Die Qua­lität des Geldes – Teil 1

I. EIN­LEITUNG

Die Öko­nomen haben in letzter Zeit die Zusam­men­hänge zwi­schen Kauf­kraft und Geld­qua­lität ver­nach­lässigt. Um diese Lücke zu schließen, werde ich die Qua­lität des Geldes ana­ly­sieren und unter­suchen, wie sich seine Ver­än­de­rungen auf die Kauf­kraft des Geldes aus­wirken. Ich werde argu­men­tieren, dass Ver­än­de­rungen in der Qua­lität des Geldes weitaus wich­tiger für den Wert des Geldes sein können als Ver­än­de­rungen in seiner Quan­tität. Diese Schluss­fol­gerung ent­spricht dem sub­jek­ti­vis­ti­schen Ansatz der Öster­rei­chi­schen Schule. Tat­sächlich ist die Geld­menge ein objek­tives und mess­bares Aggregat. Die mecha­nis­tische Quan­ti­täts­theorie des Geldes ist das Herz­stück der neo­klas­si­schen Geld­theorie, lässt sich aber nicht gut mit dem öster­rei­chi­schen Ansatz ver­ein­baren. Im Gegensatz dazu ist die Qua­lität des Geldes ein sub­jek­tiver Begriff und sollte im Zentrum einer auf mensch­lichem Handeln basie­renden Geld­theorie stehen. Geld dient den Men­schen, ihre sub­jek­tiven Ziele effi­zi­enter zu erreichen, und es erfüllt bestimmte Funk­tionen für die Men­schen. Je besser diese Funk­tionen des Geldes in den Augen der Akteure erfüllt werden, desto höher ist der Wert des Geldes. Die Qua­lität des Geldes ist folglich defi­niert als die Fähigkeit des Geldes, in der Wahr­nehmung der Akteure seine Haupt­funk­tionen zu erfüllen, nämlich als Tausch­mittel, als Wertauf­be­wah­rungs­mittel und als Rechen­einheit zu dienen. Die Theorie der Geld­qua­lität geht daher davon aus, dass die Nach­frage nach Geld von der Qua­lität des Geldes abhängt. Tat­sächlich ist die Qua­lität des Geldes einer der wich­tigen Fak­toren, die neben der Unsi­cherheit, den Finanz­in­no­va­tionen (Kre­dit­karten, Geld­au­to­maten, Geld­markt­fonds), der Zah­lungs­häu­figkeit usw. die Nach­frage nach Geld zum Zwecke der Kas­sen­haltung beein­flussen. Die Theorie der Geld­qua­lität steht somit im Gegensatz zu einer ein­sei­tigen Quan­ti­täts­theorie zur Erklärung des Preisniveaus.

(von Philipp Bagus)

Ich werde zunächst die Behandlung von Qua­lität und Quan­tität des Geldes durch die Öko­nomen unter­suchen. Dann werde ich ver­schiedene Eigen­schaften des Geldes ana­ly­sieren, die die Qua­lität des Geldes beein­flussen und wie sie sich ver­ändern können. Dabei kon­zen­triere ich mich auf die Funktion als Tausch­mittel und als Wertauf­be­wah­rungs­mittel. Ich schließe mit einer Zusam­men­fassung meiner Ergebnisse.

II. DIE THEORIE DER GELD­QUA­LITÄT IN DER GESCHICHTE

Die Qua­li­täts­theorie des Geldes hat, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung, eine lange Tra­dition. Viele Autoren haben die Fak­toren, die die Qua­lität des Geldes beein­flussen, dis­ku­tiert, auch wenn nie eine ein­heit­liche und umfas­sende Theorie ent­wi­ckelt wurde. Juan de Mariana (1609) erklärt, dass die Ver­schlech­terung der Qua­lität von Gold­münzen als eine (unge­rechte) Steuer betrachtet werden muss. Sir William Petty ([1662] 1889) betrachtet die Ver­schlech­terung der Qua­lität der Münzen durch die Regierung als eine Steuer. Adam Smith ([1776]) spricht über die Her­kunft des Geldes und wichtige Eigen­schaften wie Halt­barkeit und Teil­barkeit. Jean Bap­tiste Say ([1802] 1855) stellt fest, dass ein gutes Geld teilbar sein muss, homogen, wider­stands­fähig gegen Abnutzung, aus­rei­chend selten und formbar. Er ana­ly­siert auch die Ver­fäl­schung der Geld­qua­lität in his­to­ri­schen Fällen wie im Fall von Philipp I. von Frank­reich. Nassau William Senior ([1850] 1853) und John Stuart Mill ([1848] 1965) sind zwei klas­sische Autoren, die dis­ku­tieren, welche Eigen­schaften von Waren dafür geeignet machen, um Geld zu werden. Carl Menger (1871) erklärt die Ent­stehung des Geldes als einen spon­tanen Markt­prozess, in dem Waren mit bestimmten Eigen­schaften sich durch­zu­setzen ver­mögen. So war der Umgang mit den Eigen­schaften und der Qua­lität des Geldes bereits vor dem zwan­zigsten Jahr­hundert weit ver­breitet, wie William Stanley Jevons (1875, S. 30) in der fol­genden Passage feststellt:

