AfD will gegen Unter­stüt­zer­verein klagen und schickt „Erdogan-Kanzlei“ Höcker ins Feld

Die AfD will gegen den “Verein für Rechts­staat­lichkeit und bür­ger­liche Freiheit” klagen, der sie bislang in Wahl­kämpfen massiv unter­stützt hat. Dabei geht es offenbar vor allem darum, den Ver­dacht der ille­galen Par­tei­en­fi­nan­zierung los­zu­werden, wie aus Doku­menten her­vorgeht, die WDR, NDR und Süd­deut­scher Zeitung vor­liegen. Der Verein will trotz der Kla­ge­drohung weitermachen.
Die AfD ver­stärkt ihre juris­ti­schen Bemü­hungen und ver­klagt einen mil­lio­nen­schweren Unter­stüt­zer­verein. Das bestä­tigten Par­teichef Jörg Meuthen sowie der von der Partei beauf­tragte Anwalt Carsten Brennecke aus der Kölner Medi­en­rechts­kanzlei Höcker gegenüber WDR, NDR und Süd­deut­scher Zeitung. Die Klage gegen den “Verein für Rechts­staat­lichkeit und bür­ger­liche Frei­heiten” gehe vor­aus­sichtlich in der kom­menden Woche raus. Sie werde ange­strengt, weil der Verein auf ein Abmahn­schreiben der Partei nicht reagiert habe und wei­terhin auf Pla­katen sowie in einer Gra­tis­zeitung dazu aufrufe, AfD zu wählen. Der Chef des Vereins, der von anonymen Spendern finan­ziert wird, wirbt seit mehr als zwei Jahren massiv für die Partei. Bisher hatte die AfD diese will­kommene und für sie kos­tenlose Unter­stützung gelassen hin­ge­nommen. Doch seit geraumer Zeit übt die Bun­des­tags­ver­waltung, die für Par­tei­en­fi­nanzen zuständig ist, immer mehr Druck auf die Partei aus und geht dem Ver­dacht der ille­galen Par­tei­en­fi­nan­zierung in bis zu zwei­stel­liger Mil­lio­nenhöhe nach. Zuerst demons­trierte die Partei jüngst Distanz mit einem Abmahn­schreiben — nun soll eine Klage folgen. “Wir haben im Bun­des­vor­stand abge­stimmt, dass wir jetzt klagen, die Kla­ge­schrift ist in Vor­be­reitung und kommt”, bestä­tigte Jörg Meuthen am Freitag WDR, NDR und SZ. Laut Anwalt Brennecke will man dem Verein ver­bieten, “Wer­be­maß­nahmen unter Benennung der AfD” zu publi­zieren. Es geht um den Schutz von Namens- und Markenrechten.
WDR, NDR und SZ liegt par­tei­in­terner Mail­verkehr sowie das Abmahn­schreiben an den AfD-Unter­stüt­zer­verein und dessen Vor­sit­zenden David Bendels vor. Daraus geht hervor, dass die Partei inzwi­schen sieht, dass mil­lio­nen­schwere Wer­be­kam­pagnen eines Unter­stüt­zungs­vereins als illegale Par­tei­en­fi­nan­zierung ange­sehen werden könnte. So heißt es im Abmahn­schreiben an den Verein: “Die von Ihnen ange­fer­tigte und ver­öf­fent­lichte Werbung ist dazu geeignet bzw. geeignet gewesen, bei einem unbe­fan­genen Betrachter zu der irrigen Annahme zu führen, dass es sich dabei um Werbung unserer Man­dantin han­delte bzw. um solche, die mit Wissen und Zustimmung im Auf­trage unserer Man­dantin ange­fertigt und ver­öf­fent­licht wurde”. Und in einem Schreiben an die AfD emp­fiehlt die Kölner Rechts­an­walts­kanzlei Höcker die Unter­las­sungs­klage mit der Begründung: “Die Erfolgs­aus­sichten halten wir für gut, aber nicht für sicher. Zu ihren Gunsten lässt sich argu­men­tieren, dass die Plakate auf Grund der Bewerbung der AfD und der Ver­wendung der AfD-Farben durchaus den Ein­druck erwecken, dass sie im bewussten Zusam­men­wirken mit der AfD ange­boten werden.” Eine bemer­kens­werte Ein­schätzung. Auch der Hin­ter­grund der über­ra­schenden neuen Ent­schlos­senheit wird in der Mail deutlich: “Ein Kla­ge­ver­fahren emp­fehlen wir aber auch deshalb, um gegenüber Dritten, etwa der Bun­des­tags­ver­waltung, nach­weisen zu können, dass diese Plakate nicht im Ein­ver­nehmen mit der AfD ange­boten werden.” Par­tei­recht­lerin Sophie Schön­berger glaubt, dass es der AfD genau darum geht: “Dass man dem zuvor­kommt, dass man der AfD nicht unter­stellen kann, sie würde das Ganze dulden und auf diese Art und Weise die Par­tei­spenden prak­tisch annehmen.”
Auch eine interne Mail des Par­tei­chefs Jörg Meuthen zeigt die Intention, sich demons­trativ abzu­grenzen. Darin fordert er “klare Kante”, und zwar “in eigenem Interesse”. “Wir müssen hier glaubhaft sein”, schreibt er, sonst “wird man uns unter­stellen, wir wollten das tat­sächlich gar nicht durch­setzen”. Eher pro­ble­ma­tisch sehen die eigenen Anwälte, dass die AfD die Plakate viele Monate lang hin­ge­nommen habe, ohne dagegen vorzugehen.
Der Vor­sit­zende des Vereins für Rechts­staat­lichkeit, David Bendels, will an seiner Kam­pagne offenbar unver­ändert fest­halten — auch vor der baye­ri­schen Land­tagswahl. “Als unab­hän­giger Verein werden wir natürlich auch zukünftig Wahl­emp­feh­lungen aus­sprechen. Dies ist unser demo­kra­ti­sches und plu­ra­lis­ti­sches Recht. Und derzeit ist die AfD unseres Erachtens nach die einzige kon­ser­vativ-bür­gerlich-frei­heit­liche Kraft in Deutschland”, sagte Bendels zu WDR, NDR und SZ.


Redak­tio­nelle Anmerkung: Die Kanzlei Höcker machte 2016 Schlag­zeilen, als sie von dem tür­ki­schen Staats­prä­si­denten Erdogan beauf­tragt wurde, beim Land­ge­richt Köln einen Antrag auf einst­weilige Ver­fügung gegen den Vor­stands­vor­sit­zenden der Axel Springer SE Mathias Döpfner ein­zu­reichen. Döpfner hatte sich öffentlich mit Jan Böh­mermann soli­da­ri­siert, Höcker ver­tritt Erdogan in all seinen Belei­di­gungs­klagen nach dem Böh­mermann-Gedicht in Deutschland außer in der Klage gegen Böh­mermann per­sönlich. Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD den recht­lichen Bei­stand der Kanzlei sucht. Im Streit um die Nutzung der Domains „afd-im-bundestag.de“ und „wir-sind-afd.de“ wurde eben­falls die Kanzlei Höcker beauftragt.