UNO-Dro­gen­be­richt — Was die deut­schen Medien bei dem Thema verschweigen

Am Mittwoch haben die deut­schen Medien über den UNO-Dro­gen­be­richt geschrieben. Und überall wurde die gleiche Infor­mation weg­ge­lassen. Aber warum?
In allen Berichten, die ich in der deut­schen Presse gelesen habe, war der Fokus darauf gerichtet, dass die Kokain-Pro­duktion im letzten Jahr einen neuen Rekord erreicht hat. Und tat­sächlich, so steht es auch in dem Bericht. Der Spiegel schreibt dazu völlig korrekt:
„Darüber hinaus habe die illegale Her­stellung von Kokain ein All­zeithoch erreicht: 2017 seien weltweit 1976 Tonnen der Droge her­ge­stellt worden, heißt es in dem Bericht. Das sei ein Anstieg um 25 Prozent im Ver­gleich zu 2016. Rund 70 Prozent des Kokains stammen demnach aus Kolumbien.“
Das stimmt, nur zeigt das Titelbild meines Artikels, das aus dem UNO-Bericht stammt, dass Kokain die kleinste Anzahl von Kon­su­menten hat. Auf Platz eins der Kon­su­menten weltweit steht Can­nabis, wobei man diese Droge als eher unge­fährlich ein­stufen kann. Es ist kein Todesfall durch Can­nabis bekannt und für eine Über­dosis müsste man viel mehr ein­nehmen, als möglich ist. Und selbst abhängig werden nur wenige Men­schen von Can­nabis, wobei ein Can­nabis-Entzug in etwa die gleichen Sym­ptome auf­weist, wie das Auf­hören mit dem Rauchen. Can­nabis selbst ist also eine relativ unge­fähr­liche Droge.
Auf Platz zwei kommen die Opioide, das sind syn­the­tische Drogen auf Opi­um­basis, unter anderem Heroin. Das sind also wirklich gefähr­liche Drogen. Danach kommen Amphet­amine und erst danach kommen auf Platz fünf Drogen auf Basis von Kokain.
Trotzdem beherrscht Kokain die Bericht­erstattung über den Dro­gen­be­richt in Deutschland. Und sicher ist eine Rekord­menge an Kokain auf dem Dro­gen­markt eine wichtige Meldung.
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Aber warum wird kaum über die Opioide berichtet?
Über Kokain lernen wir heute in allen Artikeln der deut­schen Medien zu dem Thema, dass es haupt­sächlich aus Kolumbien kommt.
Aber woher kommen die Opioide?
Dazu kein Wort in den Artikeln in Deutschland, dabei dürfte die Antwort auf diese Frage der Grund sein, warum die Medien darüber nicht berichten. Im UNO-Dro­gen­be­richt heißt es dazu:
„Der Rückgang der glo­balen Opi­um­ernte in 2018 war in erster Linie ein Ergebnis der Opi­um­ernte in Afgha­nistan, wo es einen Rückgang um 20% gab. Trotzdem hat Afgha­nistan mit 263.000 Hektar das größte Opium-Anbau­gebiet weltweit.“
Weiter wird aus­ge­führt, dass dieser Rückgang der Ernte in Afgha­nistan nichts mit Bemü­hungen der Regierung zu tun hat, sondern schlicht das Ergebnis einer Dürre war. Weiter heißt es, dass Myanmar das zweit­größte Opium-Anbauland ist, dort wird Opium auf 37.300 Hektar angebaut.
Wir sehen also, dass Afgha­nistan der weltweit mit Abstand größte Opium-Pro­duzent ist. Aber wie kann das sein? Seit 2001 herrscht dort doch die Nato und bringt Frieden, baut Schulen, schickt Mädchen in die Schule und bekämpft Ter­ro­risten. Nur den Dro­gen­anbau bekämpft sie nicht.
Weiß die Nato nicht, wo die 263.000 Hektar Opium-Anbau­ge­biete sind? Kann man die aus der Luft etwa nicht sehen? Warum lässt die Nato das zu?
Darüber kann man nur spe­ku­lieren, Fakt ist aber, dass sich der Opium-Anbau unter der Nato ver­viel­facht hat.
Das aber liest man nur sehr selten in der deut­schen Presse und es werden in der deut­schen Presse nie Fragen danach gestellt, wie es angehen kann, dass Afgha­nistan unter der Nato-Herr­schaft zum mit Abstand größten Pro­du­zenten von Opium und Can­nabis wurde. Ja, auch von Can­nabis. Und diese dort ange­bauten Drogen werden in alle Welt geschmuggelt und töten Men­schen auch in Europa oder den USA.
Und all das unter den Augen der Nato. Wie kann die Nato das zulassen?
Die Geschichte des Dro­gen­anbaus in Afgha­nistan ist übrigens inter­essant. Es war die CIA, die afgha­nische Bauern Anfang der 1980er Jahre zum Dro­gen­anbau gebracht hat, vorher gab es kei­nerlei Opi­um­anbau in Afgha­nistan. Wer sich für die Hin­ter­gründe inter­es­siert, der findet sie mit allen Quellen hier.
Und während in Deutschland diese Fragen nicht gestellt werden und die deut­schen Medien in ihren Artikeln darüber nicht schreiben und erst recht keinen Zusam­menhang zwi­schen dem Anstieg des Dro­gen­anbaus in Afgha­nistan und der Nato her­stellen, ist das rus­sische Fern­sehen bei dem Thema ehr­licher. Im Oktober habe ich einen Bericht des rus­si­schen Fern­sehens über Afgha­nistan über­setzt, in dem das Problem offen ange­sprochen wurde. Warum aber in den über 17 Jahren Besetzung durch die Nato der Dro­gen­anbau in Afgha­nistan um das 40-fache ange­stiegen ist, können auch die Russen nicht beantworten.
Und in Deutschland warten wir ver­geblich darauf, dass unsere kri­ti­schen und objek­tiven Qua­li­täts­medien mal fol­gende Fragen stellen: 
  1. Warum lässt die Nato den Opi­um­anbau in Afgha­nistan zu?
  2. Wer pro­fi­tiert von den Gewinnen?

Schweigen im Walde in der west­lichen Presse zu diesen Fragen.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“