Europas Migran­ten­krise: “Der afri­ka­nische Exodus bibli­schen Aus­maßes ist unmöglich zu stoppen”

Der Gipfel der Afri­ka­ni­schen und der Euro­päi­schen Union (AU-EU), der vom 29. bis 30. November in Abidjan, Elfen­bein­küste, stattfand, ist kläglich gescheitert, nachdem die 55 afri­ka­ni­schen und 28 euro­päi­schen Staats- und Regie­rungs­chefs, die an dem Treffen teil­nahmen, sich nicht einmal auf ele­mentare Maß­nahmen einigen konnten, mit denen die zig Mil­lionen poten­zi­ellen afri­ka­ni­schen Migranten daran gehindert werden können, nach Europa zu strömen.
(Von Sören Kern für Gatestoneinstitute.org)
Trotz hoher Erwar­tungen und pom­pöser Erklä­rungen war die einzige kon­krete Ent­scheidung, die in Abidjan getroffen wurde, das Ver­sprechen, 3.800 in Libyen gestrandete afri­ka­nische Migranten in ihre Hei­mat­länder zurückzuführen.
Laut einem geheimen Bericht, der Bild zuge­spielt wurde, warten mehr als sechs Mil­lionen Migranten in Ländern rund um das Mit­telmeer darauf, nach Europa über­zu­setzen. Wie es in dem Bericht heißt, war­teten eine Million von ihnen in Libyen, eine weitere Million in Ägypten, 720.000 in Jor­danien, 430.000 in Algerien, 160.000 in Tunesien und 50.000 in Marokko. Mehr als drei Mil­lionen Migranten, die derzeit in der Türkei warten, werden derzeit durch das Migran­ten­ab­kommen der EU mit dem tür­ki­schen Prä­si­denten Recep Tayyip Erdogan an der Wei­ter­reise gehindert.
Der frühere Büro­leiter der bri­ti­schen Bot­schaft in Benghazi, Joe Walker-Cousins, warnt davor, dass bis zu eine Million Migranten aus Ländern ganz Afrikas bereits auf dem Weg nach Libyen und Europa seien. Die Anstren­gungen der EU, eine libysche Küs­ten­wache aus­zu­bilden, seien “zu wenig und zu spät”. “Meine Infor­manten in dem Gebiet sagen mir, dass womöglich bereits eine Million Migranten, wenn nicht mehr, über die Pipeline von Zen­tral­afrika und dem Horn von Afrika kommen.”
Der Prä­sident des Euro­päi­schen Par­la­ments, Antonio Tajani, sagt, Europa “unter­schätze” das Ausmaß und den Ernst der Migran­ten­krise; wenn keine “sofor­tigen Maß­nahmen” getroffen würden, dann würden “Mil­lionen von Afri­kanern” in den nächsten Jahren den Kon­tinent überschwemmen.
In einem Interview mit Il Mes­sagero sagte Tajani, es werde einen Exodus “bibli­schen Aus­maßes” geben, der “unmöglich zu stoppen” sein werde, wenn Europa das Problem nicht jetzt angehe:
“Bevöl­ke­rungs­wachstum, Kli­ma­wandel, Aus­breitung von Wüsten, Kriege, Hunger in Somalia und dem Sudan. Das sind die Fak­toren, die die Men­schen zwingen zu gehen.”
“Wenn die Leute die Hoffnung ver­lieren, dann ris­kieren sie den Marsch durch die Sahara und die Über­querung des Mit­tel­meers, weil es schlimmer ist, zu Hause zu bleiben, wo sie gewal­tigen Risiken aus­ge­setzt sind. Wenn wir das nicht bald angehen, werden wir uns innerhalb von fünf Jahren mit Mil­lionen Men­schen an unserer Haustür gegenübersehen.”
“Heute ver­suchen wir ein Problem mit einigen Tausend Men­schen zu lösen, doch wir brauchen eine Stra­tegie für Millionen.”
Wenige Tage vor dem AU-EU-Gipfel for­derte Tajani einen “Mar­shall-Plan für Afrika”: einen 40 Mil­li­arden Euro schweren lang­fris­tigen Inves­ti­ti­onsplan, um die Aus­bildung und die Arbeits­mög­lich­keiten auf dem Kon­tinent zu ver­bessern und die Leute so vom Weg­gehen abzu­bringen. Er warnte davor, dass die Spirale des Bevöl­ke­rungs­wachstums in Afrika eine demo­gra­fische “Bombe” sei, die Mil­lionen von Afri­kanern nach Europa drängen könne. “Ohne eine Stra­tegie werden wir Ter­ro­rismus, illegale Ein­wan­derung und Insta­bi­lität haben.”
