FridaysForFuture Deutschland Bild: Fridays for Future - 25.01.2019 in Berlin © Jörg Farys / WWF - https://www.flickr.com/photos/161768312@N07/46820422932/ - CC BY 2.0

#Fri­days­for­Future: Warum die “Bewegung” außerhalb West­eu­ropas niemand kennt

Die Medien machen den Ein­druck, dass die „Fridays for Future“ ein welt­weites Phä­nomen wären. Sogar für den Frie­dens­no­bel­preis ist Greta schon im Gespräch. Aber wie ver­breitet ist die Bewegung tat­sächlich außerhalb Westeuropas?
Wir lesen in den Medien immer wieder, dass es auf der ganzen Welt Schü­ler­streiks und Fridays for Future gibt. Erst vor einigen Tagen gab es einen Spiegel, der über die Bewegung „in anderen Ländern“ berichtet hat. Der Artikel war unfrei­willig infor­mativ, denn er zeigte dem auf­merk­samen Leser, dass die Bewegung außerhalb West­eu­ropas keine nen­nens­werten Anhänger hat. Es handelt sich um ein Phä­nomen, das die west­eu­ro­päische Presse künstlich erschaffen hat. Und selbst in allen Umfragen in Deutschland, bei denen nach den größten Sorgen der Deut­schen gefragt wird, kommt der Kli­ma­wandel nur unter „ferner liefen“, und das trotz der inzwi­schen sechs­mo­na­tigen Medienkampagne.
Da ich in Russland wohne, ist der Hype in Deutschland ziemlich an mir vor­bei­ge­gangen. In Russland hat kaum jemand auch nur von den Fridays for Future gehört und kein Mensch weiß, wer Greta ist oder dass es sie über­haupt gibt. Ich bin auf das Thema erst durch eine Leser­frage auf­merksam geworden und habe dann einen Artikel darüber geschrieben, wie über Greta in Russland berichtet wird.
Man kann den Umfang der Popu­la­rität der Fridays for Future ganz gut an Wiki­pedia sehen. In einem Land, in dem das Thema pro­pa­giert wird und daher den Men­schen über­haupt bekannt ist, sind die Artikel ent­spre­chend lang. In Ländern, in denen die „Schü­ler­pro­teste“ kei­nerlei Rolle spielen, gibt es nicht einmal einen Wiki­pedia-Artikel darüber. Der deutsche Artikel bei Wiki­pedia hat 271 Quel­len­ver­weise, er ist also sehr lang. Der rus­sische Artikel hat lediglich 19 Quellen und ist ent­spre­chend kurz. Länger als der deutsche Artikel ist nur der auf Eng­lisch, er hat 353 Quel­len­ver­weise. Auf Schwe­disch, dem Land, in dem das Thema angeblich mit großer Resonanz ent­standen ist, gibt es nicht einmal einen Artikel darüber. Auf Fin­nisch zum Bei­spiel ist er sehr kurz und hat lediglich 5 Quel­len­ver­weise.
Auch weltweit sieht es eher düster aus für die Bewegung. In der Ukraine, die so gerne ein Teil des Westens werden möchte, hat der Artikel immerhin 52 Quel­len­ver­weise. In Israel scheint das Thema nie­manden zu inter­es­sieren, der Artikel ist sehr kurz hat nur 8 Quel­len­ver­weise. Zu dem Thema gibt es nicht auf einer ein­zigen afri­ka­ni­schen Sprache einen Wiki­pedia-Artikel über die Fridays for Future. In asia­ti­schen Sprachen gibt es ganze 4 Artikel: auf Per­sisch einen mit 8 Quel­len­ver­weisen, auf Korea­nisch ist es nur ein kurzer Absatz mit 2 Quel­len­ver­weisen, der Artikel auf Viet­na­me­sisch ist mit 54 Quel­len­ver­weisen im Ver­gleich recht lang, während es auf Thai­län­disch wieder 7 Quel­len­ver­weise sind.
Man sieht also, das Thema findet außerhalb West­eu­ropas einfach nicht statt. Und man sieht, dass der deutsche Wiki­pedia-Artikel nach dem Eng­li­schen der mit Abstand längste der Welt ist. Wer in Deutschland lebt, muss innerhalb der deut­schen medialen Fil­ter­blase glauben, dass das Thema die ganze Welt inter­es­siert, dabei ist das Unsinn. Dieser Ein­druck ent­steht nur innerhalb der deut­schen medialen Fil­ter­blase, während außerhalb davon kaum jemand auch nur davon gehört hat.
Ich sagte am Anfang, dass der Artikel im Spiegel unfrei­willig infor­mativ war. Das möchte ich nun erklären. In dem Artikel schreibt der Spiegel darüber, wie Schüler in anderen Ländern für das Klima demons­trieren. Schon das erste Bei­spiel aus China ist ent­larvend. China hat wirklich ernst­hafte Umwelt­pro­bleme, ganz im Gegensatz zu Deutschland und China inves­tiert massiv in alter­native Energien, und dort gibt es bereits Busse und sogar LKW, die elek­trisch fahren. Damit redu­ziert man zwar nicht die Emis­sionen, denn der Strom muss ja irgendwo her­kommen, aber man tut etwas gegen den all­ge­gen­wär­tigen Smog, wenn man die Emis­sionen außerhalb der Städte in Kraft­werken auf dem Land pro­du­ziert, anstatt in den Motoren der Autos in der Stadt.
