Grie­chenland – kein Grund für Jubelgesänge

Längst scheint ver­gessen zu sein, dass Grie­chenland den Ein­tritt in die Eurozone erschlichen hat. Hierzu dienten mani­pu­lierte Daten (soge­nannte Zins­tausch (Swap)-Geschäfte die grie­chi­schen Defi­zit­zahlen zu ver­schleiern) und die Hilfe der US-Invest­mentbank Goldman Sachs, deren Vize­prä­sident damals in Europa inter­es­san­ter­weise Mario Draghi hieß. Jetzt ver­künden Euro­päische Poli­tiker freudig, dass es in dem fak­tisch bank­rotten Staat auf­wärts geht und Grie­chenland nicht mehr auf Hilfe ange­wiesen ist und den Ret­tungs­schirm ver­lässt. EU-Finanz­kom­missar Pierre Moscovici froh­lockte sogar: „Die grie­chische Krise ist heute Abend vorbei.“ Ist dies tat­sächlich der Fall, oder ist der Sach­verhalt doch ein anderer? Steht das Land tat­sächlich so positiv da, wie uns von der Politik sug­ge­riert wird? Wird der Steu­er­zahler von der Politik abermals hinters Licht geführt? Schauen wir uns die Fakten an: 
Seit 2010 musste der Mit­tel­meer­staat mehrfach durch die Euro-Partner und den Inter­na­tio­nalen Wäh­rungs­fonds (IWF) vor dem Staats­bankrott gerettet werden. Ins­gesamt bekam Grie­chenland seitdem fast 274 Mil­li­arden Euro. Athen musste im Gegenzug für die Bevöl­kerung furchtbar schmerz­hafte Reformen umsetzen. Wir sagen knallhart: Das Land wurde kaputt gespart. Am 20. August 2018 endet das dritte grie­chische Hilfs­pro­gramm mit einem Gesamt­vo­lumen von 86 Mil­li­arden Euro. Aus­ge­zahlt wurden davon bisher 46,9 Mil­li­arden Euro.
Ex-Bun­des­fi­nanz­mi­nister Schäuble als Lügner enttarnt
Mit dem Ver­sprechen, dass der IWF auch bei eben diesem dritten Hilfs­paket für Athen mit­macht und eine finan­zielle Betei­ligung des IWF “unver­zichtbar” sei, hat der ehe­malige Finanz­mi­nister und aktuelle Prä­sident des Deut­schen Bun­des­tages Wolfgang Schäuble die Grie­chenland-Hilfen durch den Bun­destag gebracht. Jetzt laufen sie bald aus und es stellt sich heraus: Schäuble hat die Öffent­lichkeit dreist belogen. Der Bun­destag hat dem dritten Hilfs­paket lediglich in der Erwartung zuge­stimmt, dass sich der IWF daran beteiligt. Der IWF glaubt jedoch den Euro-Opti­misten offen­sichtlich schon lange nicht mehr. Dieser geht berech­tig­ter­weise davon aus, dass Grie­chenland ohne einen Schul­den­schnitt nicht mehr wirt­schaftlich wieder auf die Beine kommt. Beim IWF hat sich seit Län­gerem die Erkenntnis durch­ge­setzt, dass man schlechtem Geld kein gutes Geld mehr hin­ter­her­werfen sollte. Folglich ist auch kein wei­teres Geld mehr vom IWF geflossen. Aber dies ist nicht die erste Lüge von Bun­des­tags­prä­sident Schäuble in der Causa Grie­chenland. Schon 2012 ver­kündete er laut­stark: “Es wird kein zweites Ret­tungs­paket für Grie­chenland geben.“ Grie­chenland hat im End­defekt sogar drei davon bekommen und wir sind uns sicher auch ein viertes Paket wird kommen.
Jetzt soll abermals Geld nach Athen fließen. Deutschland und die übrigen Euro­partner einigten sich auf eine „letzte“ Mil­li­ar­den­tranche an Athen in Höhe von 15 Mil­li­arden Euro aus dem lau­fenden Ret­tungs­pro­gramm zum Aufbau eines Finanz­puffers. Oben­drein muss Grie­chenland mit der Schul­den­rück­zahlung aus dem zweiten Hilfs­pro­gramm zehn Jahre später beginnen. Ursprünglich hätte Grie­chenland im Jahr 2023 die ersten Raten zurück­über­weisen müssen. Dies ist nichts weiter als ein ver­kappter Schul­den­schnitt. Auf Grund der Inflation wird der einst ver­gebene Kredit wird im Laufe der Jahre immer weniger wertvoll. Bei­spiels­weise ent­wertet einen relativ niedrige Infla­ti­onsrate über 10 Jahre in Höhe von 1,5 Prozent einen Kredit um knapp 14 Prozent. Ein Schuld­schein in Höhe von einer Mil­liarde Euro wäre dann nur noch rund 860 Mil­lionen Euro wert.
