Wie Deutschland deindus­tria­li­siert werden sollte — der Mor­genthau-Plan und an was er heute erinnert

Die Kon­se­quenzen der Ener­gie­wende und der Deindus­tria­li­sierung Deutsch­lands erinnern an den ame­ri­ka­ni­schen Mor­genthau Plan von 1944. Dieser sah neben der ter­ri­to­rialen Zer­stücklung die Umwandlung Deutsch­lands in einen Agrar­staat vor. Zehn bis zwanzig Mil­lionen Men­schen­opfer sollten in Kauf genommen werden. Erst 1947 wurde der Mor­genthau-Plan offi­ziell fallen gelassen und 1948 durch die Mar­shall­plan­hilfe ersetzt. Worin bestanden die Ziel­set­zungen des Mor­genthau­plans und warum wurde er durch eine Politik des Wie­der­aufbaus ersetzt?

Deutschland muss verschwinden

Mit der Reichs­gründung 1871 ent­stand die „Deutsche Frage“. Das ver­ei­nigte Deutschland unter der Führung Preußens wurde ringsum mit Miss­trauen betrachtet. Die Indus­tria­li­sierung Deutsch­lands kam mit Rie­sen­schritten voran und Indus­tria­li­sierung bedeutete auch mehr mili­tä­rische Macht. Um 1900 war schon abzu­sehen, dass das Deutsche Reich in der indus­tri­ellen Pro­duktion alle seine Nachbarn über­treffen würde. Nur die USA wuchsen schneller, während das Ver­einte König­reich dabei war, zurückzufallen.

Nach der Nie­derlage im Ersten Welt­krieg wurde Deutschland als der alleinig Schuldige gebrand­markt und mit hohen Repa­ra­ti­ons­zah­lungen belegt. Aber selbst das konnte den wirt­schaft­lichen Wie­der­auf­stieg nicht ver­hindern. Nach dem Ende der Hyper­in­flation von 1923 durch eine Wäh­rungs­reform erlebte Deutschland bis zum Bör­sen­kollaps 1929 eine erstaun­liche Boomphase.

Mit dem Beginn der Großen Depression blieben jedoch die Geld­zu­flüsse der Ver­ei­nigten Staaten aus und Deutschland stürzte in eine tiefe Wirt­schafts­krise mit einer hohen Mas­sen­ar­beits­lo­sigkeit. Aller­dings kam die Wirt­schaft 1935 bereits wieder aus der Depression heraus. Die Arbeits­lo­sigkeit schwand und bald wurde das vor­herige Niveau der Indus­trie­pro­duktion wieder erreicht.

Zum Ein­tritt der Ame­ri­kaner in den Zweiten Welt­krieg kam es erst nach dem japa­ni­schen Überfall auf Pearl Harbor (7. Dezember 1941) und der dar­auf­fol­genden Kriegs­er­klärung Deutsch­lands (11. Dezember 1941) an die USA. Wie beim Ein­tritt der Ver­ei­nigten Staaten in den Ersten Welt­krieg gab es auch in den 1940er Jahren großen Wider­stand gegen eine Kriegs­be­tei­ligung. So wie bei der Vor­be­reitung zum Ersten Welt­krieg musste deshalb auch für den ame­ri­ka­ni­schen Kriegs­ein­tritt in den Zweiten Welt­krieg ein gigan­ti­scher Pro­pa­gan­da­ap­parat in Gang gesetzt werden, um Deutschland und die Deut­schen zu ver­teufeln. Die von Washington aus gesteuerte Staats­pro­pa­ganda erhielt dabei von der Film­in­dustrie mächtige Unter­stützung. Ein Buch, das 1941 erschien, brachte das Ziel der Pro­pa­gan­da­an­stren­gungen auf den Punkt: „Deutschland muss ver­schwinden“.

