US-Wahl­kampf und Impeachment — Lassen die Demo­kraten Joe Biden fallen?

Seit die Anhö­rungen zum mög­lichen Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Prä­sident Trump im US-Kon­gress am 21. November beendet wurden, ist es in den Medien ruhiger darum geworden. Trotzdem gab es in den knapp zwei Wochen einige sehr inter­es­sante Mel­dungen zu dem Thema, die ich hier zusammenfasse.
Die Anhö­rungen im Kon­gress haben wenig greif­bares erbracht, trotzdem sehen sich die Demo­kraten in ihrer Meinung, Trump habe sein Amt für seine eigenen Ziele miss­braucht und Druck auf den ukrai­ni­schen Prä­si­denten Selensky aus­geübt, bestätigt. Wenig über­ra­schend sehen die Repu­bli­kaner das völlig anders. Eine Zusam­men­fassung der Anhö­rungen vor dem Kon­gress und die Hin­ter­gründe des Ver­fahrens finden Sie hier.
Es geht um die Frage, ob Trump Mili­tär­hilfe für die Ukraine zurück­ge­halten habe, um die Ukraine dazu zu drängen, wegen der Akti­vi­täten von Joe Bidens Sohn, Hunter Biden, zu ermitteln. Es geht um Kor­rup­ti­ons­vor­würfe. Die Kern­frage ist, ob Trump Selensky erpresst hat und eine Gegen­leistung, ein soge­nanntes Quid­proquo, für die US-Hilfe gefordert hat. Aus dem Tele­fonat zwi­schen Trump und Selensky vom 25. Juli geht das nicht hervor, Trump hat das Thema zwar ange­sprochen, aber kei­nerlei Druck gemacht. Brauchte er auch nicht, denn Selensky hat selbst ein innen­po­li­ti­sches Interesse daran, die Kor­ruption unter seinem Vor­gänger Poro­schenko aufzuklären.
Es herrschte eine Art „Kampf­pause“ in Washington, während der Bericht über die Anhörung ver­fasst wurde. Danach sollte ent­schieden werden, ob der nächste Schritt kommt: Anhö­rungen im Jus­tiz­aus­schuss des Kon­gresses. Und erst danach wird das Ver­fahren an den Senat wei­ter­ge­geben, wo eine end­gültige Ent­scheidung über eine Amts­ent­hebung getroffen wird. Dazu gleich mehr.
Am 26. November hat CNN gemeldet, dass die Anweisung, die Mili­tär­hilfe zurück­zu­halten, am Tag des Tele­fo­nates, nur Stunden danach, unter­schrieben wurde. Wenn es einen Zusam­menhang mit dem Tele­fonat gegeben haben sollte, wäre das merk­würdig, denn Selensky hat Trumps Wunsch nach Ermitt­lungen nicht wider­sprochen, im Gegenteil.
Der ukrai­nische Prä­sident Selensky hat in einem Interview, das im Spiegel ver­öf­fent­licht wurde, jeden Druck von Seiten Trumps abge­stritten. Auf die Frage, ob Selensky „gespürt“ habe, dass es einen Zusam­menhang zwi­schen der Mili­tär­hilfe und den von Trump gewünschten Ermitt­lungen gegeben hat, ant­wortete Selensky:
„Ich habe mit US-Prä­sident Trump gar nicht in dieser Haltung gesprochen – ich geb‘ dir dies, du gibst mir das. So etwas geht mir völlig ab. Auf so eine Weise habe ich mit Prä­sident Putin gesprochen – du lässt diese Leute frei, wir lassen jene Leute frei. Was die Ver­ei­nigten Staaten betrifft: Ich will nicht, dass wir wie Bettler wirken. Aber man muss sich klar machen, dass wir uns im Krieg befinden. Und wenn ihr unser stra­te­gi­scher Partner seid, dann solltet ihr keine Hilfe blo­ckieren. Da geht es für mich um Fairness. Da geht es nicht um ein Quid­proquo, das ist einfach eine Geschichte für sich.“
Am 3. Dezember haben die Demo­kraten ihren Bericht fertig gehabt und sie sehen darin „über­wäl­ti­gende Beweise“ gegen Trump und haben den nächsten Schritt ein­ge­leitet und die Sache dem Jus­tiz­aus­schuss über­geben. Auch dort haben sie die Mehrheit.
