Nicht alle Ökonomen lassen sich willfährig vor den politischen Karren spannen, wenn es um die „Rettung“ des Euro geht. Das schlimmste Beispiel in den letzten Wochen war das Papier der deutsch-französischen Ökonomen:
→ Ökonomenvorschlag zur „Rettung“ des Euros: von der Lösung eines Problems, ohne das Problem zu lösen
Klarer ist die Kritik des Centrums für Europäische Politik (CEP) an der angedachten „Stabilisierungsfunktion“ der EU. Im Kern geht es wieder nur darum, Geld umzuverteilen und die Verschuldungskapazität zu erhöhen. Zulasten der „so reichen“ Deutschen, wie wir wissen. Die CEP entlarvt den Irrsinn der Überlegungen:
Zunächst die Erläuterung, weshalb so etwas offiziell überhaupt angedacht wird:
- „Wenn ein Staat von einem wirtschaftlichen Schock – etwa dem Platzen einer Immobilienblase – getroffen wird, kann die nationale Zentralbank zur Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage auf geldpolitische Instrumente – etwa eine Leitzinssenkung oder eine Währungsabwertung – zurückgreifen. (…) Zudem sollte die Regierung zur Stabilisierung der Nachfrage die öffentlichen Ausgaben konstant halten.“
– Stelter: So machen es die Staaten, die noch über eine eigene Währung verfügen. Hat man diese nicht mehr, so wird es ungemütlich. - „Wenn ein einzelner Euro-Staat von einem Schock getroffen wird, kann dessen Zentralbank zur Nachfragestabilisierung nicht geldpolitisch gegensteuern, da hierfür die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig ist. Diese richtet ihre Geldpolitik an der Entwicklung des ganzen Euro-Raums aus.“
– Stelter: was in der Theorie stimmt, in der Praxis jedoch nicht. - „Ein von einem Schock getroffener Euro-Staat, dessen Regierung die öffentlichen Ausgaben konstant hält, muss seine Ausgaben deutlich länger durch Kredite finanzieren als ein Staat mit eigener Währung. (…) Dies führte zu Zweifeln an deren Solvenz.“
– Stelter: Weil man selber kein Geld drucken kann, ist man als Staat dann gefangen. Unterschied zu USA und anderen.
Dann die Idee der „Stabilisierungsfunktion“:
- Die Stabilisierungsfunktion soll das Risiko verringern, dass ein Mitgliedstaat Darlehen beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bzw. beim Europäischen Währungsfonds (EWF) beantragen muss. (…) Die Stabilisierungsfunktion soll Nettozahlungen in Höhe von 1 % des BIP der Euro-Staaten leisten können, um jederzeit eine wirksame Unterstützung zu ermöglichen.“
– Stelter: Als würde ein Prozent genügen! Wir wissen, dass es unzureichend ist. - „Die Stabilisierungsfunktion soll aus drei Instrumenten bestehen, die ein von einem Schock betroffener Mitgliedstaat nebeneinander in Anspruch nehmen kann: a) Darlehen (für die die EU selber Kredite aufnimmt) b) Nicht zurückzuzahlende Finanzhilfen aus den Struktur- und Investitionsfonds c) ‚Ein ‚Versicherungsmechanismus‘ außerhalb des EU-Haushalts ‚ergänzt‘ die Finanzhilfen ‚mit der Zeit‘. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten zahlen freiwillig einen jährlichen Beitrag zum Versicherungsmechanismus oder einigen sich auf eine andere Finanzierung.“
– Stelter: Das ist alles politisches opportunes Geschwätz. Es geht darum, mehr Schulden machen zu können und dazu die noch kreditwürdigen Mitgliedsstaaten zu belasten.
- „Die Begründung der Kommission für die Einführung einer Stabilisierungsfunktion überzeugt nicht. (…) Die Euro-Staaten sollten vielmehr vor Eintreten eines Schocks so niedrige öffentliche Schuldenstände und Defizite aufweisen, dass sie im Fall eines Schocks über längere Zeit hohe Defizite eingehen können, ohne dass die Kapitalmarktakteure an ihrer Solvenz zweifeln.“
– Stelter: Spare in der Zeit, dann hast du … –, aber wozu, wenn andere bezahlen? - „Darüber hinaus sollten gerade die Euro-Staaten besonders flexible Arbeitsmärkte aufweisen, da eine hohe Arbeitnehmermobilität sowie flexible Löhne und Arbeitszeiten die Überwindung eines Schocks in einer Währungsunion wesentlich erleichtern. Die Stabilisierungsfunktion schwächt im Gegenteil die Anreize der Mitgliedstaaten, diese Voraussetzungen für die Überwindung wirtschaftlicher Schocks zu schaffen.“
– Stelter: und auch die eigenen Finanzen in Ordnung zu bringen! - „Gleichzeitig wird damit aber der bislang einzige funktionierende Anreiz zu solider Haushaltspolitik – die Angst vor einem mit ESM-Darlehen verbundenen Anpassungsprogramm – geschwächt. (…) die Erfahrungen mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt haben gezeigt, dass solche Bedingungen aufgrund politischer Rücksichtnahme nicht angewendet werden. Vielmehr ist zu erwarten, dass der ohnehin bereits hohe politische Druck einiger Mitgliedstaaten zur Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch die Stabilisierungsfunktion weiter zunehmen wird.“
– Stelter: Genauso ist es! - Dieser Automatismus führt (…) dazu, dass Mitgliedstaaten auch dann – automatisch – eine finanzielle Unterstützung erhalten, wenn der Schock durch den Mitgliedstaat selbst verschuldet ist.“
– Stelter: alles klar. Es geht immer und immer um die Umverteilung zulasten der dummen Mitglieder. - „(…) besteht zudem die Gefahr, dass die Leistungen der Stabilisierungsfunktion nicht nur bei Schocks, sondern auch bei strukturellen Verwerfungen gewährt werden. (…) Strukturelle Verwerfungen hingegen können nur durch strukturelle Reformen überwunden werden. Leistungen der Stabilisierungsfunktion können notwendige Strukturreformen in diesem Fall sogar verzögern.“
– Stelter: „Schock“ ist ja auch ein ziemlich einseitig definierbares Ereignis. - „Das explizite Verbot, Leistungen der Stabilisierungsfunktion an Reformauflagen zu knüpfen, höhlt das Grundprinzip des ESM aus, dass ESM-Darlehen nur gegen strenge Auflagen vergeben werden dürfen. Kein Staat wird sich, um Kredit zu erhalten, einem ESM-Reformprogramm unterwerfen, wenn er auch ohne Reformzusagen ausreichend Geld bekommen kann, indem er das Vorliegen eines Schocks geltend macht.“
– Stelter: Wer jetzt noch nicht versteht, worum es bei dem Spiel eigentlich geht, dem kann man nicht mehr helfen!
Fazit: Das Spiel läuft und unsere Mannschaft ist auf Dritt-Liga-Niveau. Leider.
→ CEP: „STABILISIERUNGSFUNKTION“, 6. März 2018
Dr. Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvious.com