Ame­ri­ka­ni­schen Kriegsziele

Die Natio­nal­so­zia­listen in Deutschland ver­folgten men­schen- und lebens­feind­liche Ziele und sie setzten Bru­ta­lität und Gewalt als Mittel ein, um diese Ziele zu erreichen. Ludwig von Mises (1881 – 1973) kannte die bar­ba­rische Ideo­logie der Nazis und deren men­schen­ver­ach­tenden Anti­se­mi­tismus und er ana­ly­sierte und benannte dies aus­führlich (siehe bei­spiels­weise Mises, Omni­potent Government (1944), S. 114, 139, 178, 192 et passim). Doch die Been­digung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Tyrannei war nicht das einzige Kriegsziel der Ame­ri­kaner bezie­hungs­weise nicht aller Amerikaner.

Die Natio­nal­so­zia­listen in Deutschland ver­folgten men­schen- und lebens­feind­liche Ziele … Ludwig von Mises kannte die bar­ba­rische Ideo­logie der Nazis und deren men­schen­ver­ach­tenden Anti­se­mi­tismus und er ana­ly­sierte und benannte dies ausführlich.

In einer durch jah­re­lange Medi­en­pro­pa­ganda vor­be­rei­teten Atmo­sphäre konnte der Mor­genthau-Plan am 1. Sep­tember 1944 prä­sen­tiert werden. Er wurde vom ame­ri­ka­ni­schen Finanz­mi­nis­terium ent­wi­ckelt, dem Henry Mor­genthau Jr. (1891–1967) vor­stand. Beim haupt­säch­lichen Autor des Ent­wurfs han­delte es sich aller­dings um den später als Sowjet­spion ent­larvten Harry Dexter White (1892–1948). Dieser war es auch, der maß­geblich die Ver­hand­lungen bei der Bretton Woods Kon­ferenz 1944 zur Gestaltung der mone­tären Nach­kriegs­ordnung führte. Der Mor­genthau-Plan und die Gestaltung des inter­na­tio­nalen Finanz­systems, wie es auf der Kon­ferenz von Bretton Woods beschlossen wurde, müssen im Zusam­menhang gesehen werden.

Beim haupt­säch­lichen Autor des Ent­wurfs han­delte es sich aller­dings um den später als Sowjet­spion ent­larvten Harry Dexter White (1892–1948).

Franklin Delano Roo­sevelt (1882–1945), der 1933 seine erste Prä­si­dent­schaft antrat, schaffte es, dreimal wie­der­ge­wählt zu werden, obwohl es seiner Regierung kei­neswegs gelungen war, die Depression zu beenden. Mit 19 % Arbeits­lo­sigkeit im Jahr 1938 war diese Ende der drei­ßiger Jahre fast immer noch so hoch wie zu Beginn der Depression. Dass die Mas­sen­ar­beits­lo­sigkeit Anfang der 1940er Jahre zurückging, lag nicht an der Wirt­schafts­po­litik Roo­se­velts, die ein Desaster war, sondern an der  Mobil­ma­chung und der damit ein­her­ge­henden Zwangs­re­kru­tierung im Zuge der Kriegsvorbereitungen.

Was Harry Dexter White als dem Autor des Mor­genthau-Planes vor­schwebte, war die Schaffung einer neuen Welt­ordnung auf der Grundlage der bereits in den Kriegs­jahren geschmie­deten Allianz zwi­schen den USA und der UdSSR, die auch nach dem Ende des Krieges fort­ge­setzt werden sollte. Um dem Welt­kom­mu­nismus zum Sieg zu ver­helfen, musste, so Harry Dexter White, Deutschland als öko­no­mi­scher und welt­po­li­ti­scher Faktor – wie übrigens auch Groß­bri­tannien – aus­ge­schaltet werden. Seiner kom­mu­nis­ti­schen Welt­an­schauung gemäß baute Dexter White darauf, dass sich in den USA auf der Basis der bestehenden Kriegs­wirt­schaft eine voll­ständige sozia­lis­tische Plan­wirt­schaft in Frie­dens­zeiten errichten lassen würde.

