Selbst­zer­störung in der SPD: Gen­der­kegeln bei Minister-Kandidaten

Katarina Barley, bisher Jus­tiz­mi­nis­terin ohne bemer­kens­wertes Profil, aber wenigstens schon mal weiblich, wird die Füh­rungs­figur der SPD im Europa-Wahl­kampf. Dazu muss sie den Minis­ter­sessel aller­dings räumen, und das stellt die SPD vor ein ernst­haftes Problem. Ein neuer Jus­tiz­mi­nister muss her.
Nicht, dass es keine Kan­di­daten gäbe. Aber wir leben in anderen Zeiten als früher. Da wurde der Beste für den Job gekürt. Der Beste hieß damals, jemand der a) vom Fach ist, b) sich darin als sehr kom­petent erwiesen hat, c) der von der Per­sön­lichkeit und der Auto­rität her sowie mit genügend Leis­tungs­willen und ‑kraft die Sache auch stemmen kann und der d) auch in der Lage ist, seine Leute zu führen. Der oder die bekam den Posten.
Heute sind die am besten Geeig­neten die, die dem umfang­reichen Katalog der Poli­tical Cor­rectness ent­sprechen. Haupt­sache, kein alter weißer Mann. Selbst, wenn der die Ide­al­be­setzung wäre, ist er nicht PC. Besser eine Frau, am besten jemand aus der Regen­bo­genwelt des Gen­de­rismus. Fach­liche Eignung ist nur noch hüb­sches Beiwerk, aber nicht wirklich erforderlich.
Selbst bei „Germany‘s next Top­model“, was sowas von schnurz­piepegal für den Rest der Welt ist, dass der berühmte Sack Reis dagegen schon als Top­meldung ran­giert, wird eisenhart auf Eignung geprüft und kör­per­liche Eigen­schaften bru­talst nach Marktwert benotet — jeder Fehler kann der letzte sein. Aber in der Politik, die das Leben von Zig­mil­lionen Men­schen in hohem Maße beein­flusst, ist Fach­kom­petenz nach­rangig. Haupt­sache Gender.
Das bunte Treiben mutet schon abstrus an.
Der menschlich und fachlich geeig­netste Kan­didat wäre Thomas Oppermann, zur Zeit Bun­des­tags­vi­ze­prä­sident, heißt es überall in den Medien. Er genießt hohes Ansehen, kann gut mit allen, macht eine gute Figur in den Medien und verfügt über Minis­ter­er­fahrung. Und er ist Jurist mit Erfahrung in ver­schie­denen Bereichen der Rechts­pflege: Richter am Ver­wal­tungs­ge­richt Han­nover und später am Ver­wal­tungs­ge­richt Braun­schweig, Dann Rechts­de­zernent der Stadt Hann-Münden. Herr Oppermann war im Kom­pe­tenzteam für den Bereich Innen- und Rechts­po­litik unter Peer Stein­brück. Überdies bekleidete er mehrere Minis­ter­posten. Ein Wunsch­kan­didat, mit dem die SPD durchaus auch beim Wähler punkten könnte.
Thomas Oppermann geht aber nicht. Nicht, weil er irgendwo ein Bonbon geklaut hätte, sondern weil er ein weißer Mann ist. Wie nennt man sowas? Genau, Ras­sismus. Oder, etwas netter aus­ge­drückt: Quotenopfer.
Und nun fängt das Suchen an. Die SPD muss nach ihren eigenen Regeln ihre sechs Minis­ter­ämter in der zur Zeit amtie­renden Bun­des­re­gierung nach den Kri­terien der „Gen­der­ge­rech­tigkeit“ besetzen, und jetzt wird‘s lustig.
Es muss also eine Frau sein. Nun wäre da glück­li­cher­weise eine, die passen würde. Eine Frau, Juristin, sogar pro­mo­viert. Zwar nie in Feld gewesen, sondern nach dem Studium gleich in die Politik gegangen. Nicht ganz so geeignet, aber aktep­tabel, wenn sie die nötige Per­sön­lichkeit mit­brächte, was sie nicht tut. Es fehlt an poli­ti­scher Sen­si­bi­lität, heißt es. So enga­gierte sich Eva Högl etwas zu heftig für die Strei­chung des §291a (Abtrei­bungs­werbung). Das kommt nicht so gut für eine Jus­tiz­mi­nis­terin, die da unpar­tei­ischer und objek­tiver sein muss. Ins­be­sondere kommt sie da mit Teilen des Koali­ti­ons­partners CDU ins Gehege.
Aber das Aus­schluss­kri­terium ist, dass Frau Högl die zweite Minis­terin aus der Ber­liner SPD in der Koali­ti­ons­re­gierung wäre — und das geht nicht. Also: Frau Ja, sogar etwas Juris­ti­sches, ja, aaaaaber Berlin: NEIN.
Wen hätten wir denn da noch? Da sind noch zwei Damen, die zwar keiner kennt, aber egal.
Die eine ist sogar fachlich sehr geeignet. Ste­fanie Hubig ist Bil­dungs­mi­nis­terin in Rheinland-Pfalz, eine pro­mo­vierte Juristin und war „an der Front“: Sie war Rich­terin und Staats­an­wältin in Ingol­stadt. Später war sie im Bun­des­jus­tiz­mi­nis­terium, wo sie als Refe­rentin anfing, dann Abtei­lungs­lei­terin und später Staats­se­kre­tärin. Sie hat Erfahrung in dem Gebiet und einen guten Ruf. Also eine geeignete Kandidatin.
ABER: Da spielt der hes­sische Lan­des­verband nicht mit. Der ist nämlich der Menung, dass er lange genug über­gangen worden ist und hat sei­ner­seits eine Kan­di­datin auf­ge­trieben, von der zwar noch niemand was gehört hat… aber Frau, Juristin, Hessen = JA!: Nancy Faeser.
Sie ist auch Juristin, man sagt ihr überdies nach, „orga­ni­sa­ti­ons­stark“ und „zupa­ckend“ zu sein. Sie ist auch noch bei den „Sozi­al­de­mo­kraten in der Polizei“ und soll ein Faible dafür haben, sich mit Poli­zisten und Poli­zei­autos ablichten zu lassen. Sie scheint auch als Juristin einiges drauf zu haben, denn sie ist eine erfolg­reiche Anwältin in der Groß­kanzlei Görg in Frankfurt. Die haben zwar auf ihrer Homepage zwei weiße Männer drauf, sind aber – laut eigener Aus­kunft — „bun­desweit führend bei Insolvenz und Sanierung“.
Das passt. Die Frau ist klasse. Zuerst die SPD ent­weder von den beiden weißen Männern da viel­leicht noch sanieren lassen, oder, wenn alles zu spät ist, die Insolvenz der Partei fach­ge­recht abwi­ckeln. Der Letzte macht dann das Licht aus.
Nancy for Justizminister!