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Vor­boten der großen Krise: Die Presse freut sich über stei­gende Immobilienpreise

Die Immo­bi­li­en­preise in Deutschland steigen kräftig. Was die Presse als gute Nach­richt ver­kauft, ist in Wahrheit der Vorbote einer neuen Immo­bi­li­en­krise, wie der Ver­gleich mit Bei­spielen aus der Ver­gan­genheit zeigt.
Wir alle erinnern uns noch an die Immo­bi­li­en­krise in den USA 2008. Nachdem die Immo­bi­li­en­preise jah­relang kein Halten kannten und in den Himmel gewachsen sind, brachen sie zusammen und rissen die Finanz­märkte mit. Es war der Beginn der welt­weiten Finanz­krise, die einige Jahre später auch die soge­nannte Grie­chenland-Krise aus­löste. Auch in Spanien geschah das gleiche, wie in den USA.
Die Krise von 2008 ist kei­neswegs aus­ge­standen, bloß weil die Medien nicht mehr über sie berichten. Sie ist nur über­tüncht worden, indem die Zen­tral­banken seitdem tau­sende von Mil­li­arden in die Finanz­märkte gepumpt haben und die Zinsen prak­tisch auf Null gesetzt haben.
Das wäre so, als wenn man einen Riss in der Wand eines Hauses zuspachtelt, übermalt und dann behauptet, es gäbe den Riss nicht mehr. Aber der Riss ist noch da, ver­größert sich und gefährdet irgendwann das ganze Haus.
Die Gelder, die die Zen­tral­banken in die Märkte gepumpt haben, mussten irgendwo hin. Sie kamen nicht in der Real­wirt­schaft und schon gar nicht bei Löhnen und Gehältern an. Ddie Gelder lan­deten bei Banken und Hedge­fonds, die nun irgend­etwas damit anfangen mussten. Und so ent­stand eine Inflation bei Aktien und Immo­bilien. Man spricht da jedoch nicht von „Inflation“, sondern von einer Blase. Letztlich ist es vom Wirk­me­cha­nismus aber das gleiche.
Die Frage ist also, ob die Situation schon so dra­ma­tisch ist, dass wir in Deutschland eine Krise, ein Platzen der Blase, befürchten müssen?
Ver­gleichen wir die Situation mal mit anderen Immo­bi­li­en­krisen in der Vergangenheit. 
In Spanien stiegen die Preise in den vier Jahren von 2003 bis 2007 um ca. 2/3, also fast 70%, an. Dann sanken sie in 2008 leicht, um danach fünf Jahre im freien Fall fast auf das Niveau von 2007 abzustürzen.
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/427279/umfrage/haeuserpreisindex-fuer-spanien-jahresdurchschnittswerte/

In den USA stiegen die Preise von 2002 bis 2006 um fast 60%, 2007 und 2008 waren sie fast stabil, danach sind sie aber zwei Jahre im freien Fall gewesen und erst nach fünf Jahren hatten sie den Tief­punkt erreicht. Die Preise waren im Ergebnis um 30–40% gefallen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Weltfinanzkrise#/media/Datei:Case-Shiller_National_Home_Price_Index.svg

Und in Deutschland heute? Wir sehen einen Anstieg von ca. 20% innerhalb von vier Jahren von 2014 bis 2018 und auch in der Periode 2015 bis 2019 wird es so bleiben, wenn die Pro­gnosen einer Wert­stei­gerung von 5% für 2019 ein­treffen. Es sind also nicht so dra­ma­tische Zahlen, wie in Spanien oder den USA vor 12 Jahren, aber Deutschland steht in der glo­ba­li­sierten Welt nicht alleine da. Mit der Krise 2008 hatte Deutschland nichts zu tun, wurde aber trotzdem schwer getroffen.

Quelle: https://www.immobilienscout24.de/immobilienbewertung/ratgeber/immobilienindex/preisentwicklung-wohnungen.html

Und wenn man die Ent­wick­lungen auf den Akti­en­märkten und den Immo­bilien weltweit betrachtet, dann haben wir eine schlimmere Situation, als 2008. Damals waren es einige wenige Länder, in denen sich große Immo­bi­li­en­blasen gebildet hatten. Heute haben wir zwar keine so große Blase, zumindest in Deutschland, aber dafür ist es eine welt­weite Blase und sie betrifft nicht nur Immo­bilien, sondern auch Aktien.
Der Spiegel freut sich jedoch über die Ent­wicklung und titelt „Unge­bremster Immo-Boom – Preise für Häuser und Woh­nungen steigen kräftig„. Die Ein­leitung ist nicht weniger euphorisch:

„Die Trend­wende am Immo­bi­li­en­markt lässt auf sich warten: Die Preise für Häuser und Woh­nungen steigen auch 2019 rasant weiter.“

Schlimm, wenn ein Redakteur weder die Geschichte kennt, noch etwas von (Finanz-) Wirt­schaft versteht.
Warum diese Ent­wicklung so gefährlich ist, habe ich hier auf­ge­zeigt und jeder, der einen Taschen­rechner bedienen kann, kann es nachprüfen.
Die Medien ver­suchen uns immer zu erzählen, dass Wirt­schaft etwas mit Psy­cho­logie und Begeis­terung zu tun hätte. Das stimmt aber nur zum Teil und nur vor­über­gehend. Jede Krise, jede geplatzte Blase der Ver­gan­genheit, hat gezeigt, dass es am Ende bei Wirt­schaft nur um nackte Zahlen geht und die kann man mit den Grund­re­chen­arten und einem Taschen­rechner leicht überprüfen.
 


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“