Die europäische Kulturfrage ist das zentrale Thema und der logische Endpunkt jeder sinnvollen Denkarbeit zur Massenmigration und deren Folgen. Die Frage ist einfach und klar zu formulieren: Wer wird im Rahmen der anhaltenden demografischen Transformation die kulturelle und gesellschaftliche Führung in Europa übernehmen? Die Antwort wird zwangsläufig in ein Entweder/Oder münden, denn es kann immer nur eine Leitkultur geben. Freilich sind auch Verschmelzungen von Kulturen möglich, aber das ist keine Frage von rasch abgehaltenen Integrationskursen, scheinheiligen Debatten oder politkorrekten Statements, sondern eine von Jahrhunderten. Oder eine von Eroberungskriegen.
Es geht um Stärke und Schwäche
Bei der Zuspitzung der Kulturfrage ist gar nicht so sehr nur die schiere Zahl der Immigranten maßgeblich, sondern vor allem auch die jeweilige kulturelle Stärke bzw. Schwäche der infiltrierten Gesellschaft und natürlich jene der jeweiligen Eindringlinge. Je diversifizierter die Zielgesellschaft ist, desto leichter fällt es weltanschaulich homogen strukturierten Ankömmlingen, ihre eigene Kultur dort zu etablieren.
Eine Gesellschaft wie die kontinentaleuropäische, die ununterbrochen an der Formulierung ihrer eigenen Werte und an deren verbindlicher Umsetzung scheitert und die andauernd liberal mit beliebig verwechselt, löst sich immer mehr in ihre Einzelteile auf. Die einzigen Werte, die das offizielle und politisch korrekte Europa zulässt, heissen Diversity und Equality. Diese diffusen und inhaltsarmen, aber dafür so wohlklingenden Begriffe verführen die Bürger dazu, sich in einem Irrgarten an Beliebigkeiten wieder zu finden, wo jede x‑beliebige Lobby ihre Gier nach Präsenz als Menschenrecht darstellt und Gleichheit, wenn nicht sogar Hoheit will. Diese diversifizierte Gesellschaft bietet letztlich die idealen Angriffsflächen für jede homogene und von Eroberungsgeist getragene fremde Kultur.
Das Gesetz des Handelns
Die Realität zeigt es uns deutlich und sogar ehemals euphorische Links-Politiker geben es mittlerweile zu: Die Multi-Kulti-Philosophie der sich aufgeklärt und auch lange Zeit insgeheim überlegen fühlenden, weil so toleranten Europäer ist an der Realität der No-Go-Areas und an den täglich lauter werdenden, aber in sich logischen Ansprüchen der Fremden längst zerschellt. Die verantwortlichen Politiker stellen sich zwar noch hin und plappern von Menschenrechten, Hilfspflichten und gemeinsamen Lösungen, die man angeblich nur durch gemeinsame Integrationsanstrengungen schaffen könne, aber im Grunde wissen alle Bescheid: Ohne klare und kompromisslose Ansage und vor allem ohne sichtbare und wirksame Taten ist im wahrsten Sinne des Wortes kein europäischer Staat mehr zu machen.
The Clash of Cultures ist voll im Gange. Die über 20 Jahre alte Prophezeiung Samuel Huntingtons erfüllt sich — und zwar genau jetzt. Die andere Vorhersage, nämlich die Frohbotschaft von Francis Fukuyama, der nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das Ende der Geschichte und den Sieg des Kapitalismus verkündete, ist hingegen leider verhallt. Wir stehen jetzt an einer Zeitenwende, mag das auch noch so pathetisch klingen. Aber noch haben wir die Wahl: Konfrontation und Behauptung oder Aufgabe und Unterwerfung.
Mut zur Wertung
Wer Kultur sagt, muss Wertung wollen. Und wer seine eigene Kultur schätzt, der muss zu ihr stehen und sagen: Sie ist die meine und die beste, ich will sie verteidigen. Im gigantischen Irrtum der politischen Korrektheit und der unkontrollierten Toleranztrunkenheit hat man leider auf sich selber vergessen, weil man allzu lange den gönnerhaft-schuldbewussten Europäer gegeben hat, der ja soviel wieder gut machen muss. Und neuerlich hat sich damit beweisen, dass “gut gemeint” immer das Gegenteil von Gut ist. Anders gesagt: Erst die falsch gelebte und pseudomoralisch aufgeladene Güte hat uns in die jetzige Misere geführt.
Bange Fragen
Nun steht der vielgescholten “weiße europäische Mann” plötzlich vor der Tatsache, harte Entscheidungen treffen und Fragen beantworten zu müssen, die er längst überwunden glaubte. Er muss Ja oder Nein sagen und dann danach handeln. Aber bange Fragen quälen ihn: Wird er noch kämpfen können? Darf er denn das als kultivierter Europäer überhaupt? Oder ist seine Kultiviertheit ohnehin nur noch Degeneration, die er in Konsumismus und Pseudo-Debatten schönfärbt? Kann dieser weiße Mann noch ein Patriot und Verfechter seiner Kultur sein?
Ist der Europäer nicht vielmehr nur noch ein postdemokratischer und feminisierter Schlappschwanz, der sich dümmlich grinsend seine Zukunft von anderen diktieren lassen muss und bei Regenbogenparaden sein kleines Glück findet? Wird er in dieser Verfasstheit noch den Mut aufbringen, im Namen seiner Kultur zu werten, was richtig und was falsch ist? Und die bangste Frage, die über allen anderen schwebt: Wird er dieses ganze üble Spiel überhaupt noch gewinnen können?
Die Chance lebt
Noch ist die Chance intakt. Die Osteuropäer zeigen uns seit einiger Zeit, wie wir sie nützen können. Gerade Österreich hat allen historisch belegbaren Grund, nicht ständig nach Berlin, Rom und Paris zu schielen, sondern seinen Blick nach Prag und Budapest zu richten. Dort wird die Zukunft Europas gemacht. Und man kann dabei sein — oder eben nicht.
Dr. Marcus Franz / thedailyfranz.at