Der nachfolgende Kommentar im Blog der FINANZ und WIRTSCHAFT erschien noch vor dem (vorläufigen) Ende der neuen Regierung in Italien. Er zeigt sehr schön, dass es in der Tat so oder so nicht so schnell zu einer neuen Eurokrise kommt. Weil die EZB einen so guten Job gemacht hat und die Italiener sich langfristig zu supertiefen Zinsen finanziert haben. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben!
Es lohnt sich dennoch, diese Fakten im Hinterkopf zu haben:
- „Die Sorge besteht, dass die höheren Marktzinsen die angespannte Haushaltslage sprengen könnten. Italien muss jedes Jahr rund 250 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufnehmen (…). Steigen die Marktzinsen, zahlt der Staat mehr.“
– Stelter: so die Theorie. In der Praxis dauert es sehr lange, bis sich die gestiegenen Zinsen auswirken. - „In den vergangenen Jahren sind die Zinsen so kräftig gesunken, dass die Finanzierungskosten immer noch niedriger liegen als früher. Selbst dann, wenn die Zinsen steigen.“
– Stelter: Das ist das Werk der EZB. Es gibt keinen Druck mehr.
- „Am Höhepunkt der Euroschuldenkrise 2012 zahlte der italienische Staat einen Durchschnittszins von 4,38 % auf seine Schulden. Gegenwärtig sind es 2,8 %. (…) Selbst wenn die Zinsen weiter steigen, verteuert sich der Schuldendienst nur sehr langsam. (…) Die Bank Intesa Sanpaolo schätzt, dass der «Breakeven» frühestens 2020 erreicht wird, der Zins für Neuemissionen also gleich hoch sein wird wie die Durchschnittsrendite.“
– Stelter: Bis dahin könnte die neue Regierung also tun, was sie will. Es hätte keine kurzfristigen Konsequenzen. - „Auch die Gläubigerstruktur hat sich entschärft. Der Anteil ausländischer Banken, Hedgefonds und Kleininvestoren hat markant abgenommen. 2008 war die Hälfte der italienischen Schuldtitel in den Händen von Anlegern im Ausland. Heute ist es nur etwas mehr als ein Drittel. Plötzliche Verkaufswellen wie jene von 2011–2012, als die Gläubiger aus dem Ausland gleich scharenweise abzogen, sind somit weniger riskant.“
– Stelter: Viel wichtiger ist, die rote Linie geht nach oben!
- „Seit dem europaweiten Anleihenkaufprogramm sind die Europäische Zentralbank und die Banca d’Italia, die vier Fünftel der Ankäufe auf ihre Bücher nimmt, zum wichtigsten Gläubiger Italiens geworden. Sie halten fast ein Fünftel der Schuldtitel und damit erstmals mehr als die Geschäftsbanken des Landes.“
– Stelter: Da sage noch jemand, dass es keine Monetarisierung der Schulden ist! - „Italiens Geschäftsbanken haben ihre Staatsanleihenbestände in den vergangenen drei Jahren nur leicht abgebaut. Sie bleiben auch aus diesem Grund die grösste Schwachstelle des drittgrössten Euromitglieds. Wegen ihrer umfangreichen BTP-Portefeuilles hängt die Profitabilität der Banken immer noch vom Kursverlauf der Anleihen ab. (…) Ein anhaltender scharfer Zinsanstieg respektive ein BTP-Kursverlust führt allerdings dazu, dass Italiens Banken ihre Risiken zurückfahren. Sie vergeben weniger Kredite – und das bremst die Wirtschaft.“
– Stelter: Da soll doch jetzt die Bankenunion helfen 🙂
Fazit: „Es droht aber kein Staatsbankrott und damit keine Euroschuldenkrise. Sondern höhere Zinsen in Verbindung mit den hohen Steuern und Abgaben, und die könnten das Land schon bald in die nächste Rezession treiben.“ – bto: Es ist so einfach, solange die EZB alles kauft, gibt es keine Krise. Super.
→ fuw.ch: „Baltensperger: ‚In Italien tickt eine Zeitbombe‘, 25. Mai 2018
Dr. Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvios.com