klare Absage und erklärte es de facto zur Bedingung fürs Mit­re­gieren: „Das wird es mit der SPD nicht geben“. Trotz der Abkehr von diesem Ziel soll die Bun­deswehr nach Wunsch der SPD mehr Geld bekommen. Schließlich seien die Anfor­de­rungen an die Streit­kräfte in den ver­gan­genen Jahren gestiegen. Neben der Landes- und Bünd­nis­ver­tei­digung ist dies etwa die Abwehr von Cyber­at­tacken und Aus­lands­ein­sätze in Krisenregionen.

Das ist Her­um­doktern an Schwach­stellen, aber keine merkbare Stärkung der Streit­kräfte, wie sie von Fach­leuten innerhalb und außerhalb der Bun­deswehr seit Jahren gefordert wird. Von der Leyen hat irrepa­rable Schäden in der Bun­deswehr ange­richtet. Wer mit „Soft-Themen“ harter Politik und harten Ent­schei­dungen aus­weichen will und statt­dessen auf „neue“ Struk­turen mit Kin­der­gärten, Schwan­ge­ren­uni­formen und Arbeits­zeiten, die zur Still­legung ganzer Schiffs­ein­heiten führen, setzt, ist bei einer streit­fä­higen Armee fehl am Platz.

Und auch das noch: Die Bewer­ber­zahlen sind schlecht, und das, obwohl die Bun­deswehr ihre Anfor­de­rungen her­un­ter­ge­setzt hat. Trotz der unter von der Leyen ver­kün­deten „Trend­wende Per­sonal“ schrumpft die Bun­deswehr. Ende Juni dienten 177.900 Sol­daten in der Truppe, 400 weniger als im Mai. Zu allem Übel hatte v. d. Leyen der Truppe im Frühjahr ein Hal­tungs­problem bescheinigt und sich damit intern unbe­liebt gemacht.

Vater­landslose Gesellen

Darin sieht die SPD nun ein gefun­denes Fressen. Was fatal an den Vorwurf der „vater­lands­losen Gesellen“ erinnert, ist nun die Kehrt­wende der Sozis bei der Frage der Höhe des Wehr­etats nach der Devise: „Was inter­es­siert mich mein dummes Geschwätz von gestern.“ Und es inter­es­siert sie wohl auch nicht, daß sie damit ihrem (eins­tigen) Genossen Außen­mi­nister Stein­meier kräftig in den Aller­wer­testen tritt. Wieso hatten damals Stein­meier und die SPD im Gesamten diesem Ziel zuge­stimmt? Gibt es eine neue Lage, die diese Kehrt­wende recht­fer­tigte? Nein, eben nicht. Also Wen­dehals um 360 Grad. Der Sozi als unzu­ver­läs­siger Genosse par excellence.

Aber bitte, bravo, SPD! Die Genossen klopfen sich auf die Schenkel und glauben, endlich ein Wahl­kampf­thema gefunden zu haben, das die Leute bewegt. Tut es das wirklich? Wie mit ihrem „Kanz­ler­kan­di­daten“ kann die SPD auch mit ihren Ideen nie­manden vom Hocker reißen. So blöd sind die Bürger doch nicht, daß sie nicht sähen, wie die nationale und inter­na­tionale Wirk­lichkeit ist. Die SPD macht nun also den Ver­trags­bruch und die Lüge zum Wahl­pro­gramm – immerhin kon­se­quent, dies nicht mehr zu ver­bergen. Mit der SPD können sich die Sol­daten, die auch von ihr in Kriegs­ein­sätzen ver­heizt werden, nun offen sicher sein, auch wei­terhin mit man­gel­hafter, nicht sichernder Aus­stattung ver­heizt zu werden.

Es gibt nicht nur neue Bedro­hungen von außen (z. B. inter­na­tio­naler Ter­ro­rismus), sondern die Bun­deswehr hat auch im Inneren hand­feste Pro­bleme, vor allem beim Material und bei der (miesen) Stimmung in der Truppe, die besonders auf v. d. Leyens unglück­liche Amts­führung zurück­zu­führen ist. Die Erkenntnis ist bitter, aber es hilft kein Gesundbeten:

Derzeit ist die Bun­deswehr nur höchst bedingt abwehr­bereit und kann dem ver­fas­sungs­mä­ßigen Ver­tei­di­gungs­auftrag nicht nachkommen.

Aber ein Land, das sich selbst nicht ver­tei­digen kann, 

wird von keinem anderen Land ernst genommen.

Das ist leider eine alte, poli­tische Bin­sen­weisheit. Man kann nicht gleich­zeitig Ver­tei­di­gungs­fä­higkeit fordern und die (u.a. finan­zi­ellen) Folgen leugnen. Wenn Oppermann und Genossen das tat­sächlich wollen, müßten sie kon­se­quen­ter­weise gleich für den Aus­tritt aus der NATO plädieren.