Es war eine durchaus span­nende Frage, ob die Demo­kraten diesen Schritt gehen, denn er birgt Risiken. Am Ende ent­scheidet über eine Amts­ent­hebung der Senat, in dem die Repu­bli­kaner die Mehrheit haben. Das Ver­fahren dürfte daher am Ende scheitern und außer einer spek­ta­ku­lären Medi­en­kam­pagne wird nicht viel davon übrig bleiben. Aber vor dieser end­gül­tigen Ent­scheidung kommen noch Anhö­rungen im Senat, und die sind riskant für die Demokraten.
Im Kon­gress hatten sie die Mehrheit und konnten ver­hindern, dass die Repu­bli­kaner Zeugen vor­laden. Die Repu­bli­kaner waren vor allem daran inter­es­siert, Hunter Biden zu ver­hören. Aber das haben die Demo­kraten mit ihrer Mehrheit ver­hindert. Im Senat wird das nicht mehr möglich sein.
Die Aussage von Hunter Biden könnte für die Demo­kraten peinlich werden. Joe Biden war in seiner Zeit als Vize­prä­sident der USA nach dem Maidan für die Ukraine zuständig. Und schon zwei Monate nach dem Maidan hat er seinem Sohn Hunter einen Job bei Burisma, einem ukrai­ni­schen Gas­konzern, besorgt. Gegen Burisma liefen mehrere Straf­ver­fahren wegen Kor­ruption und Geld­wäsche. Der Eigen­tümer des Kon­zerns war vorher Umwelt­mi­nister der Ukraine und hat seiner Firma in dieser Position die För­der­rechte für ukrai­ni­sches Fracking-Gas gegeben.
Hunter Biden hat offi­ziell 50.000 Dollar monatlich für seinen Job bekommen, in Kiew war er in all den Jahren ganze drei Mal. Außerdem hat eine New Yorker Firma, in der Hunter Biden tätig war, weitere 900.000 Dollar in 18 Monaten bekommen. Ins­gesamt hat Burisma an Biden und andere, hoch­rangige Leute aus dem Westen, die dort Posten bekommen haben, über 16 Mil­lionen in den 18 Monaten ab Mai 2014 überwiesen.
Wäh­rend­dessen setzte sich Biden Senior dafür ein, dass die Ermitt­lungen gegen Burisma ein­ge­stellt wurden, in der Ukraine hat er sogar dafür gesorgt, dass der ermit­telnde Gene­ral­staats­anwalt gefeuert wird. Das hat Joe Biden 2018 sogar selbst öffentlich ganz stolz erzählt.

Hinzu kommt, dass Hunter für den Job in Kiew kei­nerlei Erfah­rungen hatte, er kannte weder die Ukraine, noch das Gas­ge­schäft. Und er war zu der Zeit alkohol- und dro­gen­ab­hängig, weil er den Tod seines Bruder nicht ver­winden konnte. Aber er war der Sohn des Vize­prä­si­denten. Wenn die Repu­bli­kaner anfangen, ihn nach seiner Tätigkeit in der Ukraine zu befragen, dann könnte das zumindest für Joe Bidens Wahl­kampf, wenn nicht sogar für die Demo­kraten ins­gesamt, sehr unan­genehm werden.
Biden führt zwar in Umfragen das Feld der Kan­di­daten bei den Vor­wahlen der Demo­kraten noch an, aber sein Vor­sprung sinkt ständig. Einen Wahl­kampf gegen Trump zu gewinnen, scheint für ihn fast unmöglich, denn wenn Trump ein Jahr lang die Kor­rup­ti­ons­vor­würfe gegen Biden the­ma­ti­siert, wird Biden keine Chance haben. Das zeigt schon die Ent­wicklung seiner Umfra­ge­werte im lau­fenden Vorwahlkampf.