Viele Schrift­steller, wie Hus­kisson, Mac­Culloch, James Mill, Garnier, Che­valier und Walras, haben jüngst zufrie­den­stellend beschrieben, welche Qua­li­täten das Material, aus dem das Geld ist, besitzen sollte. Frühere Schrift­steller scheinen das Thema jedoch fast ebenso gut ver­standen zu haben. Harris erklärte diese Qua­li­täten mit bemer­kens­werter Klarheit in seinem „Essay on Money and Coins“, der 1757 ver­öf­fent­licht wurde, einem Werk, das vor „Wealth of Nations“ erschien, aber eine Dar­stellung der Prin­zipien des Geldes ent­hielt, die heute kaum noch ver­bessert werden kann. Achtzig Jahre zuvor hatte Rice Vaughan jedoch in seiner aus­ge­zeich­neten kleinen „Abhandlung über Geld“ eine kurze, aber zufrie­den­stel­lende Dar­stellung der erfor­der­lichen Eigen­schaften von Geld geschrieben. Wir finden sogar, dass William Stafford, der Autor dieses bemer­kens­werten Dialogs aus der eli­sa­be­tha­ni­schen Zeit (1581), der „A Brief Con­ceipte of English Policy“ genannt wurde, einen per­fekten Ein­blick in das Thema gab. Von allen Schrift­stellern gibt M. Che­valier jedoch wahr­scheinlich die genaueste und voll­stän­digste Dar­stellung der Eigen­schaften, die Geld besitzen sollte, und ich werde in vielen Punkten seinen Ansichten folgen.

Öster­rei­chische Öko­nomen wie Mises (1953, Kap. 1) und Rothbard (2004, S. 189–93) sind Carl Menger in ihrer Analyse der Her­kunft des Geldes gefolgt. Während Mises die spe­zi­fi­schen Eigen­schaften, die einer Ware zu Geld ver­helfen, nicht auf­zählt, erwähnt Rothbard (2008, S. 6) die „rich­tigen Eigen­schaften des Geldes“: Warengeld ist sehr gefragt, hoch­gradig teilbar, einfach zu trans­por­tieren, dau­erhaft und hat einen hohen Wert pro Gewichtseinheit.

Mises und Rothbard gehen jedoch nicht über diese Ein­sicht hinaus und erwähnen – zumindest nicht explizit – die Bedeutung der Qua­lität des Geldes für die Geld­nach­frage nicht. Tat­sächlich erwähnt Mises weder in The Theory of Money and Credit (1953, S. 131–37) noch in Human Action (1998) in seinem Kapitel über die Geld­nach­frage (Kap. 17) die Qua­lität des Geldes als einen Faktor, der die Geld­nach­frage beein­flusst. Wie Salerno (2006, S. 39) fest­stellt, ist die Qua­lität des Geldes ein Faktor, der die Geld­nach­frage beein­flusst: „Mises (1998, S. 398–402) lie­ferte nur eine sehr skiz­zen­hafte Dis­kussion der Geld­nach­frage, die nicht das volle Gewicht einer Theorie der Geld­preise tragen kann.“

Rothbard (2004, S. 756) geht in seiner Kon­zep­tua­li­sierung der Geld­nach­frage über Mises hinaus und stellt fest: „Die Gesamt­nach­frage nach Geld auf dem Markt besteht aus zwei Kom­po­nenten: der Tausch­nach­frage nach Geld (von Ver­käufern aller anderen Güter, die Geld kaufen wollen) und der Reser­vie­rungs­nach­frage nach Geld (der Nach­frage nach Geld, von den­je­nigen, die es bereits besitzen, und weiter halten wollen)“.

Rothbard (2008, S. 39) betont, dass Ver­än­de­rungen in der Geld­nach­frage (als Kas­sen­haltung) die Kauf­kraft des Geldes ver­ändern. In den Kapiteln über die Geld­nach­frage erwähnt Rothbard (2008, Kap. 5; 2004, Kap. 11, Abschnitt 5) wie Mises die Geld­qua­lität nicht explizit als einen Faktor, der die Geld­nach­frage beein­flusst. Rothbard (2008, S. 65–74) erwähnt jedoch zwei Fak­toren, die für die Qua­lität des Geldes wichtig sind: das Ver­trauen in das Geld, sowie infla­tionäre und defla­tionäre Erwartungen.

Wenn man die Bei­träge von Mises und Rothbard betrachtet, stellt sich eine Frage: Warum sind diese Autoren nicht weiter gegangen und haben eine explizite Theorie der Geld­qua­lität als Faktor, der die Geld­nach­frage beein­flusst, ent­wi­ckelt?[1] Die Antwort liegt höchst­wahr­scheinlich in ihrer Ver­nach­läs­sigung der Funktion des Geldes als Wertauf­be­wah­rung­mittel. Diese Funktion ist für die Qua­lität des Geldes von wesent­licher Bedeutung und reagiert emp­find­licher auf Ver­än­de­rungen als die Tausch­mit­tel­funktion und die Funk­tionen der Rechnungseinheit.

Tat­sächlich folgt Mises (1953, S. 35) Menger (1871, S. 278) und behauptet, dass die Funktion der Wertauf­be­wahrung eine abge­leitete und nicht eine not­wendige Funktion des Geldes ist. Tat­sächlich kon­zen­triert sich Mises (1998, S. 401) noch aus­schließ­licher auf die Tausch­funktion des Geldes als Menger:

Geld ist das Ding, das als das all­gemein akzep­tierte und gebräuch­liche Tausch­mittel dient. Dies ist seine einzige Funktion. Alle anderen Funk­tionen, die man dem Geld zuschreibt, sind nur besondere Aspekte seiner pri­mären und ein­zigen Funktion, der eines Tauschmittels.

