Öster­reich rückt nach „rechts“ — Kon­ser­vativ ist hoffähig!

Ein Pau­ken­schlag: Mehr als die Hälfte der Öster­reicher (rd. 57 %) stimmen „rechts“

Sebastian Kurz und seine ÖVP haben die Wahl in Öster­reich gewonnen. Um Platz zwei ging es lange hin und her – nun dürfte die SPÖ doch vor der FPÖ liegen. Wie die neue Regie­rungs­ko­alition in Wien aus­sehen wird, ist noch unklar. Allent­halben ist von einem „Rechtsruck in Öster­reich“ die Rede. Die Schmutz­kam­pagne aus der SPÖ gegen Kurz und seine ÖVP ging voll nach hinten los.

Die ÖVP gewann die Par­la­mentswahl laut Hoch­rech­nungen mit 31,6 Prozent unan­ge­fochten. Das Ergebnis bedeutet ein Plus von 7,6 Pro­zent­punkten gegenüber 2013. Die rechte FPÖ legt eben­falls deutlich zu und kommt laut Hoch­rechnung auf 26 Prozent (2013: 20,5 Prozent). Die sozi­al­de­mo­kra­tische SPÖ unter Kanzler Christian Kern kommt demnach auf den zweiten Platz. 26,9 Prozent.

Die jahr­zehn­te­lange Polit-Ehe zwi­schen Öster­reichs Sozi­al­de­mo­kraten und der kon­ser­va­tiven ÖVP steht also vor der Scheidung. In einem sorgsam geplanten Schachzug hatte Sebastian Kurz zum nicht zu über­se­henden Miß­ver­gnügen einiger inter­na­tio­naler Schwes­ter­par­teien (Macron, Merkel usw.) die ange­staubte ÖVP zum Koali­ti­ons­bruch geführt – und so Neu­wahlen erzwungen und die Partei umge­formt. Pures Politik-Mar­keting eines jungen Auf­steigers – oder mehr? Kurz wird uns über­ra­schen!In der öffent­lichen Wahr­nehmung in Deutschland – und erst recht in den „berich­tenden“ Medien – geht die eigent­liche Sen­sation, die das öster­rei­chische Wahl­er­gebnis zeigt, kom­men­tarlos vorbei: Der „Rechtsruck“ ist so ein­deutig, daß sich daran nichts deuteln läßt: Zusammen 57 Prozent der Wähler für ÖVP und FPÖ. An Jörg Haiders Grab dürften heute viele neue Kerzen ange­zündet werden.

Bot­schaft nach Deutschland und Europa

Eine weitere Sen­sation ver­mittelt dieses Ergebnis auch in die deut­schen Lande:

  • Die euro­päische poli­tische Land­karte wandert nach rechts. Viktor Orban läßt grüßen
  • Man darf (wieder) „rechts“ sein und sich zu „rechts“ bekennen
  • FPÖ und ÖVP hatten einen bit­teren Ände­rungs­prozeß hinter sich, der jetzt mit diesem uner­war­teten Erfolg gekrönt ist. Wenn die Union, vor allem die CSU, wieder zurück zu einer klaren Linie findet (die CDU wird sich dem Sog auf Dauer nicht ent­ziehen können) und die AfD ihr Haus in Ordnung bringt, wäre eine solche Über­ra­schung wie in Öster­reich auch hier­zu­lande möglich. Bis zur nächsten Bun­des­tagswahl sind es noch vier Jahre. Also nutzt die Zeit, ver­ehrte Konservative!

SPÖ auf lange Sicht weg vom Fenster

Öster­reich steht vor einem Regie­rungs­wechsel. Die Ära der von den Sozi­al­de­mo­kraten geführten Großen Koalition, zuletzt mit SPÖ-Chef Christian Kern als Bun­des­kanzler, ist zuende. Ab heute ist die ÖVP stärkste Kraft. Ihr neuer Vor­sit­zender, der 31-jährige Außen­mi­nister Sebastian Kurz, baute Per­sonal und Stil seiner Partei um. Nun liegen er und die als „Liste Sebastian Kurz“ ange­tretene ÖVP vorne und werden die nächste Regierung anführen.