Das wissen auch die Demo­kraten und es scheint, dass sie einen Plan B gesucht und gefunden haben. Die rest­lichen Kan­di­daten im Feld gefallen der Par­tei­spitze nicht son­derlich. Sie sind für ame­ri­ka­nische Ver­hält­nisse sehr links, was ihnen weder große Chancen gegen Trump gibt, noch der Demo­kra­ti­schen Partei gefällt. Und so konnte man nicht über­rascht sein, als Michael Bloomberg seine Kan­di­datur ver­kündet hat. Bloomberg könnte Biden ersetzen und als Prä­sident eine Politik machen, die den Demo­kraten gefällt.
Wirklich über­rascht war ich, als aus­ge­rechnet die Bild-Zeitung das Feuer auf Biden eröffnet hat. Nachdem Bloomberg am 24. November seine Kan­di­datur ver­kündet hat, meldete die Bild am 28. November, dass Obama über Biden gesagt habe: „Er hat es nicht drauf.“
Noch über­ra­schender war aber, dass aus­ge­rechnet die Bild-Zeitung in dem Artikel eine wahr­heits­gemäße Kurz­zu­sam­men­fassung des tat­säch­lichen Ukraine-Skandals geschrieben hat:
„Seit dem Ukraine-Skandal, der die öffent­lichen Anhö­rungen über eine mög­liche Amts­ent­hebung von Donald Trump aus­gelöst hatte, schwebt auch über Biden die dunkle Ver­dachts­wolke der Kor­ruption. Sein Sohn Hunter hatte ohne jede Qua­li­fi­kation oder Kenntnis des Landes 2014 kurz nach dem Sturz von Prä­sident Wiktor Janu­ko­witsch einen mit 50 000 Dollar im Monat dotierten Job beim ukrai­ni­schen Ener­gie­riesen Burisma bekommen. Obama hatte Biden damals gerade zum Ukraine-Beauf­tragten gemacht. Und: Biden hatte Kiew nach eigenen Worten gedroht: Ent­weder der Gene­ral­staats­anwalt Wiktor Shokin, der wegen Kor­rup­ti­ons­vor­würfe gegen Burisma ermittelt, wird gefeuert, oder die USA werden eine Mil­liarde Dollar in Hilfs­zah­lungen zurück­halten. (…) Der Sohn des Ex-Vize, der bereits wegen Kokain-Miss­brauchs aus der US-Navy-Reserve ent­lassen wurde, soll im ver­gan­genen Jahr in einem Strip-Club in Washington Crack geraucht haben! Angeblich war der junge Biden sowohl im „Archibald’s Gentlemen’s Club“ als auch im „Mpire Club“ Stamm­kunde. Die „Post“ zitiert den dama­ligen Archibald-Mit­be­sitzer James Ritter zu dem Dro­gen­ver­dacht: „Es drang der Geruch bren­nenden Sty­ropors aus seinem VIP-Raum. Sicher­heits­kräfte meinten, dass es Crack war.““
So etwas habe ich im deut­schen Main­stream vorher nie gefunden und ich habe immer wieder und in vielen Artikeln kri­ti­siert, dass diese Seite der Bidens in Deutschland von den Medien ver­schwiegen wird. Darauf, dass nun aus­ge­rechnet die Bild darüber berichtet, kann sich jeder seinen eigenen Reim machen.
Aber es zeigt, dass all diese Dinge, über die ich schon Anfang Mai berichtet habe, als es noch gar keinen „Ukraine-Skandal“ gab, den Main­stream-Jour­na­listen in Deutschland bekannt sind. Sie haben es dem deut­schen Publikum aber trotzdem seit Beginn des „Ukraine-Skandals“ im Sep­tember kon­se­quent verschwiegen.
