Nicht nur GEZ für ARD und ZDF — Staat sub­ven­tio­niert ab 2020 auch andere “Qua­li­täts­medien”

Die Krise der Medi­en­branche wächst, aber die Medien berichten nicht über sie. Inzwi­schen steht es so schlimm, dass der Bund nun private Medien sub­ven­tio­nieren will.
Die Ver­käufe der „Qua­li­täts­medien“ gehen dra­ma­tisch zurück. Im Mai habe ich über ver­öf­fent­lichte Zahlen berichtet, die zeigten, dass Spiegel und Stern zum Bei­spiel die so wenig Aus­gaben ver­kaufen, wie noch nie in ihrer Geschichte. Das führt nicht nur zu gerin­geren Ein­nahmen bei den Ver­kaufs­er­lösen, sondern auch bei den Anzeigen.
Zei­tungen leben nicht vom Ver­kaufs­preis, sie leben von den Wer­be­ein­nahmen durch Anzeigen. Und wenn sie weniger Exem­plare ver­kaufen, zahlen die Wer­be­kunden weniger pro Anzeige. Die fal­lenden Ein­nahmen haben in den Redak­tionen der Main­stream-Medien bereits zu einigen Kün­di­gungs­wellen geführt und viele Jour­na­listen werden nicht mehr fest ange­stellt, sondern müssen ihre Artikel ver­kaufen und bekommen Geld pro ver­kauftem Artikel.
Aber auch diese Maß­nahmen haben das Problem nicht gelöst, die Ein­nahmen fallen weiter. Ich wurde immer mal wieder gefragt, was denn wohl pas­siert, wenn die erste Zeitung (egal, ob FAZ, Süd­deutsche oder ein ehe­ma­liges Nach­rich­ten­ma­gazin, wie der Spiegel) pleite geht. Und ich habe geant­wortet, dass das nicht zuge­lassen wird. Eher wird der Staat diese Medien mit Geld unter­stützen, um sie am Leben zu erhalten. Zu wichtig ist die Rolle, die sie als Pro­pa­gan­disten spielen.
Diese These von mir wurde oft belä­chelt. Und auch ich hatte natürlich meine Zweifel, denn die GEZ-Gebühren sind schon unpo­pulär genug. Wie wollen Medien und Politik den Bürgern bei­bringen, dass sie noch mehr zahlen müssen, um Dinge zu finan­zieren, die sie nicht nutzen? In diesem Fall Zei­tungen, die sie gar nicht lesen.
Seit kurzem kennen wir die Lösung: Die För­derung findet aus Steu­er­geldern statt, der Bürger wird weder gefragt, noch infor­miert. Und wie immer fängt es klein an. An geringen Summen stört sich niemand und niemand bemerkt sie. Und wenn sie irgendwann so groß werden, dass sie jemanden stören, kann man sagen: „Das war schon immer so, wozu plötzlich die Aufregung?“
Und dieses neue „immer“ beginnt nächstes Jahr mit 40 Mil­lionen Euro, die der Staat den Medi­en­kon­zernen bezahlt. Schon im Koali­ti­ons­vertrag war fest­gelegt, dass ein „System zur För­derung der Zustellung von Abo-Tages­zei­tungen und Anzei­gen­blättern“ zur Sicherung der flä­chen­de­ckenden Ver­sorgung mit Abo- und Anzei­gen­zei­tungen eta­bliert werden solle.
Wenn jemand eine Zeitung abon­niert, dann wird die Zustellung nun vom Staat gefördert. Noch absurder ist aber, dass das auch für Anzei­gen­blätter gelten soll, also für das, was man im Email-Postfach „Spam“, im Brief­kasten aber „Anzei­gen­blatt“ nennt. Während die Bun­des­re­gierung von Umwelt­schutz und Kli­ma­pa­keten faselt, fördert sie gleich­zeitig die Zustellung von Papiermüll, den die meisten direkt – im wört­lichen Sinne – in die (Altpapier-)Tonne drücken.