Seiner kom­mu­nis­ti­schen Welt­an­schauung gemäß baute Dexter White darauf, dass sich in den USA auf der Basis der bestehenden Kriegs­wirt­schaft eine voll­ständige sozia­lis­tische Plan­wirt­schaft in Frie­dens­zeiten errichten lassen würde.

Die Ideen von Harry Dexter White waren nicht so aben­teu­erlich, wie es aus heu­tiger Sicht erscheinen mag, denn nicht nur das ame­ri­ka­nische Finanz­mi­nis­terium war von Sowjet­spionen und kom­mu­nis­ti­schen Sym­pa­thi­santen durch­setzt, des­gleichen galt auch für das ame­ri­ka­ni­schen Außen­mi­nis­terium und ins­gesamt für weite Teile von Prä­sident Roo­se­velts Administration.

In diesem Kontext gesehen ging es darum, dem Sozia­lismus unter der gemein­samen Führung der USA und der UdSSR zum Sieg zu ver­helfen, wobei die UNO dafür den insti­tu­tio­nellen Rahmen bilden sollte. Zu diesem Zweck musste östlich der Sowjet­union Japan aus­ge­schaltet werden und westlich des neuen sozia­lis­ti­schen Rie­sen­reiches nicht nur ganz Ost­europa unter die Fit­tiche der UdSSR kommen, sondern auch Westeuropa.

Roo­se­velts hege­mo­niale Bestre­bungen umfassten nicht nur die Besei­tigung Japans und Deutsch­lands als Rivalen, sondern auch die Eli­mi­nierung der Rolle Groß­bri­tannien als maritime Kolo­ni­al­macht. Bereits bei der Bretton Woods Kon­ferenz wurden die Ansprüche Eng­lands als Partner nie­der­ge­schmettert, und statt­dessen wurde die einstige Groß­macht zum Bitt­steller für US-Kredite gede­mütigt. Der Plan war in diesem Sinne nicht nur gegen Deutschland gerichtet, sondern gegen ganz Europa. West­europa ein­schließlich Groß­bri­tannien sollten reif gemacht werden für die Über­nahme einer sozia­lis­ti­schen Wirt­schafts­ordnung unter der Herr­schaft der Sowjets. Was nach dem Krieg in Ost­europa geschah, war ursprünglich auch für West­europa geplant.

West­europa ein­schließlich Groß­bri­tannien sollten reif gemacht werden für die Über­nahme einer sozia­lis­ti­schen Wirtschaftsordnung …

Bestim­mungen des Plans

Der Öffent­lichkeit wurde der vorher geheim gehaltene Plan durch die Publi­kation des Buches „Germany is our Problem“ von Henry Mor­genthau 1945 bekannt. Mor­genthau, inzwi­schen nach langer Dienstzeit (vom 1. Januar 1934 bis 22. Juli 1945) aus dem Finanz­mi­nis­terium aus­ge­schieden, liefert in diesem Buch den Kontext zu seinem Plan. Demnach „kann es keinen Frieden auf Erden geben, wenn aggressive Staaten wie Deutschland die Macht behalten, ihre Nachbarn anzu­greifen. Es reicht uns nicht, zu sagen, dass wir Deutschland ent­waffnen, und hoffen, dass sie lernen, sich so zu ver­halten wie anständige Leute.“ (S. 3). Vielmehr seien Fakten zu schaffen. Deshalb sei Deutschland in ein haupt­sächlich von der Land­wirt­schaft geprägtes Land („pas­toral in cha­racter“) umzu­wandeln. (S. 50)

… Deutschland [sei] in ein haupt­sächlich von der Land­wirt­schaft geprägtes Land … umzuwandeln.

