Das Geld- und Finanzsystem bleibt eines der größten gesellschaftlichen Probleme. Das teilgedeckte Bankensystem erzeugt schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen wie 2008, verleitet zu Fehlinvestitionen, verändert die gesellschaftlichen Werte durch seine Inflationskultur, verteilt zuungunsten der Schwachen um und erlaubt dem Staat, sich immens aufzublähen. Ursächlich sind vor allem zwei problematische Eigenschaften unseres Geldsystems. Zum einen kann in unserem Fiatgeldsystem Geld aus dem Nichts produziert werden, um Staatsausgaben zu finanzieren. Zum anderen kann eine nicht durch reale Ersparnisse gedeckte Kreditausweitung der Banken die Zinsen unter ihr natürliches Niveau drücken, was zu Fehlinvestitionen und Konjunkturzyklen führt. Diese beiden Systemfehler zu korrigieren, ist aufgrund der Interessenlage schwierig.
von Philipp Bagus
Die beiden großen Nutznießer des gegenwärtigen Systems sind der Staat und die Banken. Der Staat hat kein Interesse daran, sein Geldmonopol aufzugeben, durch das er seine Ausgaben mehr oder weniger direkt zu finanzieren vermag. Die Banken wiederum haben vom Staat das kostbare Privileg erhalten, nur mit einer Teildeckung auf Sichteinlagen operieren zu dürfen. Somit können sie durch Kreditvergabe zusätzliche Sichteinlagen schaffen. Damit entsteht neues Bankengeld.
Das Teildeckungsbankensystem befindet sich in einer Symbiose mit dem Staat. Denn mit einem Teil des neu geschaffenen Geldes finanzieren die Banken den Staat. Dieser greift wiederum den Banken bei Schwierigkeiten indirekt mit Zentralbankgeld oder direkt mit Steuergeldern unter die Arme. Dass sich sowohl der Finanzsektor als auch der Staat Reformen oder gar einer Abkehr vom bestehenden System widersetzen, liegt auf der Hand.
Sind wir also in diesem unvorteilhaften System gefangen? Nicht unbedingt, denn es gibt historisch einmalige Gelegenheiten, in denen sich der Türspalt für Reformen öffnet. So ist es derzeit in Argentinien zu beobachten. Der argentinische Präsident[1] Javier Milei hat sich eine tiefgreifende Reform des Geld- und Finanzwesens zur Aufgabe gemacht. Er möchte Argentinien dollarisieren und die argentinische Zentralbank abschaffen. Damit wäre das erste der beiden Probleme gelöst: Der argentinische Staat verlöre seine Kontrolle über die Geldmenge und könnte seine großzügigen Ausgabenprogramme nicht mehr durch Drucken neuen Geldes bestreiten. Auch das zweite Problem, das des teilgedeckten Bankensystems, möchte Milei angehen. Er will das Privileg der Teildeckung aufheben. Die Banken sollen nach seinem Plan künftig eine hundertprozentige Reservedeckung auf Sichteinlagen vorhalten. Sie könnten dann nicht mehr neues Geld schaffen und somit die Zinsen verzerren.
Sind wir also in diesem unvorteilhaften System gefangen? Nicht unbedingt, denn es gibt historisch einmalige Gelegenheiten, in denen sich der Türspalt für Reformen öffnet.
Milei nennt dieses System „Simons-Bank“, nach dem Chicago-Ökonomen Henry Simons. Henry Simons hatte 1933 zusammen mit den Chicago-Ökonomen Lloyd Mints, Aaron Director, Frank Knight, Henry Schultz, Paul Douglas, und Albert Hart ein anonymes sechsseitiges Dokument mit dem Titel „Banking and Currency Reform“ lanciert. In diesem Dokument forderten die Autoren eine hundertprozentige Reservedeckung für Sichteinlagen. Später bauten die Chicago-Ökonomen ihre Vorschläge aus. Irving Fisher veröffentlichte seinen Vorschlag in Buchform mit dem Titel „100 Percent Money.“ Auch Milton Friedman verfocht 1959 in seinem Werk „A Program for Monetary Stability“ eine Volldeckung für Sichteinlagen.
Neben der Chicago-Schule vertritt auch ein großer Teil der Österreichischen Schule der Nationalökonomie ein vollgedecktes Bankensystem. Nobelpreisträger Friedrich A. von Hayek trat vor allem in seinen früheren Werken wie „Monetary Nationalism and International Stability“ für einen Goldstandard mit hundertprozentiger Reservedeckung für Banknoten und Sichteinlagen an. Dasselbe vertrat auch sein Lehrer Ludwig von Mises, der 1953 der englischen Ausgabe seines Werkes „Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel“ einen Reformplan beifügte, in dem alle künftigen Sichteinlagen vollständig goldgedeckt sein mussten. Auch Mises’ Schüler Murray N. Rothbard, und heute Joseph Salerno, Hans-Hermann Hoppe und Jesús Huerta de Soto sind Verteidiger einer vollgedeckten Warenwährung wie eines Goldstandards und haben dementsprechende Reformvorschläge formuliert. Im Gegensatz zu ihren Chicago-Kollegen wollen indes die Österreichischen Ökonomen nicht nur mit der hundertprozentigen Reservedeckung den Banken das Privileg nehmen, Geld zu schaffen, sondern sehen es auch als essentiell an, dass dem Staat der Einfluss auf das Geld entzogen wird. Eine Warengeldwährung wie Gold würde dieses Ziel erreichen.
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