Mises (1953, S. 107, 110, 129; 1990, Kap. 4) und Rothbard (2004, S. 764–65) kon­zen­trieren sich auf die Tausch­funktion. Damit ver­nach­läs­sigen sie wichtige Fak­toren für den Wert des Geldes. Da sie die Funktion des Wertauf­be­wahrung nicht im Detail ana­ly­sieren, weisen sie auch nicht auf die Aus­wir­kungen hin, die Ver­än­de­rungen in der Funktion oder die Qua­lität des Geldes im All­ge­meinen auf die Geld­nach­frage haben können.

Im Gegensatz zu der oben erwähnten zöger­lichen qua­li­ta­tiven mone­tären Analyse durch die Öko­nomen gibt es auch eine Strömung in der öko­no­mi­schen Lite­ratur, die qua­li­tative Fragen über­haupt nicht behandelt. Dies ist die ein­fache, mecha­nis­tische Quan­ti­täts­theorie des Geldes, die von David Ricardo ver­teidigt wird.[2] Für Ricardo spielt es keine Rolle, ob Gold­münzen, ein Huhn, eine Kakao­bohne, oder eine Papiernote Geld ist. Die Menge ist das einzige, was zählt. Quan­ti­tative Fragen erklären alle mone­tären Phä­nomene. Tat­sächlich sind für Ricardo alle Qua­li­täten des Geldes in der Begrenzung der Geld­menge erschöpft.

Ricardo und die Anhänger der ein­fachen Quan­ti­täts­theorie betonen stark die Tausch­funktion des Geldes, die von John Law und Adam Smith dar­gelegt wurde, für die Geld im Grunde ein Gut­schein zum Kauf von Waren ist. Geld ist einfach ein Instrument der Zir­ku­lation. Diese Quan­ti­täts­theo­re­tiker ver­nach­läs­sigen dabei die Geld­funktion der Wertauf­be­wahrung völlig. Ricardo impli­ziert auch, dass es keinen Unter­schied zwi­schen nicht kon­ver­tier­barem Papiergeld und kon­ver­tier­baren Geld­scheinen gibt hin­sichtlich der Geld­nach­frage. Für ihn ist die Kon­ver­tier­barkeit nur eine prak­tische Methode, um eine Begrenzung der Geld­menge zu gewährleisten.

Für die Gläu­bigen dieser Quantitätstheorie,

ist der Wert des Geldes eine Funktion seiner Menge, er ist völlig unab­hängig vom Wert des Mate­rials, aus dem die Münzen her­ge­stellt werden, und ergibt sich aus­schließlich aus seinem eigen­tüm­lichen Gebrauch….(S. 49)

Nach dieser Theorie kann, solange die Anzahl der Umtausch­vor­gänge und die Geschwin­digkeit des Geld­um­laufs gleich­bleiben, nichts den Wert der Einheit und damit das Preis­niveau beein­flussen, außer Ände­rungen des Wäh­rungs­vo­lumens. (Scott 1897, S. 56)

Folglich neigen Quan­ti­täts­theo­re­tiker dazu, die Bedeutung der Geld­nach­frage zu ver­nach­läs­sigen. Wie Carver (1934, S. 188) feststellt:

Die meisten Quan­ti­täts­theorien des Geldes sind angeblich Nach­frage- und Ange­bots­theorien. Leider wurde der Nach­frage nach Geld weniger Auf­merk­samkeit geschenkt als dem Geld­an­gebot. Tat­sächlich igno­rieren einige Ver­treter der Quan­ti­täts­theorie die Nach­frage nach Geld völlig und gehen von der Annahme aus, dass nur das Angebot zählt. Diese Igno­rierung des Themas Nach­frage und die Kon­zen­tration auf das Thema Angebot scheint auf der wei­teren Annahme zu beruhen, dass die Nach­frage nach Geld zu einem bestimmten Zeit­punkt und unter bestimmten Umständen fest ist; dass sie aus­schließlich in der Anzahl der zum Verkauf ste­henden Waren und Dienst­leis­tungen besteht.

Die Quan­ti­täts­theorie des Geldes domi­niert bis heute in popu­lären Wirt­schafts­lehr­bü­chern. Einige der am wei­testen ver­brei­teten Texte sind: Mankiw (2004), Blan­chard (2006), Stockman (1999), Hyman (1994), Slavin (1994), Boyed und Melvin (1994), Sachs und Larrain (1993), Ekelund und Tol­lison (2000), Case und Fair (1994), Dorn­busch und Fischer (1990). Nur wenige Lehr­buch­au­toren (Colander 1995 und Sloman 1994) erwähnen über­haupt Qua­li­täten des Geldes. Zwar stellen Melotte und Moore (1995) fest, dass ein gutes Geld teilbar, trans­por­tierbar, dau­erhaft und wert­be­ständig sein muss. In dem Lehrbuch von Abel, Ber­nanke und Croushore (2008) werden die Qua­li­täten des Geldes indes über­haupt nicht diskutiert.

Wil­liamson (2005, S. 536) geht indirekt auf die Geld­qua­lität ein, wenn er argu­men­tiert, dass ein Warengeld Pro­bleme habe, die ein Fiatgeld nicht hat: Erstens wäre seine Qua­lität von Warengeld schwer zu erkennen. Zweitens wäre es kost­spielig, es zu pro­du­zieren. Drittens lenke die Ver­wendung der Ware als Geld von anderen Ver­wen­dungen ab.[3]

Wil­liamson (2005) mag uns mit seiner Argu­men­tation den Weg zur Beant­wortung der Frage weisen, warum heute in Lehr­bü­chern nur wenige oder gar keine Zeilen zur Qua­lität des Geldes vor­ge­bracht werden. Es war das Auf­kommen des Fiat-Papier­geldes, das Öko­nomen zu der Annahme ver­an­lasste, dass sie das per­fekte Geld bereits gefunden hätten. So stellen Lewis und Mizen (2000, S. 47) fest, dass Papiergeld im Prinzip besser als Warengeld sein kann. Sie argu­men­tieren, dass der Wert von Papiergeld besser zu sta­bi­li­sieren sei und geringere Res­sour­cen­kosten mit sich bringe.