„Strenger Migra­ti­onskurs“

Kurz war seit Monaten in Umfragen als Favorit gehandelt worden. Er sprach sich für einen strengen Migra­ti­onskurs aus und kün­digte an, die illegale Zuwan­derung zu beenden. Das ver­mut­liche Ergebnis nannte Kurz nun eine „Chance für eine echte Ver­än­derung“ und einen „starken Auftrag, das Land zu ver­ändern“. Er ver­sprach, mit „voller Kraft“ zu arbeiten und einen „neuen Stil in diesem Land zu etablieren“.

O‑Ton Kurz:

„Meiner Meinung nach sind die­je­nigen, die für die offenen Grenzen ein­ge­treten sind, die Dublin außer Kraft gesetzt haben, die für das Wei­ter­winken der Flücht­linge waren, das sind die­je­nigen, die unser Europa ohne Grenzen nach innen in Gefahr gebracht haben.“

Klarer Auftrag zur Regie­rungs­bildung an Kurz

Bun­des­prä­sident Alex­ander Van der Bellen hat ange­kündigt, Kurz mit der Bildung einer Bun­des­re­gierung zu beauf­tragen – sollte sich das Wahl­er­gebnis nach Aus­zählung der Brief­wahl­stimmen bestä­tigen. Kurz sei dann der „ein­deutige Wahl­sieger“, so Van der Bellen. Das ist insoweit bemer­kenswert, als vor der Wahl spe­ku­liert wurde, der Grüne Van der Bellen würde eher eine Min­der­heits­re­gierung beauf­tragen, als die FPÖ in der neuen Regierung zu dulden. Nun muß er.

Um diese Stunde (8 Uhr, 16.10.) ist noch immer unklar, wer Koali­ti­ons­partner der ÖVP werden könnte. Der Wahl­kampf hatte eine gewisse Nähe zwi­schen Kurz und der FPÖ gezeigt. Die Frei­heit­lichen mit ihrem Chef Heinz-Christian Strache kommen wohl knapp hinter der SPÖ auf Platz drei. In den ersten Hoch­rech­nungen sah die FPÖ noch wie die zweite Kraft aus. Strache hatte sich im Wahl­kampf dafür aus­ge­sprochen, daß Öster­reich Teil der Visegrad-Staaten (Polen, Ungarn, Slo­wakei, Tsche­chien) wird, die für eine restriktive Flücht­lings­po­litik und das Pochen auf natio­nalen Inter­essen stehen.

Lange Zeit konnte sich die FPÖ (gemeinhin als „Rechts­po­pu­listen“ gebrand­markt) im Glanz guter Umfra­ge­zahlen sonnen: Noch zu Beginn dieses Jahres – lange bevor Außen­mi­nister Sebastian Kurz vor­ge­zogene Neu­wahlen durch­setzen konnte und die schlappe kon­ser­vative Volks­partei übernahm – stand die FPÖ deutlich auf Platz eins, als stärkste poli­tische Kraft im Lande. Damit war es bald vorbei: Denn die zen­tralen Themen ihrer Kli­entel – Migration und Grenz­schutz – hat Sebastian Kurz besetzt.

Bedenken des Jüdi­schen Weltkongresses

Der öster­rei­chische Poli­tologe Peter Filz­maier. Er meinte im ORF, die Par­tei­en­land­schaft habe sich nach rechts ver­schoben. ÖVP und FPÖ hätten deutlich hin­zu­ge­wonnen. Das sei beachtlich, da bisher sonst eine der beiden Par­teien auf Kosten der anderen gewonnen habe. Der Jüdische Welt­kon­gress sprach nach den ersten Hoch­rech­nungen von einem „besorg­nis­er­re­genden Wahl­er­gebnis“. In einer Pres­se­mit­teilung warnte der WJC ein­dringlich vor einer Regie­rungs­be­tei­ligung der FPÖ, die „eine extre­mis­tische Partei sei, die Ras­sisten und Anti­se­miten begünstige und Gefühle gegen Min­der­heiten“ schüre.

Nun ja, das hört die AfD in Deutschland eben­falls, jeden Tag, hat die Partei aber an einer wei­teren Eta­blierung in Deutschland nicht gehindert – zuletzt in Nie­der­sachsen. Etwas mehr Gelas­senheit würde also den Gegnern guttun.