Aber die Medi­en­branche ist nicht etwa dankbar für die 40 Mil­lionen, sie findet, dass das zu wenig ist. Das Fach­portal DNV-Online berichtet über die Reak­tionen der Medi­en­lob­by­isten. So sagte Dietmar Wolff, Haupt­ge­schäfts­führer des Bun­des­ver­bandes Deut­scher Zei­tungs­ver­leger (BDZV):
„Die vor­ge­sehene geringe För­derhöhe für das Jahr 2020 löst aber kein ein­ziges Problem. Die För­der­summe mag zunächst hoch erscheinen, hätte aber pro aus­ge­lie­fertem Zei­tungs­exemplar weniger als einem Cent ent­sprochen. Dem stehen durch­schnitt­liche Ver­triebs­kosten von 52 Cent pro aus­ge­tra­gener Zeitung gegenüber. Der hohe Kos­ten­druck bei der Zei­tungs­zu­stellung bleibt eine Her­aus­for­derung mit gesell­schafts­po­li­ti­scher Trag­weite, was sich zukünftig auch in einer ange­mes­senen und wirk­samen För­derhöhe wider­spiegeln muss.“
Die Zei­tungen sind also so wichtig für die Gesell­schaft, dass man sie nun mit Steu­er­geldern sub­ven­tio­nieren muss. Absurd dabei: Die Men­schen wollen sie nicht mehr lesen und kaufen sie nicht mehr. Und das macht sie nun plötzlich so wichtig, dass der Staat ein­springen muss.
Auch Dr. Jörg Eggers, Geschäfts­führer des „Bun­des­verband Deut­scher Anzei­gen­blätter (BVDA), ist ent­täuscht. Über die im Koali­ti­ons­vertrag fest­ge­legten Maß­nahmen, die nun umge­setzt werden, sagte er:
„Aller­dings war die dort ange­peilte Förder- bzw. Ent­las­tungshöhe mit Blick auf die äußerst ange­spannte Kos­ten­si­tuation in den Ver­lagen bereits damals von der Rea­lität überholt. Dies gilt noch mehr für den heu­tigen Stand und erst recht für die nächsten fünf Jahre – den geplanten Zeit­ho­rizont der Förderung.“
Und Dr. Eggers hat weiß auch schon, was er erreichen will:
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„Wer auch in Zukunft auf eine Pres­se­vielfalt im Lokalen Wert legt, wird eine ange­messene För­der­summe anvi­sieren müssen. Um eine nahezu flä­chen­de­ckende Sicherung der Zustellung auch zukünftig leisten zu können, müssten die Verlage je nach Region eine Summe zwi­schen 5 und 7 Cent (gerundet) pro Anzei­gen­blatt­ex­emplar erhalten. Dies würde hoch­ge­rechnet auf die Anzei­gen­blatt­branche einen Betrag von 200 bis 300 Mio. Euro ergeben. (…) Auch im Ver­gleich zu anderen euro­päi­schen Ländern, die ihre freie Presse bereits umfassend unter­stützen, bleibt die geplante Summe deutlich hinter den not­wen­digen finan­zi­ellen Erfor­der­nissen der Verlage zurück.“
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, von welcher „Pres­se­vielfalt“ er redet. Eigene Recherchen machen die heu­tigen „Jour­na­listen“ kaum noch, statt­dessen über nehmen sie die Mel­dungen aus den Nach­rich­ten­agen­turen und for­mu­lieren sie bes­ten­falls ein wenig um. Das kann jeder leicht über­prüfen, wie ich hier auf­ge­zeigt habe.
Und da wir in Deutschland nur noch einige wenige Medi­en­kon­zerne haben und denen die Regio­nal­zei­tungen gehören, werden die Nach­richten für die Regio­nal­zei­tungen in einer zen­tralen Redaktion geschrieben, im Internet ver­öf­fent­licht und bes­ten­falls für die Regio­nal­zei­tungen noch einmal leicht umfor­mu­liert. Danach erscheinen sie jedoch wort­gleich in den Regio­nal­zei­tungen eines Medienkonzerns.
