Raus aus Facebook, bevor es auch noch alle Deine Bank­daten hat?

Pfründe ver­liert man immer früher oder später, denn die­je­nigen, die ein Auge drauf werfen, kommen schon auf Ideen, wie sie es Dir abluchsen können. Bis in die 1830er-Jahre hatte zum Bei­spiel die Bank of England das Monopol der Bank­no­ten­au­sagabe, als die Akti­en­banken auf­kamen, konnten die das eben­falls tun, zuerst nur außerhalb einen 65-Meilen Radius um London, und später überall.
Heute bescheren die großen Internet- und Social-Media-Kon­zerne den klas­si­schen Banken eine unan­ge­nehme Über­ra­schung nach der anderen. Schon im Februar 2012 postete Dr. Hansjörg Leich­senring auf seinem Bank-Blog, dass die Daten­krake Google sich bereits eine Bank­lizenz besorgt hat.. Herr Leich­senring bekam zwar von Google auf seine direkte Anfrage die Antwort, man wisse nichts von einer Bank­lizenz, hatte aber bereits schon selber her­aus­ge­funden, dass Google sehr wohl eine Bank­lizenz von der nie­der­län­di­schen Zen­tralbank besaß. Die Google-Bank heißt „Google Payment Limited“ und hat ihren Sitz in der Buck­ingham Palace Road 76, London.
Auch große Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­systeme ver­fügen über Bank­li­zenzen, die sie (bisher) aller­dings nur für den Zah­lungs­verkehr mit ihren eigenen Kunden für die erbrachten Leis­tungen nutzen. Doch auch andere große Kon­zerne, wie Amazon, Apple und Facebook haben sehr fort­ge­schrittene Shop- und Bezahl­struk­turen aufgebaut.
Facebook plant neue Dienst­leis­tungen im Finanz­be­reich für seine Nutzer. Einem Zei­tungs­be­richt zufolge, so berichtet heise.de, hat Facebook bei ver­schie­denen US-Groß­banken die Finanz­daten von Face­book­nutzern ange­fragt. Das Unter­nehmen will seinen Kunden Bank-Ser­vice­leis­tungen anbieten und Facebook zu einer Online-Han­dels­plattform ausbauen.
Um Infor­ma­tionen zu Ein­käufen von Kunden mit Kre­dit­karten zu bekommen oder zu Kon­to­ständen der Kunden, soll Facebook bei JP Morgan Chase, Citigroup und US Bancorp Kun­den­daten nach­ge­fragt haben. Dabei habe Facebook mit den Geld­häusern auch über Angebote gesprochen, die über den Facebook-Mes­senger an Bank­kunden gemacht werden könnten. Facebook hat auf Nach­frage ele­gante All­ge­mein­heiten ver­lautbart („Wie viele Online-Unter­nehmen sprechen wir mit den Finanz­in­sti­tu­tionen regel­mäßig darüber, wie man die Ein­kaufs­er­leb­nisse der Leute ver­bessern kann”), deren Net­to­gehalt heißt, man demen­tiert nicht, also ist was dran und nein, man werde selbst­ver­ständlich die Daten, die man von Banken und Kre­dit­kar­ten­an­bietern erhält, nicht für Wer­be­an­zeigen ver­wenden oder an Dritte geben. Das erfordert schon viel Ver­trauen, was die Bank­häuser anscheinend ver­ständ­li­cher­weise nicht haben, nachdem in der „Cam­bridge-Ana­lytica-Affäre“ her­auskam, dass Facebook über eine App so ziemlich alle Daten seiner Nutzer an das bri­tische Unter­nehmen über­mit­telte, welches damit eine aus­ge­feilte Social-Media-Wahl­kam­pagne für Donald Trump durch­ge­zogen hat. Noch immer schnüffeln die Ermittler im Facebook-Konzern herum, das kommt nicht so gut an bei der Kundschaft.
JP Morgan teilte jeden­falls lako­nisch mit, man werde seine Kunden-Trans­ak­ti­ons­daten nicht mit „diesen Platt­formen“ teilen. Das hat auch einen anderen Aspekt. Das tra­di­tio­nelle Bank­ge­schäft wird sich das neue, wachs­tums­in­tensive Geschäftsfeld „Mobiles Banking“ nicht von Google, Facebook, Amazon & Co vor der Nase weg­schnappen lassen. Das fröh­liche Angebot von Facebook „Wir geben Euch unsere User, Ihr gebt uns deren Kon­to­daten“ ist für die Banken ein schlechter Deal: Das Huhn schlägt dem Schwein ein Joint Venture für „Ham and Eggs“ vor.
Haben nämlich Riesen wie Amazon erst einmal den Fuß im Bank­ge­schäft, ist die logische Kon­se­quenz, dass es bald kein Refe­renz­konto mehr mit klas­si­scher Bank­ver­bindung braucht. Zur Zeit kann man direkt mit Paypal bequem zahlen, aber auch Paypal, eben­falls mit Bank­lizenz arbeitend, arbeitet noch mit dem tra­di­tio­nellen Referenz-Bank­konto seiner Kunden. In Zukunft, sollte z.B. Amazon seine eigene Bank instal­lieren, kann der „Digital Native“ dann relativ schnell und einfach über Smart­phone-Apps oder über Alexa durch Sprach­be­fehle Bank­ge­schäfte tätigen. Die Internet-Dienst­leister ent­werfen und testen schnell völlig neue Dienst­leis­tungs­struk­turen, die auf die junge Online-Gene­ration maß­ge­schneidert sind. Schon heute lassen Online-Dienste wie Aux­money die Banken dumm am Stra­ßenrand stehen, indem sie Geld­geber und Kre­dit­nehmer direkt mit­ein­ander ver­koppeln, lediglich eine Bear­bei­tungs­gebühr nehmen und keine Bank dazwi­schen brauchen.
Der Weg in die neue Welt des mobilen Geld­transfers ist für Amazon & Co keine allzu große Her­aus­for­derung. Umge­kehrt ist das Abschaffen ihrer alten, über­kom­menen Struk­turen und die Ent­wicklung solcher kom­plexen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­turen für die Banken eine sehr hohe Hürde.
Der unbe­re­chenbare Faktor ist der Kunde. Face­books Datenleck-Skandal hat schon einige User vegrault, die Zensur–  Lösch- und Sperrwut hat FB weitere Nutzer gekostet. Wie die Frat­zenbuch-Nutzer reagieren werden, wenn sie mit­be­kommen, dass Facebook auch noch Zugriff auf all ihre Bank­daten haben will? Ist es ihnen dann auch schon egal, ob nun die Bank oder Facebook ihre finan­zi­ellen Ver­hält­nisse genau kennt? Und würden sie trotz allem Facebook ver­trauen, dass die per­sön­lichen Daten nicht in falsche Hände kommen?
Oder halten es die User doch für zu leicht­sinnig, sich all­zusehr in die Hand eines Kon­zerns zu begeben, der Face­book­ac­counts wegen Ver­stößen gegen die Gemein­schafts­stan­dards mit Löschungen und Sper­rungen in Ketten legen? Wäre die nächste Stufe etwa die Sperrung eines Kontos, wenn Facebook findet, dass eine Spende an die falsche Partei oder das Bestellen eines poli­tisch inkor­rekten Buches gegen die Gemein­schafts­stan­dards verstößt?