Ein zweiter Grund dafür, dass die Qua­lität des Geldes aus der öko­no­mi­schen Analyse prak­tisch ver­schwindet, ist die all­ge­meine Gleich­ge­wichts­analyse und die Mathe­ma­ti­sierung in der Wirt­schaft. In der all­ge­meinen Gleich­ge­wichts­analyse gibt es keinen Markt­prozess. Die Erklärung des Ursprungs und der Ent­wicklung des Geldes erfordert eine Analyse der Geld­qua­lität. Mit einer Gleich­ge­wichts­analyse ist dies nicht zu bewerk­stel­ligen. Dort wird die Existenz eines Zah­lungs­mittels einfach ange­nommen, nicht jedoch seine Ent­stehung erklärt. Tat­sächlich kann die Quan­ti­täts­theorie des Geldes weder die Ent­stehung des Geldes noch Demo­ne­ti­sie­rungs­pro­zesse erklären. Ein wei­terer Grund für die Ver­nach­läs­sigung der Geld­qua­lität in den Lehr­bü­chern ist die Mathe­ma­ti­sierung der Öko­nomie. Die Mathe­ma­ti­sierung in der Öko­nomie und der damit ein­her­ge­hende Auf­stieg der Geld­men­gen­theorie erlaubt eine Messung des Geld­an­gebots. Da die Quan­tität des Geldes für die Mathe­matik und für Mes­sungen besser nutzbar ist, wurde die Qua­lität des Geldes und damit die Nach­frage vernachlässigt.

Erkennt­nisse über eine Theorie der Geld­qua­lität gab es bereits vor dem zwan­zigsten Jahr­hundert. Diese Erkennt­nisse zählen jedoch nur die Merkmale dessen auf, welche ein gutes Tausch­mittel haben muss, und ver­nach­läs­sigen die Bedeutung der Merkmale für Kauf­kraf­t­än­de­rungen. Mit anderen Worten, sie unter­suchen nicht die Aus­wir­kungen von Ver­än­de­rungen dieser Merkmale auf die Kauf­kraft des Geldes und stellen keine ein­heit­liche Theorie der Geld­qua­lität auf. Geld hat andere Funk­tionen als die eines Tausch­mittels. Geld dient auch als Wertauf­be­wah­rungs­mittel und als Rechen­einheit. Eine voll­ständige Theorie der Qua­lität des Geldes muss daher auch die Eigen­schaften des Geldes in Bezug auf diese beiden anderen Funk­tionen unter­suchen. Die Funktion des Geldes als Rechen­einheit wird in diesem Aufsatz nicht behandelt. Statt­dessen wird der Schwer­punkt auf der Funktion des Geldes als Tausch­mittel und als Wertauf­be­wah­rungs­mittel liegen.

III. DIE QUA­LITÄT DES GELDES UND SEINE KAUFKRAFT

Der Preis des Geldes ist seine Kauf­kraft. Wie jeder Preis wird auch der Preis des Geldes durch Angebot und Nach­frage bestimmt. Die Nach­frage nach Geld wird durch seinen Grenz­nutzen bestimmt.[4] Der Nutzen des Geldes wie­derum wird durch die Qua­lität des Geldes bestimmt, d.h. durch seine Fähigkeit, seine Dienst­leis­tungen zu erfüllen. Die Geld­menge beein­flusst den Grenz­nutzen des Geldes, indem sich die Anzahl der Geld­ein­heiten erhöht. Die Qua­lität des Geldes beein­flusst den Grenz­nutzen des Geldes, indem sie die Position der Geld­ein­heiten auf der Wer­te­skala der Akteure im Ver­hältnis zu anderen Gütern ver­ändert. Salerno (2006, S. 52) fasst die Bestim­mungs­fak­toren der Kauf­kraft des Geldes wie folgt zusammen:

Der Geld­be­stand ist eine der unmit­tel­baren Deter­mi­nanten der Struktur der Geld­preise und der Kauf­kraft des Geldes – in Ver­bindung mit seiner unmit­telbar ver­gan­genen Kauf­kraft, den vor­han­denen Waren­be­ständen und der Ver­teilung des Eigentums und der rela­tiven Rang­ordnung von Waren und Geld unter den Markt­teil­nehmern. (Kur­siv­schrift hinzugefügt)

Es ist die relative Rang­ordnung von Waren und Geld unter den Markt­teil­nehmern, die von der Qua­lität des Geldes beein­flusst wird. Die Fak­toren, die die Qua­lität des Geldes und damit die relative Rang­folge von Waren und Geld beein­flussen, sind weit­gehend ver­nach­lässigt worden. Deren Analyse steht genau im Mit­tel­punkt dieses Aufsatzes.

