Dreihundertzwanzigtausend Unterschriften sind bisher zusammengekommen, damit hat das Volksbegehren gegen die Rundfunkgebühren die erste Hürde von mindestens 100.000 Unterzeichnern schon genommen. Ein Finanzier, der hinter einer Sammelklage gegen den ORF steht, verlangt Rückzahlung der Umsatzsteuer. Es wird eng für den zwangsfinanzierten Staatsfunk.
Der Geldgeber für die Sammelklage ist Advofin, eine Art Prozessfinanzierer. Schon 15.000 Nebenkläger haben sich für die Klage eingetragen. Die Firma ist sich sicher, dass der ORF keine Umsatzsteuer hätte erheben dürfen und beruft sich dabei auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Tschechiens, dem die Erhebung der Umsatzsteuer untersagt wurde (Český rozhlas, Entscheidung C11/15). Würde die Sammelklage obsiegen, müsste der ORF zirka 300 Millionen Euro zurückbezahlen. Laut Advofin gibt es einen Rückzahlungsanspruch von 100 Euro für 3,3 Millionen beitragspflichtige Privatpersonen aus den letzten fünf Jahren (weiter zurückreichende Ansprüche sind verjährt). Die ORF-Tochtergesellschaft GIS ist das Gegenstück zur deutschen GEZ, aka „Beitragsservice“ und der Anspruchsgegner der Sammelklage.
Der ORF und die österreichische Regierung bestreiten die Rechtmäßigkeit der Sammelklage. Man handle nach geltendem österreichischem Recht. Überdies behalte der ORF die Umsatzsteuer ja nicht, sondern führe sie an den Bund ab. Eine sehr unjuristische Betrachtungsweise. Der Empfänger einer zu Unrecht geforderten Leistung kann sich nicht dadurch salvieren, dass er das eingeforderte Geld weitergeben hat. Würde der Sammelklage stattgegeben, müsste die GIS die zu Unrecht geforderte Summe wieder herausgeben und könnte allenfalls möglicherweise ihrerseits die Herausgabe vom Staat verlangen.
Gleichzeitig muss der ORF sich mit dem Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“ auseinandersetzen. Der österreichische Nationalrat berät sich zu dem Sachverhalt. Der Initiator des Volksbegehrens ist die „Christliche Partei Österreichs“ unter Führung von Rudolf Gehring. Teile der FPÖ unterstützen diesen Vorstoß. Ein Insider sagte sogar, die FPÖ fungiere „als Turbo bei dem Volksbegehren“. Die ehemalige Jörg-Haider-Partei ist traditionell ein scharfer Gegner des Staatsfunks und nutzt ihre Anwesenheit im Parlament ausgiebig dazu. Der Mediensprecher der FPÖ, Hans-Jörg Jennewein sieht grundsätzlich das System der Gebührenhoheit für den öffentlichen Rundfunk zur Disposition stehen: „Ein veränderter Medienmarkt braucht auch veränderte Finanzierungsmodelle und dies trifft in besonderer Form auch auf den ORF zu.“
Rudolf Gehring von der Christlichen Partei will nicht ganz so weit gehen: „Mit dem Volksbegehren soll es zu einer grundlegenden Diskussion über eine Reform des ORF kommen, die auf die Interessen der Zuseher und Hörer bedacht nimmt und dadurch die Zukunft des Unternehmens sicherstellt“.
Alexander Wrabetz, der Chef des ORF scheint gelassen. Man wolle für alle Österreicher, auch für die Kritiker des ORF da sein und den Dialog fortsetzen. Ganz so ernst nimmt er die Lage nicht: „Auch wenn in Summe weniger als fünf Prozent der rund 6,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die die ORF-Angebote in Radio, Fernsehen und Online nutzen, unterschrieben haben, ist dies natürlich ernst zu nehmen“.
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