Auftrag, das Land zu verändern

Das Ergebnis der Wahl in Öster­reich wird aber vor allem „den Euro­päern“ Kopf­schmerzen bereiten. Zum großen Ver­drusse der Brüs­seler und Straß­burger EU-Stra­tegen wird sich das neue „Kurz“-Österreich den kon­ser­va­tiven, EU-skep­ti­schen Kurs Ungarns unter Viktor Orban zum Vorbild nehmen. Kurz gehört zwar zu den Pro-Euro­päern, aber ist mit der Mach­fülle des Brüs­seler Molochs höchst unzu­frieden. Nicht zu ver­gessen ist sein im Wahl­kampf ständig wie­der­holtes Mantra:

„Zuwan­derung ins Sozi­al­system stoppen, Mit­tel­meer­route schließen“

Mög­li­cher­weise spielen einige System-Europäer mit dem Gedanken, jenes Manöver zu wie­der­holen, das die Gegner der FPÖ gegen den dama­ligen Bun­des­kanzler Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 ver­an­stal­teten, als er die Rechts­po­pu­listen mit in die Regierung nahm. Das empörte Europa ver­hängte damals diplo­ma­tische Sank­tionen gegenüber Wien.

Trocken kom­men­tierte also der kom­mende Bun­des­kanzler Kurz die Situation: Er sagte am Sonn­tag­abend in Wien, das Ergebnis sei ein starker Auftrag, das Land zu verändern.

Ach ja, nicht zu ver­gessen: Wer jetzt auch wider bes­seres Wissen noch immer behauptet, die ÖVP sei so etwas wie die „Schwes­ter­partei der CDU“ – in der trü­ge­ri­schen Hoffnung, dann falle ein wenig Glanz von ers­terer auf letztere – hat keine Ahnung von der öster­rei­chi­schen Situation oder gehört zur üblen Kaste der Meinungsmanipulierer.

Der größte Irrtum: Die CDU fürchtet das Etikett „rechts“ wie der Teufel das Weih­wasser, aber die ÖVP lebt gut damit.

Auch hier wird deutlich: Es wird aller­höchste Zeit zum Umdenken – in Deutschland.

„Eine Revo­lution namens Kurz – Eine Stärkung der bür­ger­lichen Mitte“

So über­schreibt denn auch die FRANK­FURTER ALL­GE­MEINE ZEITUNG ihren Kom­mentar mit Blick auf den jungen ÖVP-Vorsitzenden.

„Kurz hat in seiner Partei, der christlich-demo­kra­ti­schen ÖVP, einen kon­ser­va­ti­veren Kurs ein­ge­schlagen als sein Vor­gänger an der Par­tei­spitze, vor allem in Sachen Migration. Das Ergebnis für die FPÖ wird gewiss vie­lerorts einen Auf­schrei pro­vo­zieren. Aber wenn man sich den Verlauf der ver­gan­genen Jahre betrachtet, dann bedeutet das Wahl­er­gebnis eher eine Stärkung der bür­ger­lichen Mitte, denn da ist die ÖVP nach wie vor anzu­siedeln. Ehe Kurz in diesem Frühjahr das Ruder bei der Volks­partei über­nommen hat, drohte sie auf das Niveau einer Klein­partei zu schrumpfen“.

Ohne Hetze geht´s wohl nicht

Natürlich gibt´s auch Hetze. Mit diesem Statement (aus einem Artikel des DLF) will ich schließen: „Eine große Ver­än­derung wird es geben, glaubt man den Umfragen: Kanzler wird wohl ein 31-Jäh­riger werden, im Beiboot eine rechts­po­pu­lis­tische Partei, die tief im Bur­schen­schaftler-Milieu ver­wurzelt ist. Ein Rechtsruck. Par­teichef Strolz meint.

„Eine schwarz-blaue Regierung. Das ist das Modell Orbán für Öster­reich. Das ist eine Kon­stel­lation von völ­ki­scher Politik, kom­bi­niert mit natio­nal­po­pu­lis­ti­scher Ver­engung. Das ist die Ver­ab­schiedung von einem welt­of­fenen Öster­reich im Herzen Europas. Das macht Öster­reich eng. Das nimmt den Men­schen Chancen.“ 

Falsch, ganz falsch! Wer sich wie Die Linke (in Öster­reich) unpa­trio­tisch gibt, muß sich neu defi­nieren und u. a. zu einem Bekenntnis zum Patrio­tismus zurück­finden. Man kann nicht gewählt werden, wenn man das eigene Land ablehnt. Das ist gewiß einer der Gründe, daß Die Linke in Deutschland unbe­deutend bleibt.

Peter Helmes / Conservo.de

Bild: Ele­fan­ten­runde Puls4 / Wikimedia