“Libe­ra­lismus” bedeutet nicht “Belie­bigkeit”

Die fol­gen­schwerste Begriffs­ver­wechslung unserer Zeit ist jene von “Belie­bigkeit” und “Libe­ra­lismus”. Es gibt zahl­reiche Leute, die nicht ver­standen haben oder auch nicht ver­stehen wollen, dass die liberale Welt­sicht auf einem festen und argu­men­tier­baren Grund stehen muss, sonst ist sie nämlich nur beliebig und nicht liberal. Das Fatale dabei ist: Aus der Belie­bigkeit heraus kann niemals eine Haltung ent­stehen, sondern höchstens ein tages­ak­tu­eller oder “situa­ti­ons­elas­ti­scher” Oppor­tu­nismus. Jede Haltung braucht defi­nierte Regeln, klare Anschau­ungen und innere Über­zeu­gungen. Haltung ist, wenn man so will, immer etwas konservatives.
Was ist der Libe­ra­lismus eigentlich?
Um über den Libe­ra­lismus dis­ku­tieren zu können, benötigt man zunächst seine exakte Defi­nition. Diese ist natürlich nicht ganz einfach, weil es mehrere Spiel­arten gibt, die sowohl die Wirt­schaft wie die Gesell­schaft betreffen. Sicher ist nur, dass die Belie­bigkeit nir­gends ein Teil der Defi­ni­tionen ist. Der Duden sagt ziemlich knapp dazu:  “Der Libe­ra­lismus ist eine im 19. Jahr­hundert ent­standene, im Indi­vi­dua­lismus wur­zelnde Welt­an­schauung, die in gesell­schaft­licher und poli­ti­scher Hin­sicht die freie Ent­faltung und Auto­nomie des Indi­vi­duums fordert und staat­liche Ein­griffe auf ein Minimum beschränkt”
Die Ahn­herren muss man kennen
Freilich steckt viel mehr hinter dem Begriff des Libe­ra­lismus. Man braucht dazu nur seine phi­lo­so­phi­schen Ahn­herren  wie John Locke, Thomas Hobbes und John Stuart Mills lesen. Ganz wichtig ist es, sich den modernen und zeit­ge­nös­si­schen Autoren wie Friedrich August von Hayek, Milton Friedman, Hans-Hermann Hoppe oder Ludwig von Mises zu widmen. Wer das nicht tut, wird nie ver­stehen, was Libe­ra­lismus eigentlich bedeutet und immer in die Belie­big­keits­falle tappen.
Echte Liberale sind konservativ
Das echte liberale Denken hat nichts mit einem belie­bigen und wech­sel­haftem Zugang zur Rea­lität und zu den Wün­schen und Bedürf­nissen “der Men­schen draußen” zu tun, sondern dieses Denken geht vom Prinzip der Per­so­na­lität und des Indi­vi­duums aus. Die Freiheit kann immer nur beim Ein­zelnen ent­stehen und sie muss aus kon­ser­va­tiven und natur­recht­lichen Gege­ben­heiten ent­wi­ckelt werden, wenn man die Dinge redlich zu Ende denkt. Der soge­nannte Paläo­kon­ser­va­tismus und der Paläo­li­be­ra­lismus als die intel­lek­tu­ellen Väter des frei­heit­lichen Denkens sind Zwil­linge. Wer liberal ist, muss auch kon­ser­vativ sein — und umgekehrt.
Achtung, Kul­tur­mar­xismus!
Die­je­nigen, die den Unter­schied zwi­schen den Adjektiva “liberal” und “beliebig” nicht ver­stehen oder ihn gar leugnen, sind Opfer einer kul­tur­mar­xis­ti­schen und daher im Grunde anti-libe­ralen Pro­pa­ganda. Sie folgen halt den Rat­ten­fängern in der Politik und in den Medien, die unter Miss­brauch des Frei­heits- und Tole­ranz­be­griffs die ihnen gerade jeweils als passend erschei­nenden Begehr­lich­keiten lauthals publi­zieren und sich je nach Her­kunft sozi­al­li­beral, links­li­beral oder gesell­schafts­li­beral nennen.
Man muss sie stellen
Die Anführer dieses am Ende immer per­fiden Belie­big­keits­denkens muss man aller­dings scharf anpacken und sie stets dingfest machen. Sie ver­ur­sachen nämlich nicht weniger als die schritt­weise Demo­lierung der Gesell­schaft, um ihre eigenen sinistren Inter­essen zu ver­folgen. Poli­tische Ver­treter des Pseudo-Libe­ra­lismus stellen sich gerne als der Mensch­lichkeit ver­pflichtet dar, sie erzählen uns per­manent die Geschichte von der Gleichheit und der “Augenhöhe” und sie führen ständig die euro­päi­schen Werte im Mund, die sie bei Nach­frage dann aber nicht exakt defi­nieren können — besser: dies auch gar nicht wollen.
Der Super­staat droht
Apropos Europa: Gemein­sames Kenn­zeichen aller Belie­big­keits-Ideo­logen ist der Wunsch nach der Auf­lösung der Nationen und die Sehn­sucht nach dem Super­staat Europa. Das ist das erklärte Ziel. Sie meinen vor­der­gründig, dass nur in einem von seinen Nationen befreiten euro­päi­schen Kon­tinent die wahre Freiheit und also der Libe­ra­lismus seine Rea­li­sierung finden könnte. Ihr wahres Bestreben ist es aber, durch die Erosion tra­di­tio­neller Welt­an­schau­ungen und Wer­te­hal­tungen eine Zer­rüttung der Familien, eine flä­chen­de­ckende Ver­ein­zelung und eine Diver­si­fi­zierung der Inter­essen der Bürger her­bei­zu­führen, um am Ende die unwei­gerlich aus dieser Denke ent­ste­henden rie­sigen Massen der Ori­en­tie­rungs­losen im Super­staat Europa unter ihr Kuratel stellen zu können.
Hütet Euch vor den Heuchlern
Wer also heute das Wörtchen liberal im süßlich lächelnden Mund führt, dem muss man sofort auf den Zahn fühlen. Meist geht nämlich von den­je­nigen, die sich als “liberal” bezeichnen und immer die Mensch­lichkeit und die Gleichheit betonen, die Gefahr der gesell­schaft­lichen Zer­störung aus. Glaubhaft ist der Liberale nur, wenn er ein kon­ser­va­tives Fun­dament hat und dieses auch dar­stellen kann.
 
Dr. Marcus Franz / thedaylifranz.at