Acht Jahre lang benö­tigte Grie­chenland Not­kredite, um seine Aus­gaben finan­zieren zu können und jetzt soll alles besser sein?
Politik und Presse über­schlagen sich mit Jubel­mel­dungen bezüglich eines Auf­schwungs in Griechenland
Grie­chenland ver­zeichnet inzwi­schen wieder ein Wirt­schafts­wachstum (1,7 Prozent in 2017) und einen Haus­halts­über­schuss von 0,8 Prozent. Man geht davon aus das Grie­chenland ab sofort wieder Kredite auf dem freien Finanz­markt auf­nehmen kann. Auf die Kon­di­tionen und die Anzahl der Inter­es­senten sind wir mehr als gespannt.
Woher kommt das „ange­sparte“ Geld des grie­chi­schen Staates? Ein Teil davon gewiss von Steu­er­ein­nahmen sowie vom Ver­äußern von Volks­ei­gentum. Wichtige Teile der grie­chi­schen Infra­struktur wurden pri­va­ti­siert  (Fraport hat z.B. mehrere Flüg­häfen über­nommen) und somit ein für alle Mal aus den Händen des grie­chi­schen Staats. Ein anderer Teil weil Renten noch nicht oder nur teil­weise aus­be­zahlt wurden und weil der Staat viele Leis­tungen an seine Bürger nicht erbracht hat. Ferner wurden grie­chische Renten bereits um 60 Prozent (!) gekürzt. 2019 werden sie erneut gekürzt werden. Was wäre bei uns im Land los, wenn der Staat zu solchen Maß­nahmen greifen würde?
Wie steht es tat­sächlich um Griechenland?
Die grie­chische Ban­ken­land­schaft befindet sich immer noch in einem besorg­nis­er­re­genden Zustand. Diehttps://www.publicomag.com/2018/08/berlins-suender-fall/sogenannten „non-per­forming loans“ (NPLs)

(Kredite, welche seit mehr als 90 Tagen nicht mehr bedient werden) liegen im Schnitt bei 48,5 Prozent aller Kredite — hiervon waren im ersten Quartal 2018 knapp 43,9 Prozent der Immo­bi­li­en­kredite, 57,2 Prozent der Kon­su­men­ten­kredite und 49,6 Prozent der Unter­neh­mens­kredite not­leidend. In Deutschland sind es gerade einmal 2,5 Prozent. Die NPLs werden von der EU, der Bun­des­re­gierung und Finanz­mi­nister Scholz als „Ergebnis der Finanz- und Euro-Krise von 2007/10“ und damit als „vor­über­ge­hende Altlast“ dar­ge­stellt! Jedoch steigt die NPL-Quote noch immer. Die EU, die EZB und Scholz reden das Thema offen­sichtlich schön, weil der Abbau der NPLs ihre selbst­er­klärte Vor­aus­setzung für die Ein­führung von EDIS (Bank­ein­lagen-Ver­ge­mein­schaf­tungs-System) ist! Die NPL-Alt­lasten werden darum medial-poli­tisch klein- und weg­ge­redet. Sie gehen aber nicht einfach weg.
Die Ein­kommen der Griechen sind auf den Stand von 2003 gefallen und 40 Prozent der Griechen sind von Armut und sozialer Aus­grenzung bedroht. Nach wie vor sind 21 Prozent der Griechen ohne Arbeit. Unter den Jugend­lichen sieht es noch schlimmer aus. Hier sprechen wir von unfass­baren 45,4 Prozent, obwohl 300.000 junge und zumeist qua­li­fi­zierte bezie­hungs­weise hoch­qua­li­fi­zierte Men­schen das Land ver­lassen haben, welche beim Aufbau des Landes fehlen werden. Man darf nie ver­gessen: Ein Land ohne Jugend ist ein Land ohne Zukunft!
Die Staats­ver­schuldung des Landes ist mit ungefähr 330 Mil­li­arden – das sind knapp 180 Prozent der Wirt­schafts­leistung – exor­bitant und trotz dra­ko­ni­scher Spar­maß­nahmen, eines Schul­den­schnitts im Jahr 2012 und zahl­reichen Pri­va­ti­sie­rungen wieder fast so hoch wie vor dem Schul­den­schnitt 2012. Der fol­gende Chart zeigt deutlich, dass sich die Schul­denlast seitdem wieder erhöht hat.

