Deutschland plemplem: 50.000 € Bußgeld für eine tote Wespe, aber insek­ten­aus­rot­tende Insek­tizide zulassen

Der anhal­tende Hitze und Tro­ckenheit sorgte für einen veri­ta­b­lenen Wes­pen­sommer. Die Bedin­gungen waren von Anfang an ideal. Ab Mitte März, Anfang April fliegen die Köni­ginnen aus und gründen neue Völker. Wes­pen­kö­ni­ginnen haben es nicht leicht, sie sind anfangs sozu­sagen „allein­er­zie­hende Mütter“. Sie müssen die ersten Larven ihres Volkes allein füttern und gleich­zeitig das Nest auf­bauen. Kommt noch einmal ein Käl­te­ein­bruch im Frühjahr, gehen sehr viele junge Nester zugrunde. Doch in diesem Jahr fiel die Schafs­kälte aus und das Wetter blieb stabil warm und trocken – fan­tas­tische Bedin­gungen für die Wespen.
Ent­spre­chend nervig sind die schwarz­gelben Brummer bei den schönen, lau­schigen Grill­abenden oder Kaffee- und Kuchen­kränzchen im Garten. Andauernd wird man von Wespen umflogen und muss auf­passen, dass man nicht aus Ver­sehen mit dem Kuchen auch eine Wespe in den Mund bekommt. Das pene­trante Gesurre auf Tisch und Teller und die aus­ge­prägte Bereit­schaft dieser Tiere, auch sofort zuzu­stechen, kann einem schon die Freude ver­derben. Da greift mancher zur Selbst­ver­tei­digung und mördert ein paar der Nervensägen.
Doch halt! Das kann enorm teuer werden!
Wespen stehen unter Natur­schutz und in Nord­rhein-West­falen stehen auf das Töten von Wespen oder Wild­bienen saftige Strafen. Bis zu 50.000 Euro für einen ein­zigen Wes­penmord sind möglich. Das steht im Bun­des­na­tur­schutz­gesetz und in der Bun­des­ar­ten­schutz­ver­ordnung. Eine Tabelle, welche Buß­gelder bei Wes­penmord wo fällig werden, findet man hier.
Relativ günstig mit 5.000 Euronen bei Wes­penmord kommt man in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nie­der­sachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig Hol­stein davon. Die anderen bewegen sich – bis auf NRW – zwi­schen 10.000 und 15.000. Nur Nord­rhein-West­falen, das rot­grüne Wun­derland, sticht mal wieder mit dem größten Irrsinn hervor: 50.000 Euro.
Gleich­zeitig dürfen aber nach wie vor Insek­tizide pro­du­ziert und ange­wendet werden, die nach­weislich bereits in weiten Teilen Deutsch­lands das Insek­ten­leben bis kurz vor die Aus­rottung gebracht haben. Bun­des­um­welt­mi­nis­terin Svenja Schulze „will das Insek­ten­sterben stoppen“, kommt aber nicht so recht vom Fleck damit. Saft- und kraftloe For­mu­lie­rungen wie „Wir brauchen einen Gly­phosat-Aus­stieg in dieser Legis­la­tur­pe­riode“ und „wir brauchen einen grund­sätzlich restrik­ti­veren Einsatz bei allen Pflan­zen­schutz­mitteln, ins­be­sondere in Schutz­ge­bieten nach dem Natur­schutz­gesetz und in Was­ser­schutz­ge­bieten“ sind reine Absichtsäußerungen.
Das Gly­pho­sat­verbot (Roundup, Monsanto) kam über­haupt nur auf­grund mas­siven Bür­ger­pro­testes zustande, durch Kam­pagnen und Unter­schrif­ten­ak­tionen, Pro­test­märsche und mas­sen­hafte Anrufe und Schreiben an die Abge­ord­neten. Die deut­schen Bürger setzen sich für den Schutz der Insekten ein. Und was war der Erfolg all dieser Anstren­gungen? Die Politik sah sich zwar gezwungen, deshalb dann doch endlich mal die Mord­brühe Gly­phosat zu ver­bieten, nachdem es jah­relang immer noch eine und noch eine Ver­län­gerung für den Einsatz dieses krebs­er­re­genden Giftes gab. Doch die Gift­pan­scher waren schon vor­be­reitet. Die nächste Gene­ration Insek­tengift ist schon da. Sul­foxaflor, Cyan­tr­ani­liprol und Flu­py­ra­di­furon haben ähnlich ver­hee­rende Aus­wir­kungen auf die Insek­tenwelt und wir Bürger können wieder von vorne den Kampf David gegen Goliath aufnehmen.
Die ange­drohten Buß­gelder für Wes­penmord werden zwar nur im Falle von besonders schweren Ver­gehen ver­hängt, sagt Wilhelm Dei­termann, Pres­se­sprecher des Lan­des­um­welt­amtes in NRW. Es handle sich ja auch „nicht um feste Sätze, sondern Abstu­fungen, die von den unteren Behörden fest­ge­setzt werden“. Jeder Fall müsse indi­vi­duell betrachtet werden. Sehr tröstlich.
Den Bürger wegen Mord an einer Wespe dra­ko­nisch zu bestrafen, gleich­zeitig aber straflos zuzu­lassen, dass durch Pes­tizide die Insekten ins­gesamt in Mil­li­ar­den­zahlen getötet werden, ist absurd, hirnlos, über­zogen und überdies sinnlos.
Leider – wenn auch nach­voll­ziehbar – zuckt der deutsche Pack- und Köter­bürger bei all dem Wahnsinn, der ihn umgibt, nur noch mit den Schultern und ver­meidet es (noch), im Irrenhaus Deutschland irgendwie ungünstig auf­zu­fallen. Er zieht den Kopf ein, weil er weiß, dass er aggres­siven Ver­rückten aller Art aus­ge­setzt ist und es keine hohen Buß­gelder zu seinem Schutz gibt. Daher möchte er einfach nur in Ruhe gelassen werden und überleben.