Aller­dings hat auch Bloomberg ein Problem in dem Wahl­kampf. Trumps ewige Tiraden über „Fake-News-Medien“ werden im Wahl­kampf gegen Bloomberg Gewicht gewinnen, denn Bloomberg ist Besitzer des Bloomberg-Medi­en­kon­zerns. Und in seinem Konzern gibt es eine öffentlich bekannte Anweisung an die Jour­na­listen, nicht negativ oder kri­tisch über Bloomberg zu berichten. Über Trump hin­gegen dürfen (und sollen?) sie das tun. Das wird Wasser auf Trumps Mühlen im Wahl­kampf sein. Die Anweisung vom Chef des Kon­zerns an seine 2.700 Jour­na­listen lautet:
„Wir werden unsere Tra­dition fort­setzen, keine inves­ti­ga­tiven Recherchen zu Mike (und seiner Familie und Stiftung) zu betreiben und diese Politik auf seine Rivalen in den demo­kra­ti­schen Vor­wahlen ausweiten“
Im Klartext heißt das: Erstens: Die Jour­na­listen dürfen nicht kri­tisch über Bloomberg schreiben. Zweitens: Auch nicht über andere Kan­di­daten der Demo­kraten, der Schein der Fairness soll gewahrt werden, um bei den Vor­wahlen keine demo­kra­ti­schen Anhänger zu ver­ärgern. Drittens: Auf Trump dürfen (und sollen?)die Jour­na­listen ohne Beiß­hemmung losgehen.
Trumps Reaktion kam prompt, er entzog allen Reportern von Bloomberg die Akkre­di­tierung für seine Veranstaltungen.
Während nun Bloomberg als Plan B Joe Biden als demo­kra­ti­schen Prä­si­dent­schafts­kan­di­daten ersetzen soll und er aus eigener Tasche schon mal 30 Mil­lionen Dollar in TV-Werbung gesteckt hat (Bloomberg soll 54 Mil­li­arden Ver­mögen besitzen), geht das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren in die nächste Runde. In dieser Woche beginnen die ersten for­malen Anhö­rungen im Jus­tiz­aus­schuss des Kon­gresses, nachdem die Demo­kraten Trumps Schuld nach den Anhö­rungen im November für erwiesen halten.
Der Spiegel kann von seinem Nar­rativ nicht lassen und ver­öf­fent­lichte am 4. Dezember einen Artikel mit der Über­schrift „Anhörung im US-Kongress
Rechts­pro­fes­soren halten Impeachment-Ver­fahren gegen Trump für gerecht­fertigt
„. In dem Artikel konnte man dann aus­führlich etwas darüber lesen, dass Rechts­pro­fes­soren vor dem Jus­tiz­aus­schuss aus­gesagt hätten, dass das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren berechtigt sei. Bis auf einen, der hatte eine andere Meinung.
Was der Spiegel seinen Leser nicht mit­ge­teilt hat ist, dass auch hier wieder in erster Linie die Demo­kraten mit ihrer Mehrheit ent­schieden haben, wer aus­sagen darf. Und so wurden vier Pro­fes­soren vor­ge­laden, von denen drei mit den Demo­kraten sym­pa­thi­sieren. Und wenig über­ra­schend fanden die drei, dass das Ver­fahren gerecht­fertigt ist. Und der eine, der einer anderen Meinung war, war von den Repu­bli­kanern vor­ge­laden worden. Seine poli­ti­schen Ein­stel­lungen hat der Spiegel the­ma­ti­siert, damit der Leser dessen Aus­sagen für par­teiisch hält. Dass das auch für die ersten drei galt, hat der Spiegel ver­gessen zu erwähnen.
Egal, wie es im Kon­gress wei­tergeht, im Senat beginnen schon die Vor­be­rei­tungen für die Anhö­rungen dort. Da die Regeln nicht allzu fest for­mu­liert sind, laufen schon Gespräche zwi­schen den Demo­kraten und den Repu­bli­kanern im Senat über das Ver­fahren. Jedoch kommen die Gespräche nicht so recht voran und der Mehr­heits­führer der Repu­bli­kaner im Senat hat schon ange­kündigt, die Regeln not­falls mit der repu­bli­ka­ni­schen Mehrheit alleine fest­zu­legen. Im Senat wird dann wohl der Zirkus wie­derholt, den wir im November vor dem Kon­gress gesehen haben, nur eben mit umge­kehrten Vorzeichen.
Es ist alles eine recht vor­her­sehbare Show, was da in Washington läuft. Aber: Die Anhörung von Hunter Biden, wenn es dazu kommt, die werde ich mir life anschauen, die dürfte unter­haltsam werden!


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“