
Oder in den heißen, wüstenähnlichen Gebieten, in denen gerade Ziegen und Schafe noch das harte Gras und Buschwerk fressen und verdauen können, und die Menschen sich zu einem großen Teil von den Ziegen, Schafen und ihrer Milch ernähren.
Aber auch in unseren Breitengraden kann eine größere Missernte wegen eines zu kalten, verregneten oder zu heißen, trockenen Sommers eine Katastrophe sein. Gerade im letzten Sommer schrien die Landwirte um Hilfe. Ganze Landstriche konnten die Ernten abschreiben, alles war vertrocknet, die Ähren leer. Gemüse lag von der Sonne zerdorrt und schlapp auf dem betonhart getrockneten Boden.
Das Jahr 1816 dagegen ging als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte ein. Auf der Insel Sambabwa (Indonesien) schleuderte der Vulkan Tambora 150 ckm (Kubikkilometer) Gestein und Asche bis in die Stratosphäre. Dieser Dunstschleier umkreiste noch jahrelang die nördlichen Halbkugel und blockierte die Sonnenstrahlen. Die Ernten fielen aus, es kam zu entsetzlichen Hungersnöten. Da auch kein Saatgut für das nächste Jahr gewonnen werden konnte, blieb pflanzliche Nahrung jahrelang knapp und teuer und musste per Schiff aus dem Süden angeliefert werden. Viele Menschen wanderten aus, um dem Dauerhunger zu entkommen.

Das alles ficht die überzeugten Vegetarier und Veganer nicht an. Die meisten von ihnen sind Akademiker und für sie ist Nahrungsbeschaffung eine Frage, wo der nächste Bio-Supermarkt ist und was gut ist und ethisch genug ist, um sich als moralische Elite zu fühlen. Sie betrachten die 95% Fleischesser als amoralische Mörder.
So verfasst der Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin und Professor an der Uni Rostock, Prof. Felix Ekardt einen Beitrag in der „Zeit“, in dem er sich mit dem Tierwohl, dem Aufwand für die Erzeugung tierischer Nahrung (sieben pflanzliche Kalorien erzeugen eine tierische Kalorie), der Überdüngung von Böden, Pestiziden, Insektensterben, verschmutzte Böden und Gewässer, gestörte Ökosysteme, CO2, Kuhpupsen und natürlich dem Klima auseinandersetzt.
Dann zählt er auf, was wir alles sein lassen müssen, um die seit Jahren nicht mehr stattfindende globale Erwärmung zu begrenzen: Deutlich weniger Tiere halten, keine fossilen Brennstoffe mehr für die Produktion von Mineraldüngern und zum Antrieb schwerer Maschinen verwenden, Trecker und Mähdrescher müssen künftig mit erneuerbaren Energien auskommen, die Anzahl reduziert werden.
Ihm ist klar, dass es dadurch geringere Ernteerträge geben wird. Und auch, dass die Nutztier-Gülle die Böden düngen muss, wenn schon keine künstlichen Dünger mehr erlaubt sind. Und dass die Böden nach wenigen Jahren ohne Dünger so gut wie keine Erträge mehr bringen. Also müssen wir noch weniger Tiere essen, sagt er. Also noch weniger Dung produzieren, noch weniger Ernteerträge einfahren?

Die wenigen vorhandenen Ressourcen sollten die Grundversorgung der Menschen effektiver sicherstellen. Eine wissenschaftliche Datenerhebung bei den Landwirten ergab, dass zuviel Kartoffeln und Getreide an die Schweine verfüttert würde. Die Statistiker und Agrarwissenschaftler forderten die Schlachtung von 9 Millionen Schweinen, denn die eingesparten Ressourcen würden dann ausreichen, um die Bevölkerung deutlich besser ernähren zu können. Die Schlachtungen begannen, das ganze Schweinefleisch konnte gar nicht schnell genug verkauft werden, die Preise fielen, Bauern wurden ruiniert, der Rest des Fleisches verdarb in großen Mengen. Den Bauern fehlte überdies der Dung von 9 Millionen Tiere, um ihre Felder zu düngen. Kunstdünger war wegen der Seeblockade nicht mehr erhältlich; die Ernte 1916 fiel daher extrem schlecht aus.
Die Versorgungslage der Bevölkerung hatte sich nicht verbessert, im Gegenteil. Der Hunger wurde immer schlimmer. Im Herbst 1915 fiel auch noch die Kartoffelernte wegen der Kartoffelfäule nahezu aus. Proteste der Bevölkerung wurden teilweise gewaltsam niedergeschlagen. In diesem und in den Folgejahren verhungerten rund 800.000 Menschen im Deutschen Reich.

Ich bin ein vehementer Befürworter des Tierwohls. Massentierhaltung für tägliches Fleischessen ist unvertretbar. Aber gerade Biobauernhöfe brauchen Nutztiere, um schlechtere Erntejahre überstehen zu können. Ja, man braucht nicht jeden Tag Fleisch. Ein Sonntagsessen mit Fleisch von Tieren, denen es bis zum letzten Moment wirklich gut gegangen ist, genügt durchaus – und hilft dem Biobauern, zu überleben.
Doch Gott schütze uns vor den zwei bis fünf Prozent verbiesterten Ideologen, den Statistikern und Simplifizierern, die ihr hippes, akademisches Vegetarier- oder Veganertum dem Rest der Menschheit als „Freiheit zum Verzicht zum Wohle aller“ aufzwingen wollen. Die theoretisch beschlagenen Experten können vielleicht ihre CO2 Computerprogramme auswerten. Wie heute (Bio)Landwirtschaft wirklich funktioniert und was da alles für Wechselwirkungen und Risiken entstehen, wissen die Lehrstuhlinhaber und Moralapostel kaum.
Nicht zuletzt freuen sich im Zuge des veganen Ernährungstrends die industriellen Anbieter für hochpreisige, vegane Fertigkost, die mit viel Aufwand und CO2 aus allen Ecken der Welt beschafft und verarbeitet wird. In vielen Produkten versteckt sich eine Menge an ungesunden Zusatzstoffen. Aber Hauptsache, vegan und ideologisch korrekt.
 
 
							
						
























