Die Luft scheint dünn zu sein, in den Redaktionen von Deutschlands großen Tageszeitungen, denn anders als mit einem ausgeprägten Sauerstoffmangel lassen sich einige Ergüsse mancher Schreiberlinge nicht erklären.
Ganz aktuell beweist das mal wieder ein Herr Bernd Ulrich in der ZEIT-Ausgabe 40/17 in der er über die Definierung der Leitkultur zu schwadronieren scheint und dabei eine, im ersten Moment auf Verwirrtheit schließende, auf den zweiten Blick aber erschreckend weltfremde Schlussfolgerung zieht:
„Alle bisherigen Debatten darüber hatten etwas Bemühtes, meist blieben sie schon an der Frage hängen, ob man jenseits abstrakter Grundgesetz-Gläubigkeit überhaupt Patriot sein dürfe und ob der Begriff Leitkultur nicht unbesehen abzulehnen sein. Doch fiel auch Leitkultur-Befürwortern jenseits von GG, Wurst und Goethe wenig ein. Man ließ die Sache im Vagen, konnte es auch, weil der mutmaßliche Gegner nicht so stark war – etwa der Islam. Springer-Chef Döpfner hat noch letzte Woche pompös vor einer „Unterwerfung“ unter den Islamismus gewarnt – aber wer glaubt das schon? Islamisten stellen eine sicherheitspolitische Gefahr dar – aber keine hegemoniale Bedrohung; sie sitzen in keinen relevanten Redaktionen, auf keinen Lehrstühlen, nicht im Bundestag. Das war die leichtere Schlacht.
Seit Sonntag sieht die Bedrohungslage anders aus; da hat es eine Gruppe in den Bundestag geschafft, die bereits zahlreiche Freunde in der Bundeswehr, an Schulen und Hochschulen hat und die den bisherigen Grundkonsens des Landes ablehnt. Die AfD ist der erste relevante Gegner der oft behaupteten, aber kaum je definierten deutschen Leitkultur.“
Man lasse dies einmal sacken und führe sich vor Augen, was der Schreiberling hier behauptet. Wer eine reale Bedrohung für das Leben und die Freiheit der Menschen, der Kultur und der ganzen aufgeklärten Moderne, mit all ihren sich mühsam erkämpften Errungenschaften so klein redet und dafür eine demokratische gewählte Partei – die drittstärkste Kraft im deutschen Bundestags – als eine Bedrohung der deutschen Kultur, des gewachsenen Leitbildes dieses Landes ansieht, der sollte schnellstmöglich in Klausur gehen und über seine Werte nachdenken.
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