Von Frank Grätz / BLEND3 - CDU Sachsen, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32654778

Sta­nislaw Tillich — Die Bestrafung eines Abweichlers

Der Rück­tritt von Sta­nislaw Tillich kam für die Sachsen-CDU über­ra­schend. Tillich, der nicht Spit­zen­kan­didat bei der Bun­des­tagswahl war, kün­digte den Abschied von seinen Ämtern an, den er im Dezember voll­ziehen will, um die Ver­ant­wortung für das kata­stro­phale Bun­des­tags­wahl­er­gebnis zu übernehmen.

Bezeich­nen­der­weise schien man in Berlin weniger über­rascht zu sein, als in Dresden. Nur Lothar de Mai­zière ließ eilig ver­lauten, dass dies doch nicht nötig gewesen sei.

Mein erster Gedanke war, dass Tillich weniger die Kon­se­quenz aus dem schlechten Wahl­er­gebnis zu ziehen hatte, sondern in erster Linie aus seinem Wider­spruch gegen die Haltung der Kanz­lerin. Schließlich hatte er eine schärfere Asyl- und Ein­wan­de­rungs­po­litik gefordert und von seiner Partei ver­langt, die Lücke nach rechts zu schließen. Wer so wider den Stachel löckt, muss bestraft werden, damit dem Rest der CDU-Minis­ter­prä­si­denten klar ist, dass sie den Mund zu halten haben.

Zwar wurde Til­lichs Abgang mit allerlei Lob­hu­de­leien ver­nebelt, aber schon am nächsten Tag verriet GMX in Koope­ration mit SPIEGEL ONLINE, worum es wirklich ging.

Unter dem mar­tia­li­schen Titel: „Deutsch­tü­melei in Sachsen: Rechts auf der Karte“ zog Möch­tegern-Regie­rungs­sprecher Janko Tietz über die von Tillich geführte Lan­des­partei her: Die „CDU in Sachsen … hat Deutsch­tü­melei zuge­lassen wie kaum anderswo…Zu zaghaft der Wider­spruch gegen Pegida…Ministerpräsident Sta­nislaw Tillich hat dieses Klima stets gefördert, zuletzt mit der Aussage, ‚Die Men­schen wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt’…Zu sehr hat sich die CDU – und ihr Vor­sit­zender zuvor­derst – während der Regent­schaft den Men­schen mit braunem Gedan­kengut angebiedert…[Es] durften und dürfen viele Sachsen ganz unge­niert behaupten, es gäbe eine ‚Mas­sen­ein­wan­derung‘ …“. Hor­rible dictu! Eine Million junge Männer innerhalb weniger Monate sind keine Mas­sen­ein­wan­derung! Wer das denkt, muss schnellstens umer­zogen werden! Laut Tietz sei es die „Aufgabe der Regierung, den Sachsen klar­zu­machen, dass Deutschland auch Deutschland bleiben wird, wenn Men­schen einwandern“.

Alles klar: Die Land­schaft bleibt die gleiche, auch wenn sie von anderen Men­schen bewohnt ist. Das hat das ver­gangene tota­litäre Jahr­hundert bewiesen.

Tillich hat also versagt bei der in Berlin gewünschten Gehirn­wäsche seiner Unter­tanen, die heute ver­schwiemelt „die schon länger hier leben“ genannt werden. Da musste ein Exempel sta­tuiert und ein Urteil gefällt werden, als Abschre­ckung für andere CDU-Poli­tiker, nach dem Motto „Bestrafe einen – erziehe hundert“, spottete ein Freund.

Die Urteils­be­gründung über andere Medien wie SPIEGEL ONLINE liefern zu lassen, gehört zu den bewährten Methoden von Kanz­lerin Merkel, die als über den Dingen schwebend wahr­ge­nommen werden möchte und sich nicht selber die Hände schmutzig machen will. Aller­dings, wer den Boden unter den Füßen ver­loren hat, der kann nicht mehr klar beur­teilen, was sich dort abspielt.

Mit dem pas­siven Wider­stand Til­lichs hatte Merkel offen­sichtlich nicht gerechnet. Statt sich brav von Thomas de Mai­zière auf dem Par­teitag ablösen zu lassen und damit dem Merkel-Ver­trauten, der nicht ins Jamaika-Schema passt, eine ange­mes­senen Ver­sor­gungs­posten zu über­lassen, trat Tillich selbst­be­stimmt zurück und nomi­nierte seinen Nach­folger. Der Par­tei­vor­stand folgte seinem Vor­schlag ein­stimmig und schlug dem ungläu­bigen Thomas damit nach­haltig die Tür vor der Nase zu.

Michael Kret­schmer ist eine gute Wahl, wenn er hält, was er ver­spricht. Der desi­gnierte Minis­ter­prä­sident will die CDU auf einen strikt kon­ser­va­tiven Kurs führen. Er plä­dierte für „deutsche Werte“ und einen starken Rechts­staat. Das Grund­gesetz sei nicht ver­han­delbar. Der Tages­spiegel ver­suchte, ihn zu dis­kre­di­tieren, indem er in er titelte: „Kret­schmer für deutsche Werte“. Aller­dings scheint das außer die Redak­teure und einige hart­ge­sottene Leser nie­manden mehr zu stören.

Kret­schmer selbst reagierte gelassen: „Ich stehe mit beiden Beinen fest in der Mitte unseres poli­ti­schen Systems.“ Sollte er da stehen bleiben, wäre das nicht nur gut für Sachsen, sondern auch für Deutschland. Die All­macht der „mäch­tigsten Frau der Welt“ ist mächtig am brö­ckeln. Nicht mal in Sachsen kann sie sich noch voll durch­setzen. Aber an den wider­stän­digen Sachsen hat sich schon das Politbüro die Zähne aus­ge­bissen. Schließlich begannen die Mon­tags­de­mons­tra­tionen in Leipzig und Dresden wurde zur Haupt­stadt der fried­lichen Revolution.

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