Die Geld­menge ist zwar wichtig für die Kauf­kraft des Geldes, aber nicht der einzige Faktor. Henry Hazlitt (1978, S. 74) drückt es wie folgt aus:

Die Wahrheit in der Quan­ti­täts­theorie ist, dass Ver­än­de­rungen in der Geld­menge ein sehr wich­tiger Faktor bei der Bestimmung des Tausch­werts einer bestimmten Geld­einheit sind. Dies soll lediglich bedeuten, dass das, was für andere Güter gilt, auch für Geld gilt. Der Marktwert des Geldes wird, wie der Marktwert von Gütern im All­ge­meinen, durch Angebot und Nach­frage bestimmt. Er wird jedoch jederzeit durch sub­jektive Bewer­tungen bestimmt, nicht durch rein objektive, quan­ti­tative oder mecha­nische Bezie­hungen. (Kur­siv­schrift im Original)

Die Qua­lität des Geldes ist in der Tat ein wesent­licher Faktor bei der Bestimmung des Geld­preises, d.h. der Kauf­kraft des Geldes. Wenn die Qua­lität des Geldes zunimmt, wird die Nach­frage nach Geld und damit die Kauf­kraft höher sein als ohne diese Qua­li­täts­ver­bes­serung. Geld ist also nicht anders als jedes andere Gut. Wenn die Qua­lität einer Ware steigt, ist die Nach­frage höher und der Preis höher als ohne diese Qualitätsverbesserung.

Wie wichtig die Qua­lität des Geldes ist, zeigt Eugen von Böhm-Bawerks Analyse der Preis­be­stimmung. Böhm-Bawerk (1884) nennt in seiner Preis­theorie sechs indi­vi­duelle Preis­be­stim­mungs­fak­toren: die Anzahl der Ein­heiten der ange­bo­tenen Ware; die Anzahl der Ein­heiten der nach­ge­fragten Ware; die Inten­sität, mit der die poten­ti­ellen Ver­käufer die Ware bewerten; die Inten­sität, mit der die poten­ti­ellen Ver­käufer die Geld­einheit (oder das Tauschgut) bewerten; die Inten­sität, mit der die poten­ti­ellen Käufer die Ware bewerten; und die Inten­sität, mit der die poten­ti­ellen Käufer die Geld­einheit (oder das Tauschgut) bewerten.

Die letzten vier Deter­mi­nanten lassen sich als die Inten­sität der Bewertung von Geld im Ver­hältnis zur Bewertung anderer Waren und Dienst­leis­tungen seitens der poten­zi­ellen Käufer und Ver­käufer zusam­men­fassen. Diese Inten­sität wird nicht nur durch die Menge des Geldes und der Waren und Dienst­leis­tungen, sondern eben auch durch die Qua­lität des Geldes beein­flusst. Je höher die Qua­lität des Geldes ist, desto mehr schätzen Käufer und Ver­käufer von Geld die Geld­einheit im Ver­hältnis zu anderen Waren und Dienst­leis­tungen. Umge­kehrt gilt: Je geringer die Qua­lität des Geldes ist, desto weniger schätzen Käufer und Ver­käufer von Geld die Geld­einheit im Ver­hältnis zu anderen Waren und Dienst­leis­tungen. Dies bedeutet, dass die Kauf­kraft des Geldes bei kon­stantem Angebot an Geld und an Waren und Dienst­leis­tungen vari­ieren kann, wenn sich die Qua­lität des Geldes ändert. Wenn die Men­schen anfangen, Geld höher zu bewerten, wird die Kauf­kraft des Geldes höher sein als es andern­falls der Fall gewesen wäre.

Tat­sächlich können Ver­än­de­rungen in der Geld­qua­lität abruptere und stärkere Aus­wir­kungen auf den Geld­preis haben als Ver­än­de­rungen in der Geld­menge. Durchaus haben Ver­än­de­rungen in der Geld­menge mar­ginale Aus­wir­kungen auf den Geldwert. Ver­än­de­rungen in der Geld­qua­lität können jedoch die sub­jektive Bewertung des Geldes im All­ge­meinen abrupt umwerfen. Das Geld wird plötzlich in einem ganz anderen Licht gesehen, weil sich seine Qua­lität geändert hat. Abge­sehen von dra­ma­ti­schen Ver­än­de­rungen der Geld­menge sind durch Ver­än­de­rungen der sub­jek­tiven Bewertung der Geld­qua­lität schnellere Bewe­gungen des Geld­preises zu erwarten als durch Ver­än­de­rungen der Geldmenge.

Eine wichtige Impli­kation der Qua­li­täts­theorie des Geldes besteht darin, dass die Preise im All­ge­meinen ohne eine Änderung der Geld­menge steigen oder fallen können. Frank Shostak (2008) berück­sichtigt die Qua­li­täts­theorie des Geldes nicht, wenn er schreibt:

Wir wissen, dass der Preis einer Ware die Menge des für die Ware gezahlten Geldes ist. Daraus können wir ableiten, dass für eine bestimmte Menge an Gütern eine all­ge­meine Preis­er­höhung nur als Reaktion auf die Erhöhung oder Inflation der Geld­menge statt­finden kann… Wenn die Geld­menge nicht gestiegen ist, dann haben die Ver­braucher kein Geld mehr, um die all­ge­meine Preis­er­höhung für Güter und Dienst­leis­tungen zu unterstützen.

