Die Schulden der anderen sollen unsere werden

In einer Familie konnten der Vater und mehrere Kinder mit Geld nicht umgehen, gerieten in immer größere finan­zielle Schwie­rig­keiten. Dar­aufhin wurde mit Mehrheit beschlossen, eine gemeinsame Kasse zu bilden, die zwei Fami­li­en­mit­glieder beauf­sich­tigen sollten, um die Schul­den­macher damit zu zähmen.
Nach kurzer Zeit stellte sich aber heraus, dass die Rück­griffs­mög­lichkeit auf eine gemeinsame Kasse die Schul­den­macher nicht gebremst, sondern nur noch leicht­sin­niger gemacht hatte, sodass einige Fami­li­en­mit­glieder heillos über­schuldet waren und vor der Insolvenz standen. Dar­aufhin beschloss die Familie, dass jedes Fami­li­en­mit­glied eine Rücklage schaffen müsse, um die mög­liche Insolvenz aufzuschieben.

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Wieder dauerte es aber nicht lang, bis auch das Rück­la­gen­system nicht funk­tio­niert hatte. Alle soliden Fami­li­en­mit­glieder hatten Rück­lagen, die über­schul­deten aber nicht. So kam der Fami­li­enrat wieder zusammen und bean­tragten die Über­schul­deten, die Rück­lagen aller Fami­li­en­mit­glieder zu ver­ge­mein­schaften, sodass die vor­han­denen Rück­lagen der Soliden auch die Risiken der Schul­den­macher mit­decken sollten. Damit sollte die Schul­den­ma­cherei der unso­liden Fami­li­en­mit­glieder nicht auf­ge­hoben, aber die Kon­se­quenz des Schei­terns noch auf­ge­schoben werden.
Ebenso wie in der vor­ge­nannten Familie ist die Schul­den­si­tuation der EU-Mit­glieds­länder der Wäh­rungs­union und ins­be­sondere ihrer natio­nalen Banken:
Unter den euro­päi­schen Mit­glieds­ländern der Wäh­rungs­union gibt es solide, die sich wenig ver­schulden — wie Finnland, Nie­der­lande, Deutschland — und andere, die sich über­mäßig ver­schulden — wie Italien, Spanien, Frank­reich, Grie­chenland o.a. Die über­schul­deten euro­päi­schen Länder haben sich vor allem bei Banken ver­schuldet, die wie­derum diese Kredite hem­mungslos bei der EZB abrufen konnten (indi­rekte Staats­fi­nan­zierung). Nun sind die Banken in den Schul­den­staaten nicht nur über­schuldet, sondern zum Teil auch so mit dubiosen Anla­ge­pro­dukten und not­lei­denden Kre­diten belastet, dass sie zur finan­zi­ellen Explo­si­ons­gefahr für das Hei­matland und für die ganze Eurozone werden.
Die Eurozone hat 2014 damit reagiert, dass sie eine gemeinsame Ban­ken­auf­sicht gründete und der EZB übertrug. Zusätzlich hat sie 2016 ein ein­heit­liches Abwick­lungs­ver­fahren für insol­venz­ge­fährdete Kre­dit­in­stitute geschaffen. Beide Vor­sichts­maß­nahmen lösen aber das Problem der Schul­den­in­solvenz von immer mehr Banken in Europa nicht. Darum wollen die Länder mit den meisten not­lei­denden Banken eine gemeinsame euro­päische Ein­la­gen­si­cherung (EDIS), weil die Finanz­märkte beun­ruhigt sind und weil in Italien und Grie­chenland oder Frank­reich die Lage der not­lei­denden Kredite und der außer Kon­trolle gera­tenen Geld­in­stitute bedrohlich wird.
Sie wollen so Rück­griff auf die Siche­rungs­fonds aller euro­päi­schen Banken nehmen dürfen — nach dem Vorbild der frei­wil­ligen deut­schen Ban­ken­ein­la­ge­rungs­si­cherung, welche Ein­lagen bis 100.000 Euro garan­tieren soll, falls ein Geldhaus insolvent geht. Vor allem die Spar­kassen und Volks­banken haben unter­ein­ander solche Fonds bereits auf­gebaut, welche nun die über­schul­deten Länder für ihre Plei­te­banken anzapfen wollen.
Eine gemeinsame Ein­la­gen­si­cherung aller Länder Europas für alle Banken Europas ist beim letzten EU-Gipfel im Juni von den Regie­rungs­chefs prak­tisch abge­segnet worden. Vor allem die Volks­banken und Spar­kassen halten dagegen, dies “sei ein Spiel mit dem Feuer”.