Die Begründung, Deutschland zu deindus­tria­li­sieren, findet Mor­genthau darin, dass „länger als lebende Men­schen sich erinnern können“ die größte Bedrohung für den Frieden auf der ganzen Welt von Deutsch­lands Begierde nach bewaff­neter Eroberung ausgeht. Mehr noch als beim Militär findet diese Begierde in der deut­schen Schwer­industrie ihren Aus­druck (S. 17 et passim). Deshalb muss Deutsch­lands Indus­trie­po­tential durch die Zer­störung der ent­spre­chenden Betriebe auf die Hälfte des Pro­duk­ti­ons­ni­veaus von 1938 redu­ziert werden. „Des Deut­schen Weg zum Frieden führt auf den Bau­ernhof.“ („Germans’ road to the peace leads to the farm.“ (Mor­genthau, S. 48))

„Des Deut­schen Weg zum Frieden führt auf den Bauernhof.“

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Der ursprüng­liche Plan wurde haupt­sächlich von Henry Dexter White aus­ge­ar­beitet. Über­zeugt, dass die USA zusammen mit der Sowjet­union volle Herr­schafts­macht über Deutschland gewinnen würden, machte sich Dexter White daran, das Nach­kriegs­europa in seinem Sinn zu ent­werfen. Demnach sollte Deutschland voll­ständig deindus­tria­li­siert werden.

Das als „Top Secret“ gekenn­zeichnete „Memo­randum – vor­be­reitet vom Finanz­mi­nis­terium“ vom 1. Sep­tember 1944 sieht die fol­genden Maß­nahmen vor, wie Deutschland nach seiner Nie­derlage zu behandeln sei.

  1. Ent­mi­li­ta­ri­sierung von Deutschland
  2. Auf­teilung von Deutschland
  3. Inter­na­tio­na­li­sierung des Ruhrgebietes
  4. Wie­der­gut­ma­chung und Reparationszahlungen
  5. Deindus­tria­li­sierung der deut­schen Wirtschaft
  6. Bil­dungs­reform und Umerziehung
  7. Neu­ge­staltung des poli­ti­schen Systems

Es muss erwähnt werden, dass die im Mor­genthau-Plan gefor­derte harte Behandlung Deutsch­lands durchaus umstritten war. Unter den West­al­li­ierten gab es auch schon vor Ende des Krieges Befür­worter eines wirt­schaft­lichen Wie­der­aufbaus. Deren Argument war, dass ein wirt­schaftlich starkes Deutschland als Bollwerk gegen die Sowjet­union dienen sollte, wobei es in ein zu schaf­fendes Gesamt­europa ein­zu­binden sei. Auch wenn er auf der zweiten Quebec-Kon­ferenz 1944 dem Mor­genthau-Plan zustimmte (wohl, um vom US-Finanz­mi­nis­terium weitere Kredite bewilligt zu bekommen), neigte der bri­tische Pre­mier­mi­nister Winston Chur­chill (1874–1965), wie sich in seiner Zürcher Rede von 1946 bestä­tigen sollte, eher zu einem ver­ei­nigten Europa unter der Ein­be­ziehung Deutschlands.

Es muss erwähnt werden, dass die im Mor­genthau-Plan gefor­derte harte Behandlung Deutsch­lands durchaus umstritten war.

Dem Mor­genthau-Plan gemäß sollte Deutschland voll­ständig ent­mi­li­ta­ri­siert werden.

Ziel der alli­ierten Streit­kräfte soll es sein, die voll­ständige Ent­mi­li­ta­ri­sierung Deutsch­lands in mög­lichst kurzer Zeit nach der Kapi­tu­lation zu erreichen. Dies bedeutet die voll­ständige Ent­waffnung der deut­schen Armee und des deut­schen Volkes (ein­schließlich des Abzugs oder der Ver­nichtung des gesamten Kriegs­ma­te­rials) und die voll­ständige Zer­störung der gesamten deut­schen Rüs­tungs­in­dustrie sowie der Teile der unter­stüt­zenden Indus­trien, die keine andere Recht­fer­tigung haben. (Memo­randum)

In den auf dieser Grundlage erstellten „Vor­ge­schlagene Emp­feh­lungen zur Behandlung Deutsch­lands vom Kabi­netts­aus­schuss für den Prä­si­denten“ vom 4. Sep­tember 1944 wurde die Wirt­schaft Deutschland betref­fenden Ziele fol­gen­der­maßen zusammengefasst:

Die vor­ran­gigen Ziele unserer Wirt­schafts­po­litik sind (1) die Lebens­haltung der deut­schen Bevöl­kerung auf dem Exis­tenz­mi­nimum zu halten; (2) Die wirt­schaft­liche Macht­stellung Deutsch­lands in Europa muss beseitigt werden; (3) Die deutsche Wirt­schafts­kraft muss so umgebaut werden, dass … Deutschland aus eigener Kraft sie nicht mehr auf Kriegs­pro­duktion umstellen kann.