Shostak irrt sich gerade deshalb, weil die Qua­lität des Geldes ohne eine Erhöhung der Geld­menge sinken kann.[5] Die sub­jektive Bewertung des Geldes und damit auch sein Grenz­nutzen kann durch eine Ver­schlech­terung der Geld­qua­lität sinken. Als Folge der gerin­geren sub­jek­tiven Bewertung des Geldes sinkt der Geld­preis. Wenn meine sub­jektive Bewertung des Geldes sinkt, werde ich ver­suchen, meine Kas­sen­haltung zu redu­zieren. Wenn ich zuvor fünf Äpfel für fünf Dollar ver­kauft habe, bin ich jetzt nur noch bereit mich für fünf Dollar von einem Apfel zu trennen, weil ich Geld im Ver­hältnis zu Äpfeln nied­riger bewerte. Das­selbe gilt für die Preise anderer Waren. Infol­ge­dessen redu­ziere ich meine reale Kas­sen­haltung.[6] Die Preise sind dann wegen einer Änderung der sub­jek­tiven Bewer­tungen und nicht wegen einer Änderung der Geld­menge gestiegen. Dieser Preis­an­stieg ist auf einen Rückgang der Geld­qua­lität zurück­zu­führen, der zu einem Rückgang der Geld­nach­frage führte. Der Rückgang der Geld­nach­frage bedeutet, dass sich die Position des Geldes auf den Wer­te­skalen im Ver­hältnis zu den Posi­tionen anderer Güter ver­schlechtert hat.

Im fol­genden Abschnitt werden wir die Fak­toren erörtern, die die Qua­lität des Geldes und folglich die sub­jek­tiven Bewer­tungen des Geldes beein­flussen. Einige der Fak­toren hängen mit der erwar­teten Zunahme der Geld­menge zusammen, eine Mög­lichkeit, die von Shostak nicht in Betracht gezogen wird. Andere Fak­toren sind völlig los­gelöst von quan­ti­ta­tiven Über­le­gungen.[7]

IV. QUA­LITÄT DES GELDES UND SEINE FUNKTION ALS TAUSCHMITTEL

Zunächst werden wir uns mit Fak­toren oder Eigen­schaften befassen, die die Qua­lität des Geldes in seiner Funktion als Tausch­mittel beein­flussen. Wenn sich diese Eigen­schaften ändern, ver­bessert oder ver­schlechtert sich die Qua­lität des Geldes und beein­flusst die Kauf­kraft des Geldes.

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Es gibt mehrere Eigen­schaften eines guten Tausch­mittels. Die meisten von ihnen wurden in der Lite­ratur in einem anderen Zusam­menhang dis­ku­tiert, nämlich bei der Erklärung der Ent­stehung des Geldes. Tat­sächlich kann die Qua­li­täts­theorie des Geldes die Ent­stehung und das Ver­schwinden des Geldes erklären, während die Quan­ti­täts­theorie diese Phä­nomene nicht erklären kann.[8] Eine der wich­tigsten Eigen­schaften für die Qua­lität des Geldes ist die Existenz einer nicht-mone­tären Nach­frage der Gesell­schaft nach dem Geld. Diese nicht-monetäre Nach­frage kann eine Nach­frage nach Kon­sum­gütern oder Pro­duk­ti­ons­fak­toren sein. Für die Qua­lität des Geldes ist es wichtig, dass seine nicht-monetäre Nach­frage eine wesent­liche Rolle in der Gesell­schaft spielt – jeder will und braucht diese Ware. Das Geld wird dann nicht nur als Tausch­mittel, sondern auch für andere Zwecke nach­ge­fragt. So gibt es für diese Ware viele unbe­frie­digte Wünsche, und die Inten­sität der Wünsche ist relativ hoch und dau­erhaft (Menger 1892, S. 5). Die nicht-monetäre Nach­frage ist wichtig, weil sie für den Geld­halter wie eine „Ver­si­cherung“ ist. Selbst wenn das Geld ent­mo­ne­ta­ri­siert wird, d.h. wenn es seine Geld­nach­frage ver­liert, hat es immer noch einen beträcht­lichen Wert. Die nicht-monetäre Nach­frage stützt den Wert des Waren­geldes.[9] Ins­gesamt gilt: Je höher die nicht-monetäre Nach­frage, desto höher die Qua­lität des Geldes. Wenn z.B. Gold Geld ist und die Nach­frage nach Gold­schmuck steigt, wird mehr Gold für diese Zwecke ver­wendet und der Grenz­nutzen von Gold steigt. Mit anderen Worten, der Grenz­nutzen von Gold kann sich unab­hängig von der Geschwin­digkeit des Umlaufs, der Anzahl der Umschlags­plätze und der Menge des Goldes ändern (Scott 1897, S. 56).[10]

Darüber hinaus funk­tio­niert das Geld als Tausch­mittel umso besser, je mehr Men­schen das Geld annehmen. Tat­sächlich ver­bessert die Ein­be­ziehung neuer Benutzer die Qua­lität des Geldes. Wenn zum Bei­spiel Men­schen, die Tausch­handel betreiben, anfangen, Geld zu benutzen, wird seine Qua­lität erhöht. Als die Sowjet­union zer­brach und die Nach­fol­ge­staaten wie auch China ihre Volks­wirt­schaften öff­neten und zu einem Markt für Dollar wurden, stieg die Qua­lität des Dollars. Die Ein­führung des Euro in immer mehr Ländern kann seine Funktion als Tausch­mittel ver­bessern, da mehr poten­zielle Käufer ihn akzep­tieren. Auch die Gesetze über das gesetz­liche Zah­lungs­mittel beein­flussen die Annahme von Geld und damit seine Qua­lität. Wie Carver (1934, S. 188) auf­zeigt, ist es für die Kauf­kraft des Geldes von Bedeutung, ob Papiergeld gesetz­liches Zah­lungs­mittel ist und von der Regierung zur Zahlung von Steuern und Abgaben akzep­tiert wird oder nicht. Indem die Regierung dem Papiergeld recht­liche Pri­vi­legien ein­räumt, sub­ven­tio­niert sie seine Qua­lität, indem sie seine Ver­wendung im Tausch­handel erhöht.