Anfang 2018 gab es bereits Jubel­mel­dungen der Presse zu Grie­chenland über den erzielten Über­schuss von 7 Mil­li­arden Euro. Doch bei genauer Betrachtung ist zu erkennen, dass mani­pu­liert wurde. Zwar gab es im Haushalt der Athener Regierung im Jahr 2017 tat­sächlich einen Über­schuss von 1,94 Mrd. Euro, aus dem jedoch nach Zins­zah­lungen ein Minus von 4,2 Mrd. Euro wurde. Auch dieses Defizit ist geschönt. Addiert man die Steu­er­rück­zah­lungen und Rück­stel­lungen für schwe­bende Ren­ten­an­träge hinzu, dann ergibt sich sogar ein Defizit von 6,3 Mrd. Euro!
Die Indus­trie­pro­duktion ist seit dem Hoch im Jahr 2017 um 24 Prozent ein­ge­brochen und befindet sich heute auf dem Niveau von 1994! Damit ist es für die grie­chische Volks­wirt­schaft nicht möglich die Schulden zu begleichen.
Kein Land zahlt seine Schulden zurück – auch nicht Deutschland
Wir sollten uns von der Illusion ver­ab­schieden, dass wir das an Grie­chenland geflossene Geld – wir sprechen nicht von Zinsen — jemals wieder sehen werden. Kein ein­ziges Land bezahlt seine Schulden zurück, auch nicht der Export­welt­meister Deutschland. Der einzige Grund warum sich die Schulden unseres Landes gegen­wärtig ver­ringern liegt daran, dass einer­seits Deutschland sich auf Grund der Nied­rig­zins­phase his­to­risch billig neu ver­schulden kann und ande­rer­seits wir Sparer keine Zinsen mehr erhalten. Der Staat ent­schuldet sich folglich auf Kosten von uns Bürgern.
Fazit: Die Krise in Grie­chenland ist nicht vorbei und ein 4. Hilfs­paket für Grie­chenland wird kommen!
Grie­chenland ist immer noch hoff­nungslos Pleite Die Mär, dass die Rettung für Deutschland ein gutes Geschäft ist, weil 2,9 Mil­li­arden Euro Zinsen ein­ge­nommen wurden ist eben­falls ein Trug­schluss und pure Augen­wi­scherei, denn diese Zins­über­schüsse wurden bereits an Athen zurücküberwiesen!
Der Euro ist nach wie vor und wird auch in Zukunft viel zu stark für das Land sein. So lange der Euro in Grie­chenland besteht, wird das Land niemals aus der Krise kommen, sondern weiter am Tropf und folglich dem guten Willen der der zah­lungs­kräf­tigen Euro­länder hängen. Sobald die Kon­junktur abkühlt – wovon wir aus­gehen und wonach es momentan aus­sieht, von den Kon­se­quenzen eines glo­balen Han­dels­kriegs möchten wir über­haupt nicht sprechen – wird Grie­chenland wieder fri­sches Geld benötigen.
Wie lange werden wir noch gutes Geld schlechtem hin­ter­her­werfen? Die Insol­venz­ver­schleppung geht weiter auf Kosten der Men­schen! Grie­chenland wird seine Schulden zu keiner Zeit zurück­be­zahlen können. Das Land benötigt einen kom­pletten Schul­den­erlass und muss aus der Eurozone aus­treten. Wenn wir tat­sächlich die euro­päische Idee im Kern am Leben erhalten möchten braucht das Land dann einen Mar­shallplan wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.


Die beiden Öko­nomen, Quer­denker, Redner und Hono­rar­be­rater Mat­thias Weik und Marc Friedrich schrieben gemeinsam die vier Best­seller “Der größte Raubzug der Geschichte – warum die Flei­ßigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“,  „Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Ver­mögen retten“, „Kapi­tal­fehler — Wie unser Wohl­stand ver­nichtet wird und warum wir ein neues Wirt­schafts­denken brauchen“
und „Sonst knallt´s!: Warum wir Wirt­schaft und Politik radikal neu denken müssen“. Weitere Infor­ma­tionen über die Autoren finden Sie unter: www.friedrich-weik.de, bei Facebook unter www.facebook.com/friedrichundweik/ und bei Twitter www.twitter.com/FRIEDRICH_WEIK.