Symbolfoto Goldbarren - By Andrzej Barabasz (Chepry) - Own work, CC BY-SA 4.0, Link

„Gold – Tot­ge­sagte leben länger“

Dieser Kom­mentar von mir erschien bei Wirt­schafts­Woche Online:
Zuletzt wurde 2001 so massiv gegen Gold spe­ku­liert. Das Ergebnis ist bekannt.
Gold hat kein gutes Jahr hinter sich. Notierte das Edel­metall zu Jah­res­anfang noch über 1.350 US-Dollar, so lag der Kurs in den ver­gan­genen Tagen um 1.200 Dollar, immerhin ein Rückgang um 11 Prozent. Auch in Euro gerechnet, machte die Anlage in Gold keine Freude: rund sechs Prozent Verlust seit Jahresbeginn. 
Kein Wunder, dass die Kri­tiker des Edel­me­talls wieder Aufwind bekommen. Wann, wenn nicht in Zeiten von Han­dels­kriegen, poli­ti­scher Unsi­cherheit, anzie­hender Inflation und zurück­keh­render Euro­krise sollte Gold als sicherer Hafen gesucht sein? Doch es ist es nicht. Ein Beweis dafür, dass es sich eben auch beim Gold um eine Blase handelt? Eine Blase, die nunmehr schon mehr als 6000 Jahre anhält? 
Die größte Blase der Menschheitsgeschichte?
Genau diese These hat vor einiger Zeit der Chef­ökonom der Citibank, William Buiter, in einer Studie auf­ge­stellt. Darin weißt er zu Recht darauf hin, dass der Wert von Gold, wie auch der Wert jeder Papier­währung, vom Glauben mög­lichst vieler Wirt­schafts­ak­teure abhängig ist, dass es Wert besitzt. Kommen Zweifel auf, dass Gold den Wert behalten wird, werden Leute andere Wertauf­be­wah­rungs­mittel bevor­zugen. Damit sinken der Umlauf und der Wert weiter – bis auf null. Gold ist für Buiter damit so gut und so schlecht wie alles andere, was Men­schen zur Wertauf­be­wahrung ver­wenden. Nicht besser als die Stein­scheiben, die einst auf der Pazi­fik­insel Yap als Währung ver­wendet wurden. 
Kon­se­quent zu Ende gedacht, ist für Buiter der fun­da­mental gerecht­fer­tigte Gleich­ge­wichts­preis von Gold und allen Papier­wäh­rungen null. Deshalb kann es auch keinen rich­tigen Wech­selkurs zwi­schen beiden geben. Der Preis für Gold ist so gesehen immer will­kürlich. Da können die Goldfans noch so sehr die explo­die­renden Bilanz­summen der Noten­banken und welt­weiten Geld­mengen anführen. Aus der Tat­sache an sich, dass es von einem inhärent wert­losen Geld mehr gibt als von einem anderen ebenso inhärent wert­losen Geld, lässt sich nicht ableiten, dass der Preis des einen fallen und des anderen steigen muss. Auch hier wirken die Erwar­tungen der Markt­teil­nehmer stärker, was sich auch daran zeigt, dass Wech­sel­kurs­pro­gnosen regel­mäßig schief liegen. 
So über­zeugend die Argu­men­tation von Buiter ist, so sehr denke ich, dass sie hinkt. Im Unter­schied zu den Papier­wäh­rungen ist die Gold­menge fixiert. Es kann nicht beliebig mehr erzeugt werden. Die Gesamt­menge an Gold auf der Erde ist bekannt und die För­derung bringt nur noch geringe Zuwächse. Damit hat Gold eine nen­nens­werte Beschränkung, die Papier­wäh­rungen aber auch Steinen fehlt. Hinzu kommt, dass Gold relativ kompakt ist, was den Transport erleichtert und es zudem nicht ver­fällt. Dia­manten erfüllen dieses Kri­terium zwar auch, aller­dings hängt der Wert sehr stark von der Güte und Ver­ar­beitung ab. Gold ist homo­gener, weltweit leicht zu erkennen und damit fungibel. 
So mag es stimmen, dass Gold in einer Blase ist, die nunmehr schon 6000 Jahre andauert. Für mich Grund genug, an die Fort­setzung der Blase zu glauben, was aller­dings nicht aus­schließt, dass Gold – wie in diesem Jahr geschehen – im Wert sinkt. Für den Lang­frist­in­vestor, der Gold als Ver­si­cherung gegen Kata­strophen im Port­folio hält, ist es letztlich egal, wo der offi­zielle Kurs ist. Er hat es gekauft, um es zu vergessen. 
In der hier immer wieder gepre­digten Asse­tall­o­kation auf Liquidität/Anleihen, Aktien, Immo­bilien und eben Gold kommt die Frage nur einmal im Jahr auf den Tisch, wenn man die pro­zen­tuale Ver­teilung wieder auf die Soll­struktur bringt, also jene Position redu­ziert, die gut gelaufen ist und jene nach­kauft, die hin­terher hinkt. 