In China müsste auf­grund der all­ge­gen­wär­tigen Umwelt­pro­bleme das Thema also eigentlich auf frucht­baren Boden fallen. Aber an China kann man sehen, was geschieht, wenn die Medien die Öffent­lichkeit nicht mona­telang mit einer Medi­en­kam­pagne mani­pu­lieren: Dort pro­tes­tiert ein ein­sames Mädchen vor seiner Schule, das war´s. Im deut­schen Wiki­pedia kann man dazu lesen: „Der chi­ne­sische Staat erlaubt keine Schul­streiks; es fanden außerhalb der Son­der­ver­wal­tungszone Hongkong in China keine Kund­ge­bungen statt. In Hongkong hatte eine Demons­tration am 15. März 2019 etwa tausend Teil­neh­mende”, wobei der Link zur Teil­neh­merzahl auf die Seite der Fridays for Future führt, es wird also keine neu­trale Quelle als Bestä­tigung angegeben.
Und ich frage mich, ob Schul­streiks in Deutschland erlaubt sind. In Deutschland gilt doch die Schul­pflicht, und die nahm der deutsche Staat im letzten Sommer noch so ernst, dass die Polizei im Mai 2018 an Flug­häfen Familien auf­ge­lauert hat, die ihre Kinder ein paar Tage vor den Ferien aus der Schule genommen hatten, um in den Urlaub zu fliegen. Es wurden Buß­geld­be­scheide ver­teilt, bzw. sogar Kinder von der Polizei wieder in die Schule gebracht. So wichtig war die Schul­pflicht in Deutschland noch vor einem Jahr. 
Ich kann mich nicht erinnern, dass in Deutschland die Gesetze zur Schul­pflicht geändert wurden. Wenn also heute der deutsche Staat die Kinder freitags die Schule schwänzen lässt, dann ver­stößt er gegen seine eigenen Gesetze. Und das tut der Staat nur, wenn er ein Thema vor­an­bringen möchte. Es ist also nicht nur eine bei­spiellose Medi­en­kam­pagne, die Greta pusht, das Ganze geschieht mit Unter­stützung des Staates.
Aber auch die anderen Bei­spiele im Spiegel waren infor­mativ. Wie gesehen, gibt es im afri­ka­ni­schen Wiki­pedia keinen ein­zigen Artikel über die Fridays for Future. Ent­spre­chend alleine stand das Mädchen aus Uganda, das der Spiegel zeigte. Aus Indien konnte der Spiegel wenigstens ein Foto zeigen, auf dem ganze 22 Jugend­liche zu sehen sind, das nenne ich mal eine Massendemonstration.
Und es ist ein euro­päi­sches Phä­nomen. In den USA gab es ganze drei Demos, die letzte Demo Ende Mai hatte 100 Teil­nehmer. Wenn man sich den Wiki­pedia-Artikel auf Eng­lisch anschaut, findet man eine Liste der Demos weltweit. Die größte Schü­lerdemo außerhalb der Ein­flusszone der west­eu­ro­päi­schen Medien fand am 15 März in Chile statt. Dort kamen ganze 2.000 Teilnehmer.
Inter­essant ist die Liste auch, weil sie die Anzahl der Demos pro Land zeigt. In West­europa, wo die Medien das Thema pushen, sind es die meisten. Für Deutschland sind 13 Demos auf­ge­listet, für Schweden, das Her­kunftsland von Greta, sind es hin­gegen nur drei. Und eine davon hatte nur eine Teil­neh­merin: Am 20. August 2018, als Greta alleine vor ihrer Schule stand und merk­wür­di­ger­weise die Medien vor Ort waren, um diese „Geburts­stunde des welt­weiten Pro­testes“ ordentlich ins Bild zu rücken. Und aus den USA werden 6 Demos auf­ge­listet, aller­dings hatten 4 davon wenig Teil­nehmer: Im Dezember war es ein Teil­nehmer, im Januar waren es 3, im Februar 9 und im Mai 100. Ich musste selbst lachen, als ich das geschrieben habe, aber jeder kann es nachprüfen.
Die Fridays for Future sind also nach­weisbar ein west­eu­ro­päi­sches Phä­nomen, das von den Medien künstlich erzeugt und von den Regie­rungen unter­stützt wird, wie die geset­zes­widrige Tole­rierung der Schü­ler­streiks in Deutschland bei­spielhaft aufzeigt.
Die angeblich kri­ti­schen jungen Leute werden von Politik und Medien in eine – warum auch immer – gewünschte Richtung manipuliert.
Und nun wird es kom­plett lächerlich, wenn Greta tat­sächlich den Frie­dens­no­bel­preis bekommt. Das würde der Welt vor Augen führen, wie durch­ge­knallt die Men­schen in West­europa inzwi­schen sind, wenn ein so wich­tiger Preis an Greta geht. Dabei gibt es Men­schen, die den Preis wirklich ver­dient haben. Wie wäre es zum Bei­spiel mit Julian Assange, der seine Freiheit und Gesundheit ris­kiert hat, um Kriegs­ver­brechen auf­zu­decken? Das wäre ein Thema für den Frie­dens­no­bel­preis. Aber wenn das Komitee den Preis an Greta ver­leiht, macht es sich nach der Ver­leihung an Obama zum zweiten Mal lächerlich und dis­kre­di­tiert sich end­gültig als Instrument der west­eu­ro­päi­schen Propaganda-Maschinerie.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“