Es geht also sicher nicht um „Pres­se­vielfalt„. Es geht ent­weder ganz schnöde ums Geld, dass die Politik den Medi­en­kon­zernen bezahlen soll, oder (und?) es geht um die Meinungsbildung.
Und da ist es doch toll, dass aus­ge­rechnet die Medien das Geld bekommen, die die gleiche Meinung haben, wie die Regierung: Banken müssen mit Mil­li­arden gerettet werden, das Klima auch, 5 Mil­li­arden für eine Grund­rente sind viel zu teuer, 5 zusätz­liche Mil­li­arden für die Bun­deswehr sind viel zu wenig und so weiter und so fort. Wer so etwas täglich pro­pa­giert, der bekommt auch einen Zuschuss für die Zustellung der Zei­tungen, damit die Men­schen auch bitte schön das lesen, was sie lesen sollen.
Und einen prak­ti­schen Neben­effekt hat es auch: Wenn die Regierung nun anfängt, die Medien zu finan­zieren, wie wahr­scheinlich ist es dann, dass diese von der Regierung finan­zierten Medien, die Regierung ernsthaft kri­ti­sieren? Wie war das mit der unab­hän­gigen und freien Presse in einer Demokratie?
Und selbst die staat­lichen Medien (sorry, sie heißen natürlich „öffentlich-rechtlich“) haben Geldnot. Über die GEZ werden sie zwar schon mit Mil­li­arden finan­ziert, trotzdem wollen sie ihren Mit­ar­beitern keine ver­nünf­tigen Löhne zahlen. Schon im August habe ich über den Arbeits­kampf bei den staat­lichen Medien berichtet und in diesen Tagen war es auch wieder zu sehen. Letzte Woche kam es bei ARD-Anstalten zum Streik, den aber die arbei­tende Bevöl­kerung kaum bemerkt hat, denn die Aus­wir­kungen waren nur tagsüber zu bemerken.
Und mit der „Pres­se­vielfalt“ und vor allem der Qua­lität der Berichte wird dort schon lange nicht mehr argu­men­tiert. Während das Management aus Inten­danten und Chef­re­dak­teuren bei „heute“ oder tages­schau“ sechs­stellige Gehälter ein­streicht, wird beim Per­sonal gespart. Die Gewerk­schaft monierte:
„Die Inten­danten wollen die Ein­kommen der Beschäf­tigten dau­erhaft senken. Sub­stanz und Gestal­tungs­mög­lichkeit werden dem öffentlich-recht­lichen Rundfunk so geraubt“
Ich bin kein Fan der Pro­gramme von ARD und ZDF. Aber was man hier liest ist, dass befürchtet wird, das Pro­gramm könnte noch schlechter werden. Nur wie soll das gehen? Anstatt die Bevöl­kerung umfassend zu infor­mieren, wie es ihre Aufgabe ist, pro­du­zieren sie schon jetzt immer mehr billige Sei­fen­opern und ähn­lichen Blödsinn. Und dafür bezahlen Sie GEZ, obwohl sie diese Art von Pro­gramm auch bei RTL und SAT1 bekommen.
Fazit: Die „Qua­li­täts­medien“ dünnen ihre Redak­tionen aus und schreiben fast nur noch ab, was die Nach­rich­ten­agen­turen ihnen liefern. Dafür aber sollen sie nun Geld vom Staat bekommen, das Sie bezahlen, ohne gefragt worden zu sein. Und glauben Sie mir: Die 40 Mil­lionen sind nur der Anfang. Die 300 Mil­lionen, die Dr. Eggers vom BVDA gefordert hat, waren ja nur das, was er für die Anzei­gen­blätter haben wollte, die För­derung der Abo-Zei­tungen war da noch gar nicht enthalten.
Was meinen Sie, wann erreicht die För­derung der pri­vaten „Qua­li­täts­medien“ das erste Mal die Summe von einer Mil­liarde pro Jahr? 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“