Mehr als die Hälfte des welt­weiten Bevöl­ke­rungs­wachstums, das es bis 2050 geben wird, ent­fällt auf Afrika – das sagt ein neuer UN-Bericht mit dem Titel “World Popu­lation Pro­s­pects: The 2017 Revision.” Es wird erwartet, dass Afrikas Bevöl­ke­rungszahl um 1,3 Mil­li­arden ansteigen wird, von derzeit 1,2 Mil­li­arden auf 2,5 Mil­li­arden im Jahr 2050. Zwi­schen 2017 und 2050 soll sich die Bevöl­ke­rungszahl von 26 afri­ka­ni­schen Ländern mehr als verdoppeln.
Ein großer Teil von Afrikas Bevöl­ke­rungs­wachstum wird auf Nigeria ent­fallen, derzeit nach UN-Angaben das Land mit der siebt­größten Bevöl­kerung der Welt. Bis 2050 wird Nigeria die Ver­ei­nigten Staaten über­holen und dann das gemessen an der Bevöl­ke­rungszahl dritt­größte Land der Erde sein, hinter Indien und China (Indiens Bevöl­ke­rungszahl wird die Chinas vor­aus­sichtlich bis zum Jahr 2024 über­flügelt haben).
Nach 2050 wird Afrika der Vor­hersage nach die einzige Region der Welt sein, in der es immer noch “sub­stan­zi­elles Bevöl­ke­rungs­wachstum geben wird – der Anteil des Kon­ti­nents an der Welt­be­völ­kerung wird der Vor­hersage in dem Bericht nach von 17 Prozent im Jahr 2017 auf 40 Prozent im Jahr 2100 steigen.
Afrika ist derzeit der jüngste Kon­tinent der Welt: 60 Prozent von Afrikas Bevöl­kerung ist unter 25 Jahre alt, ver­glichen mit 32 Prozent in Nord­amerika und 27 Prozent in Europa.
Die 28 Mit­glieds­länder der EU haben zusammen ein Brut­to­in­lands­produkt von 18 Bil­lionen US-Dollar, neunmal so hoch wie das der afri­ka­ni­schen Länder, das zwei Bil­lionen beträgt.
Der Direktor des Büros der Ver­einten Nationen in Genf, Michael Møller, hat gewarnt, Europa müsse sich auf die Ankunft von Mil­lionen wei­teren Migranten aus Afrika, Asien und dem Nahen Osten gefasst machen. In einem Interview mit The Times sagte der Däne Møller:
“Was wir gesehen haben, ist eine der größten mensch­lichen Wan­de­rungen in der Geschichte. Und das wird sich nur noch weiter beschleu­nigen. Junge Leute haben Mobil­te­lefone und können sehen, was in anderen Teilen der Welt pas­siert, und das wirkt wie ein Magnet.”
Deutsch­lands Ent­wick­lungs­hil­fe­mi­nister Gerd Müller (CSU) teilt diese Einschätzung:
“Die größten Migra­ti­ons­be­we­gungen liegen noch vor uns: Afrikas Bevöl­kerung wird sich in den nächsten Jahr­zehnten ver­doppeln. Ein Land wie Ägypten wird auf 100 Mil­lionen Men­schen anwachsen, Nigeria auf 400 Mil­lionen. In unserem digi­talen Zeit­alter mit Internet und Mobil­te­le­fonen weiß jeder von unserem Wohl­stand und unserem Lebensstil.”
Müller fügte hinzu, dass nur zehn Prozent derer, die derzeit unterwegs sind, Europa erreicht hätten: “Acht bis zehn Mil­lionen sind noch auf dem Weg.”
In einem Artikel der Financial Times erklärt Gideon Rachman Europas Dilemma:
“Eine mög­liche Reaktion Europas könnte darin bestehen, anzu­nehmen, dass Migration aus dem Rest der Welt unver­meidbar sei – und sie aus ganzem Herzen zu begrüßen. Europas von Schulden belastete Volks­wirt­schaften brauchen eine Injektion von Jugend und Dynamik. Wer wird in Europas Alten­heimen und Bau­stellen arbeiten, wenn nicht Ein­wan­derer aus dem Rest der Welt?”
“Doch selbst jene Europäer, die sich für Ein­wan­derung stark­machen, fügen oft hinzu, dass alle Neu­an­kömm­linge selbst­ver­ständlich ‘euro­päische Werte’ akzep­tieren müssten. Das ist womöglich unrea­lis­tisch. … Viele Ein­wan­derer aus dem Nahen Osten und Afrika bringen viel kon­ser­va­tivere und sexis­ti­schere Hal­tungen mit. Das zu ändern, würde mehr erfordern als ein paar Integrationskurse …”
“Insel­na­tionen, die wie Japan oder Aus­tralien vom Pazi­fi­schen Ozean umgeben sind, mag es möglich sein, die Ein­wan­derung strikt zu kon­trol­lieren. Für die EU, die Teil der eura­si­schen Land­masse ist und von Afrika nur durch schmale Abschnitte des Mit­tel­meers getrennt ist, wird dies so gut wie unmöglich sein.”
Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New Yorker Gatestone Institute.