Im Detail befasste sich der Plan mit der Auf­teilung Deutsch­lands. Nach der dem Ori­gi­nal­do­kument bei­gefügten Skizze sollte das Ruhr­gebiet iso­liert und Rest­deutschland in einen Nord­deut­schen und Süd­deut­schen Staat auf­ge­teilt werden.

Nach der dem Ori­gi­nal­do­kument bei­gefügten Skizze sollte das Ruhr­gebiet iso­liert und Rest­deutschland in einen Nord­deut­schen und Süd­deut­schen Staat auf­ge­teilt werden.

Umsetzung

In der Besat­zungs­di­rektive JCS 1067 wurde der Mor­genthau-Plan zur Leit­linie der Besat­zungs­po­litik. In den Jahren nach der Kapi­tu­lation wurden in den jewei­ligen Besat­zungs­zonen Fabriken demon­tiert und alle Ansätze zu einer wirt­schaft­lichen Erholung unter­bunden. For­schungs­in­stitute und Fir­men­zen­tralen wurden sys­te­ma­tisch nach tech­ni­schen Betriebs­ge­heim­nissen durch­sucht, und wenn man sie fand, wurden diese konfisziert.

In der Besat­zungs­di­rektive JCS 1067 wurde der Mor­genthau-Plan zur Leit­linie der Besatzungspolitik.

Erst 1947 wurden die Bestim­mungen gelo­ckert. Mit dem Beginn der ame­ri­ka­ni­schen Pla­nungen für einen euro­päi­schen Wirt­schafts­auf­schwung wurden die Beschrän­kungen aus­ge­setzt, und die US-Besat­zungs­richt­linie JCS 1067 wurde durch die neue US-Besat­zungs­richt­linie JCS 1779 ersetzt. Diese gab nun, im Gegensatz zur ersten Direktive, die alle „Schritte zur wirt­schaft­lichen Reha­bi­li­tation Deutsch­lands“ oder „zur Auf­recht­erhaltung oder Stärkung der deut­schen Wirt­schaft“ untersagt hatte, als Richt­linie an, dass „ein geord­netes, wohl­ha­bendes Europa die wirt­schaft­lichen Bei­träge eines sta­bilen und pro­duk­tiven Deutsch­lands erfordert“.

Nachdem der Plan an die Öffent­lichkeit gelangte, wuchs in den USA der Wider­stand gegen seine Imple­men­tierung. In Deutschland diente er der Pro­pa­ganda als Beweis, dass die Alli­ierten die voll­kommene Ver­nichtung Deutsch­lands anstrebten. Einer der Gründe für den hart­nä­ckigen Wider­stand gegen die Invasion der Alli­ierten lässt sich auf die Erwartung zurück­führen, dass es eh keine Zukunft mehr für Deutschland gäbe. So hat der Mor­genthau-Plan den Krieg ver­längert und nicht nur auf deut­scher Seite mehr Leben gekostet.

Nachdem der Plan an die Öffent­lichkeit gelangte, wuchs in den USA der Wider­stand gegen seine Implementierung.

Mit Beginn des Kalten Krieges iden­ti­fi­zierten die Ver­ei­nigten Staaten die Sowjet­union als ihren neuen Feind und akzep­tierten, dass es ohne einen deut­schen Wirt­schafts­auf­schwung keinen Wohl­stand in Europa geben würde. Die US-Regierung erkannte, dass es ohne eine wirt­schaft­liche Genesung nur eine Frage der Zeit wäre, bis nach Ost­europa auch West­europa unter die Vor­herr­schaft der Sowjet­union fallen würde. Als Teil der poli­ti­schen Abkehr vom Mor­genthau-Plan wurde auch West­deutschland 1948 in die Mar­shall­plan­hilfe ein­be­zogen. Nun galt es, West­deutschland und damit West­europa als Bollwerk gegen den Sowjet­kom­mu­nismus aufzubauen.