Weitere Eigen­schaften von Geld als Tausch­mittel sind niedrige Lager- und Trans­port­kosten, ein­fache Hand­habung, Halt­barkeit, Teil­barkeit, Wider­stands­fä­higkeit gegen Zer­störung, Homo­ge­nität und Erkenn­barkeit.[11] Ver­än­de­rungen dieser Eigen­schaften beein­flussen die Qua­lität des Geldes und damit seine Kauf­kraft unab­hängig von der Geld­menge oder der Erwartung über die Ent­wicklung Geldmenge.

*****

[1] Diese Frage ist inter­essant, wenn man bedenkt, dass Mises (1953, Teil II, Kap. 2) und Rothbard (2004, S. 831–42) die mecha­nis­tische Quan­ti­täts­theorie des Geldes kri­ti­sieren. Tat­sächlich kri­ti­siert Mises (1953, S. 128–30) die Quan­ti­täts­theorie sogar, weil sie es ver­säumt hat zu erklären, was hinter Angebot und Nach­frage steht und letztlich den Wert des Geldes bestimmt. Mit der Analyse der Qua­lität des Geldes werden wir also auf der Geld­theorie von Mises und Rothbard aufbauen.

[2] Für eine Analyse von Ricardos Geld­theorie und seiner Version der Quan­ti­täts­theorie siehe Rist (1966), ins­be­sondere Kap. 3.

[3] Vgl. auch Burda und Wyplosz (2005, S. 176).

[4] Auf einem freien Markt wird die Geld­menge, wie das Angebot jeder Ware, indirekt durch die sub­jektive Bewertung der Ver­braucher bestimmt. Während neo­klas­sische Öko­nomen behaupten, dass das Angebot eines Gutes durch seine his­to­ri­schen Pro­duk­ti­ons­kosten bestimmt wird, haben öster­rei­chische Öko­nomen gezeigt, dass das Angebot eines Gutes durch alter­native Ver­wen­dungen der Pro­duk­ti­ons­fak­toren zur Befrie­digung der Ver­brau­cher­wünsche und damit durch sub­jektive Fak­toren bestimmt wird.

[5] Die sub­jektive Wert­theorie zeigt, dass der Preis von Kugel­schreibern ten­den­ziell sinkt, wenn die Qua­lität der Kugel­schreiber bei einem kon­stanten Angebot an Kugel­schreibern abnimmt (kon­stanter Kugel­schrei­ber­menge). Das­selbe gilt für den Preis des Geldes.

[6] Der umge­kehrte Fall ist natürlich auch möglich. Wenn Men­schen ver­suchen, ihre reale Kas­sen­haltung auf­grund einer Erhöhung der Qua­lität des Geldes zu erhöhen, werden die Preise nied­riger sein als sonst. Der Effekt hält unab­hängig von der Geld­menge an. Das Phä­nomen fal­lender Preise auf­grund des all­ge­meinen Wun­sches, die Kas­sen­haltung zu erhöhen, wurde als „Cash Building Deflation“ bezeichnet (Salerno 2003). Siehe auch Hülsmann (2003).

[7] Betrachten Sie an dieser Stelle einige Bei­spiele von Carver (1934, S. 194):

Der Wunsch nach [Geld] setzt sich wie­derum aus meh­reren Ele­menten zusammen. Erstens ist da die Tat­sache, dass die Regierung es in Zah­lungen an sich selbst akzep­tiert; zweitens ist da die Tat­sache, dass die Gläu­biger es akzep­tieren müssen; drittens ist da die Tat­sache, dass die Regierung manchmal Gold dafür geben wird; viertens – eine Folge der ersten drei – ist die Tat­sache, dass der Brauch es bei pri­vaten Käufen akzep­tabel gemacht hat. Ent­fernt man eines dieser Ele­mente, so nimmt die Kauf­kraft des Geldes ab, ohne dass sich die Geld­menge erhöht oder sich die Zahl der zum Tausch ver­füg­baren Waren und Dienst­leis­tungen verringert.