In einigen Ländern hätten sich die Banken mit dubiosen Staats­an­leihen voll­ge­sogen, so dass ein Großteil aller Kredite z.B. in Grie­chenland und Italien als aus­fall­ge­fährdet gelte und dann die Vor­sichts­rück­stel­lungen der deut­schen Spar­banken her­halten müssten: “Die bestehenden For­de­rungen nach wei­teren Risi­ko­über­nahmen zum Bei­spiel durch eine von einigen Mit­glieds­ländern der Euro­päi­schen Union gewünschte gemeinsame Ein­la­gen­si­cherung sind mit zu hohen Kos­ten­ri­siken für Länder mit sta­bilen Bank­sys­temen ver­bunden”, erklärte die Prä­si­dentin des Deut­schen Ban­ken­ver­bandes (BVR) zu Recht.
Statt Abbau der faulen Kredite, statt die Schulden in der EU zu ver­ge­mein­schaften, sollte man die Leicht­sinns­banken zu Soli­dität oder Aus­scheiden zwingen. Die Mit­tel­stands­ver­ei­nigung der CDU warnt im gleichen Sinne, dass die Bedin­gungen für eine gemeinsame Ein­la­gen­si­cherung noch über­haupt nicht erfüllt seien. Die aus­fall­ge­fähr­deten Anleihen in den Bank­bi­lanzen (Non-per­forming Loans, NPL) betrugen schon Ende 2017 mehr als 760 Mil­li­arden Euro, ein so hohes Volumen, für welches eine Sicherung erst in 20 Jahren auf­gebaut werden könne. Wolle man Sicherung kurz­fristig ver­sprechen, wäre dies “Lust am gemein­samen Untergang” (Mit­tel­stands­in­stitut).
Während also die deut­schen Banken, die deutsche Wirt­schaft und die deutsche Wis­sen­schaft vor der Über­nahme der Schulden der anderen Euro-Länder warnen, hat der in höchster Not befind­liche fran­zö­sische Prä­sident Macron von Merkel die Zusi­cherung der Schul­den­ge­mein­schaft in Aachen erreicht (um im Januar das deutsch-rus­sische North Stream 2‑Projekt zu tor­pe­dieren). Nur durch deutsche Haf­tungs­mit­über­nahme konnten die fran­zö­si­schen Banken und der fran­zö­sische Staat das Jah­resende 2018 liquide überleben.
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Mit seinem neuen Aufruf Anfang März für ein refor­miertes Europa will Macron nicht nur die Gemein­schafts­haftung Deutsch­lands für die ver­zockten fran­zö­si­schen Banken und den ver­schul­deten fran­zö­si­schen Staat, sondern auch die “Har­mo­ni­sierung” der Arbeitslosen‑, Sozial- und Ren­ten­leis­tungen, also das Abschmelzen der hohen deut­schen Sozi­al­leis­tungen zugunsten der Arbeits­losen, Sozi­al­be­zieher und Rentner in den Plei­te­l­ändern. Das würde in Deutschland min­destens ein Drittel geringere Sozi­al­leis­tungen bedeuten, in Rumänien, Grie­chenland, Italien, Polen u.a. aber zur Ver­dopplung der Sozi­al­leis­tungen führen.
Merkel will also ihre deut­schen Wähler zugunsten der unwirt­schaft­lichen Mit­glieds­länder aus­plündern und will sich dabei auf eine schwarz-grün-rote Mehrheit im Bun­destag stützen. Im Europa-Wahl­kampf wird dies nicht the­ma­ti­siert, sondern nur von der Einheit Europas geschwärmt. In der Praxis läuft das nach Juncker: “Wir beschließen etwas, stellen es dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was pas­siert. Wenn es kein großes Geschrei gibt und keine Auf­stände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter — Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt”.
Hilf­reich sind die Staats­medien dabei, die das Thema der Schul­den­ge­mein­schaft und der euro­päi­schen Sozi­al­um­ver­teilung bewusst ver­schweigen und die Stimmen, welche den deut­schen Wähler vor seiner Aus­plün­derung warnen, sogar noch als “Popu­listen” diffamieren.
Wir müssen also ein Geschrei der Anstän­digen und Soliden ent­fachen, damit die Schul­den­banken und Schul­den­länder nicht auf unsere Kosten wei­ter­machen können!

© Prof. Eberhard Hamer — www.goldseiten.de