Die US-Regierung erkannte, dass es ohne eine wirt­schaft­liche Genesung nur eine Frage der Zeit wäre, bis nach Ost­europa auch West­europa unter die Vor­herr­schaft der Sowjet­union fallen würde.

Fazit

Der Mor­genthau-Plan und die ame­ri­ka­nische Besat­zungs­po­litik sind ein erschre­ckendes Lehr­stück über die Politik. Sie zeigen, wie schnell der Feind zum Freund und der Freund zum Feind werden kann. In der Politik geht es nicht um Moral, sondern um hand­feste Macht-Inter­essen. Diese Inter­essen bestimmen den Kurs, und wenn sie sich ändern, ändert sich auch die Nütz­lichkeit bestimmter Alli­anzen. Der Mor­genthau-Plan zeigt darüber hinaus, dass für den staat­lichen Macht­willen das mensch­liche Leben zweit­rangig ist. Das eigent­liche Ziel des Mor­genthau-Planes war die Errichtung einer kom­mu­nis­ti­schen Welt­herr­schaft. Um den Weg dafür frei­zu­machen, musste Deutschland durch Deindus­tria­li­sierung aus dem Weg geschafft werden.

In der Politik geht es nicht um Moral, sondern um hand­feste Macht-Inter­essen. Diese Inter­essen bestimmen den Kurs, und wenn sie sich ändern, ändert sich auch die Nütz­lichkeit bestimmter Allianzen.

Wie ich in dem Artikel „Deindus­tria­li­sierung und Schrumpf­wirt­schaft. Kon­se­quenzen der grünen Wirt­schafts­po­litik” beschreibe, gibt es auch heute wieder Pläne zur Deindus­tria­li­sierung Deutsch­lands, wenn auch unter anderen Vor­zeichen. Die Rede ist von einer „öko­lo­gi­schen Kriegs­wirt­schaft“, von „Kreis­lauf­wirt­schaft“ oder „Schrumpf­wirt­schaft“. In dem Artikel weise ich nach, dass die öko­no­mi­schen Folgen einer öko­so­zia­lis­ti­schen Wirt­schafts­ordnung für die Men­schen kata­strophal wären. Genauso wie die Umsetzung des Mor­genthau-Planes kata­strophal gewesen wäre. Dass die heu­tigen Deindus­tria­li­sie­rungs-Pläne vor­geblich von Wohl­meinen getragen sind – im Gegensatz zum Mor­genthau-Plan – und der angeb­lichen Abwendung eines noch grö­ßeren Übels, ändert an diesen kata­stro­phalen öko­no­mi­schen Folgen nichts. Und da der Adressat der öko­so­zia­lis­ti­schen Pläne der Staat ist, also letztlich das staat­liche Gewalt­mo­nopol, wird klar, dass diese neue Wirt­schafts­ordnung mit Zwang umge­setzt werden soll.

… die öko­no­mi­schen Folgen einer öko­so­zia­lis­ti­schen Wirt­schafts­ordnung für die Men­schen [wären] katastrophal …

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Dr. Antony P. Mueller ist habi­li­tierter Wirt­schafts­wis­sen­schaftler der Uni­ver­sität Erlangen-Nürnberg und Pro­fessor der Volks­wirt­schafts­lehre an der bra­si­lia­ni­schen Bun­des­uni­ver­sität UFS (www.ufs.br). Vor kurzem erschien sein Buch „Kapi­ta­lismus, Sozia­lismus und Anarchie: Chancen einer Gesell­schafts­ordnung jen­seits von Staat und Politik“ . Kontakt: antonymueller@gmail.com


Quelle: misesde.org