[8] Ein wei­terer Mangel der Quan­ti­täts­theorie des Geldes besteht darin, dass sie auf die so genannte „Umlauf­ge­schwin­digkeit“ zurück­greift; eine Black Box, die ad hoc benutzt wird, um Preis­än­de­rungen zu erklären, die sich nicht durch Men­gen­än­de­rungen erklären lassen. Doch eine zuneh­mende „Umlauf­ge­schwin­digkeit“ oder ein zuneh­mendes Aus­tausch­vo­lumen in einer Periode bedeutet nicht, dass die Preise not­wen­di­ger­weise steigen müssen. Tat­sächlich kann eine Zunahme des Bör­sen­vo­lumens auf dem Akti­en­markt mit stei­genden oder fal­lenden Akti­en­kursen zusam­men­fallen. Ich danke José Ignacio del Cas­tillo, dass er mich auf diesen Punkt auf­merksam gemacht hat. Darüber hinaus kann sich als Folge von Ver­än­de­rungen in der Wertauf­be­wah­rungs­funktion und in der Funktion des Tausch­mittels die Nach­frage nach Geld aus einer Vielzahl von Gründen ändern. All diese Phä­nomene mit dem Hinweis auf die „Umlauf­ge­schwin­digkeit“ zu erklären, bringt keine Klarheit. So bezeichnet Mises (1990, Kap. 5) die „Umlauf­ge­schwin­digkeit“ als eine „nebulöse Metapher“ und Rothbard (2008, S. 29) als einen unde­fi­nierten Begriff. In jedem Fall kann eine höhere „Geschwin­digkeit“ das Ergebnis einer Ver­schlech­terung der Geld­qua­lität (oder eines Rück­gangs der Unsi­cherheit oder von Finanz­in­no­va­tionen wie Kre­dit­karten, Geld­au­to­maten usw.) sein, aber nicht ihre Ursache. Wie Salerno (2006, S. 51) es aus­drückt: „der Gesamt­fluss der Geld­aus­gaben wird durch den Wert des Geldes bestimmt und nicht umge­kehrt“. Salerno kri­ti­siert zu Recht die „Leere der Quan­ti­täts­theorie“. In ähn­licher Weise stellt Carver (1934, S. 191) fest, dass „Papiergeld, wenn es nicht mehr ein­lösbar ist, weniger wün­schenswert ist und daher schneller aus­ge­geben wird. Es ver­liert einen Teil seiner Attrak­ti­vität – als Wertauf­be­wah­rungs­mittel“. Mit anderen Worten, eine geringere Qua­lität als Ver­mö­gens­vorrat kann unab­hängig von quan­ti­ta­tiven Fragen zu höheren Aus­gaben führen. Wie Carver hin­zufügt, können die erhöhten Aus­gaben jedoch durch eine geringere Ver­kaufs­be­reit­schaft kom­pen­siert werden, da die Ver­käufer auch weniger Wert auf das Geld legen als zuvor. Dann ist es über­haupt nicht klar, ob die Umlauf­ge­schwin­digkeit zu- oder abnimmt. Es ist also nicht eine Zunahme der „Umlauf­ge­schwin­digkeit“, sondern die Abnahme der Begehr­lichkeit, die den Kauf­kraft­verlust erklärt.

[9] Als das Gold 1971 ent­mo­ne­ta­ri­siert wurde, blieb eine starke indus­trielle Nach­frage bestehen, und zwar auch als Wertauf­be­wah­rungs­mittel. Der Gold­preis in Dollar stieg sogar stark an, da die Qua­lität des Dollars abnahm. Die Qua­lität des Dollars wurde durch die Aus­setzung der Rück­zahlung in Gold ver­ringert. Der Gold­preis in Dollar stieg von einem Umrech­nungskurs von 35 Dollar im Jahr 1971 auf einen Jah­res­durch­schnitt von 58 Dollar im Jahr 1972, auf 97 Dollar im Jahr 1973, auf 159 Dollar im Jahr 1974 und auf 613 Dollar im Jahr 1980. Der Anstieg der Dol­lar­menge war natürlich auch wichtig, als die Preis­kon­trolle für Gold auf­ge­hoben wurde.

[10] Carver (1897) betonte auch, dass der Wert des Geldes durch die gleichen all­ge­meinen Wert­ge­setze bestimmt wird wie jedes andere Gut und ins­be­sondere durch seinen metal­li­schen Wert, unab­hängig von der Anzahl der Geld­ein­heiten. In ähn­licher Weise erwähnt Conant (1904) die Bedeutung der Inten­sität der Geld­nach­frage. Er zeigt auf, dass eine erhöhte Nach­frage nach Gold für die Ver­wendung in der Kunst das Angebot für die Geld­ver­wendung reduziert.

[11] Tat­sächlich wurde Gold als Weltgeld erst dann nützlich, als Fort­schritte in der Metall­urgie die Teil­barkeit erleich­terten. Siehe Fekete (1996, S. 12–13). Diese Fort­schritte führten zu einer Stei­gerung der Qua­lität der Gold­münzen und zu einer höheren Kauf­kraft. Tat­sächlich ver­bes­serten Inno­va­tionen wie neue Schmelz­tech­niken die Qua­lität des Geldes (Münzen). Ebenso ver­bessern Inno­va­tionen, die die Trans­port­kosten senken, die Hand­habung, die Wider­stands­fä­higkeit, die Erkenn­barkeit oder die Homo­ge­nität sowie die Halt­barkeit erleichtern, die Qua­lität des Geldes.

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Philipp Bagus ist Pro­fessor für Volks­wirt­schaft an der Uni­ver­sidad Rey Juan Carlos in Madrid. Zu seinen For­schungs­schwer­punkten Geld- und Kon­junk­tur­theorie ver­öf­fent­lichte er in inter­na­tio­nalen Fach­zeit­schriften wie Journal of Business Ethics, Inde­pendent Rewiew, Ame­rican Journal of Eco­nomics and Sociology u.a.. Seine Arbeiten wurden aus­ge­zeichnet mit dem O.P.Alford III Prize in Liber­tarian Scho­larship, dem Sir John M. Temp­leton Fel­lowship und dem IREF Essay Preis. Er ist Autor eines Buches zum islän­di­schen Finanz­kollaps (“Deep Freeze: Island’s Eco­nomics Col­lapse” mit David Howden). Sein Buch “Die Tra­gödie des Euro” erscheint in 14 Sprachen. Philipp Bagus ist ist Mit­glied des wis­sen­schaft­lichen Bei­rates des “Ludwig von Mises Institut Deutschland”. Hier Philipp Bagus auf Twitter folgen. Im Mai 2014 ist sein gemeinsam mit Andreas Mar­quart geschrie­benes Buch “WARUM ANDERE AUF IHRE KOSTEN IMMER REICHER WERDEN … und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen” erschienen. Zuletzt erschienen, eben­falls gemeinsam mit Andreas Mar­quart: Wir schaffen das – alleine!


Quelle: misesde.org