Kri­tische Stimmen am Wendepunkt
Was uns dennoch zur aktu­ellen Situation führt. Tak­tisch gesehen spricht einiges dafür, dass wir vor einer deut­lichen Rallye im Gold­preis stehen: 
  • Kri­tische Stimmen, wohin man schaut: Wie immer in den Finanz­märkten kom­men­tieren die Medien es, nachdem die Ent­wicklung statt­ge­funden hat. Bitcoin war in aller Munde, nachdem der Preis explo­diert ist. Gold wird run­ter­ge­schrieben, nachdem der Preis gesunken ist. Bei­spielhaft sei hier der Artikel „Fünf bit­teren Wahr­heiten über Gold“ genannt. Die Punkte sind alle zutreffend, die in dem Text ange­führt sind. Dennoch kann man davon aus­gehen, so einen Artikel nicht bei neuen Spit­zen­kursen zu lesen, sondern eben nach einer Abwärtsbewegung.
  • Gold ist billig im Ver­gleich zu Aktien: Mag es wenig sinnvoll sein, Gold in Papier­wäh­rungen zu bewerten, ist der Ver­gleich mit der Bewertung an der Börse durchaus aus­sa­ge­kräftig. Hier ver­gleicht man das zinslose Gold, welches nicht an der wirt­schaft­lichen Ent­wicklung par­ti­zi­piert mit dem eigent­lichen Pro­duk­tiv­ver­mögen. Seit 2012 haben sich die Börsen besser ent­wi­ckelt und man muss heute rund 20 Unzen Gold für den Dow Jones bezahlen. (Indexstand/Goldpreis). Das liegt über den his­to­ri­schen Höchst­werten für Gold von 1,94 Unzen (1933) und 1,29 Unzen (1980) und auch über den bis­he­rigen Tiefst­werten von 42,19 (1999) und 27,45 (1965). Daraus alleine lässt sich nicht auf eine bevor­ste­hende grund­le­gende Trend­wende schließen. In Ver­bindung mit der rekord­hohen Bewertung der US-Börse und der sich abzeich­nenden Abschwä­chung der Ertragslage der US-Unter­nehmen, auch getrieben von stei­genden Zinsen, liegt die Erwartung nahe, dass es in den kom­menden Monaten zu einer rela­tiven Out­per­for­mance von Gold gegenüber Aktien kommen könnte.
  • Ver­kaufs­druck in den Schwel­len­ländern: Gold wird vor allem aus den Schwel­len­ländern nach­ge­fragt, was oftmals mit den dor­tigen wirt­schaft­lichen Rah­men­be­din­gungen zu tun hat. So ist Gold in Indien seit Jahr­hun­derten ein pro­bates Mittel der Ver­mö­gens­si­cherung. In vielen Ländern mit Kapi­tal­ver­kehrs­be­schrän­kungen ist Gold eine der wenigen Mög­lich­keiten aus einer ver­fal­lenden Währung zu fliehen. Zudem bietet Gold einen Weg, Erspar­nisse vor dem Zugriff der Macht habenden zu ver­stecken. Mit der sich abzeich­nenden Krise in den Schwel­len­ländern – die Türkei ist hier nur der sprich­wört­liche Kana­ri­en­vogel in der Koh­le­grube – kommt es zu mehr Ver­käufen in der Region, weil sich Schuldner US-Dollar besorgen müssen, um ihren Ver­pflich­tungen nach­zu­kommen. Ver­schärfen sich die Pro­bleme, ist damit zu rechnen, dass die US-Fed – nach anfäng­lichem Zögern – vom Kurs der geld­po­li­ti­schen Straffung abkehrt. Damit dürfte auch der Ver­kaufs­druck abnehmen.
  • Kor­rektur des US-Dollars: Damit ein­her­gehend dürfte eine Kor­rektur des US-Dollars bevor­stehen. Je ein­sei­tiger die Märkte auf einen wei­teren Kurs­an­stieg setzen, desto größer die Wahr­schein­lichkeit einer Trend­wende. Daran dürften auch die jüngsten Aus­sagen von Donald Trump nichts ändern, dessen For­derung nach einem Stopp der Zins­er­hö­hungen in der ver­gan­genen Woche einige Wellen geschlagen hat.
  • Massive Spe­ku­lation gegen Gold: Das Haupt­ar­gument für Gold kommt aus der mas­siven Spe­ku­lation, die derzeit gegen Gold läuft. In Erwartung stei­gender Zinsen wetten die Akteure in den Finanz­märkten mit erheb­lichem Einsatz auf fal­lende Kurse für US-Staats­an­leihen (die nicht fallen, sondern im Gegenteil steigen) und auf weiter fal­lende Preise für Gold. In Summe waren Hedge-Fonds, Asset Manager und Händler seit 17 Jahren nicht mehr so negativ zu Gold posi­tio­niert. Damals begann bei 271 US-Dol­lar/Unze der Bul­len­markt in Gold, der den Preis bis Sep­tember 2011 auf das All­zeithoch von 1920,65 US-Dollar trieb. Sehr gut möglich, dass die Spe­ku­lanten wie schon vor 17 Jahren falsch liegen.
Tak­tisch und prak­tisch spricht einiges für Gold. Wer also spe­ku­lieren möchte oder noch beim Aufbau seines diver­si­fi­zierten Port­folios ist, sollte über Gold nachdenken.